Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Titel: Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
Vom Netzwerk:
sollten Ihr Verhalten gegen mich danach einrichten.«
       Er sah mich groß an, und das Beben seiner mißschaffenen Backen verstärkte sich außerordentlich. Wieder
    warf er einen Blick auf die Tür und sagte dann mit dem
Kopf winkend zwischen den Zähnen:
»Komm hier herein!«
       Er nahm den Ring, ließ mich um den Vitrinentisch herumgehen und öffnete mir den Eingang zu einer ungelüfteten, fensterlosen Hinterstube, über deren rundem, mit Plüsch und Häkelzeug bedecktem Mitteltisch er eine sehr hell und weiß brennende Gas-Hängelampe entzündete. Auch ein ›Safe‹ oder feuerfester Geldschrank sowie ein kleiner Schreibsekretär waren in dem Raum zu sehen, so daß dieser zwischen kleinbürgerlichem Wohnzimmer und Geschäftsbureau die Mitte hielt. »Los! Was hast du?« sagte der Uhrmacher.
    »Erlauben Sie mir, ein wenig abzulegen«, versetzte ich und entledigte mich meiner Überjacke. »So geht es besser.« Und stückweise zog ich aus meinen Taschen den Schildpattkamm, die Busennadel mit dem Saphir, die Brosche in Form eines Fruchtkörbchens, den Armreif mit der weißen Perle, den Rubinring und als großen Trumpf die Brillantkette, legte das alles, wohl voneinander gesondert, auf die gehäkelte Decke des Tisches nieder. Schließlich knöpfte ich mit Verlaub meine Weste auf, nahm mir den Topasschmuck vom Halse und fügte auch ihn der Bescherung auf dem Tische hinzu.
    »Was meinen Sie dazu?« fragte ich mit ruhigem Stolz. Ich sah, wie er ein Glitzern seiner Augen, ein Schmatzen seiner Lippen nicht ganz verbergen konnte. Aber er gab sich den Anschein, als wartete er auf mehr und erkundigte sich schließlich trockenen Tones:
    »Nun? Das ist alles?«
    »Alles?« wiederholte ich. »Meister, Sie sollten nicht tun, als ob es nicht lange her wäre, daß Ihnen eine solche Kollektion zum Kaufe angeboten wurde.«
    »Du möchtest sie sehr gern loswerden, deine Kollektion?«
    »Überschätzen Sie nicht die Hitzigkeit meines Wunsches«, erwiderte ich. »Wenn Sie mich fragen, ob ich mich ihrer zu einem vernünftigen Preis zu entäußern wünsche, so kann ich zustimmen.«
    »Recht so«, gab er zurück. »Kühle Vernunft ist dir in der Tat anzuraten, mein Bürschchen.«
    Damit zog er sich einen der den Tisch umstehenden, mit Teppichstoff überzogenen Fauteuils heran und setzte sich zur Prüfung der Gegenstände. Ohne Einladung nahm auch ich einen Stuhl, schlug ein Bein über das andere und sah ihm zu. Deutlich sah ich, wie seine Hände zitterten, während er ein Stück nach dem anderen aufnahm, es musterte und es dann mehr auf die Tischdecke zurückwarf, als daß er es zurückgelegt hätte. Das sollte das Zittern der Gier wohl gutmachen, wie er denn auch wiederholt die Achseln zuckte, besonders als er – und das geschah zweimal – die Brillantkette von der Hand hängen und sie dann rundum, die Steine anhauchend, langsam zwischen den Fingern hindurchgehen ließ. Desto absurder klang es, als er schließlich, mit der Hand durch die Luft über das Ganze hinfahrend, sagte: »Fünfhundert Franken.« »Wofür, wenn ich fragen darf?«
    »Für alles zusammen.« »Sie scherzen.«
    »Mein Junge, zum Scherzen ist für keinen von uns ein Anlaß. Willst du mir deinen Fang für fünfhundert dalassen? Ja oder nein.«
    »Nein«, sagte ich und stand auf. »Ich bin sehr weit entfernt davon. Ich nehme, wenn Sie erlauben, meine Andenken wieder zu mir, da ich sehe, daß ich aufs unwürdigste übervorteilt werden soll.«
    »Die Würde«, spottete er, »steht dir gut. Für deine Jahre ist auch deine Charakterstärke beachtenswert. Ich will sie honorieren und sechshundert sagen.«
    »Das ist ein Schritt, mit dem Sie nicht die Region des Lächerlichen verlassen. Ich sehe jünger aus, lieber Herr, als ich bin, und es führt zu nichts, mich als Kind zu behandeln. Ich kenne den Realwert dieser Dinge, und obgleich ich nicht einfältig genug bin, zu glauben, daß ich auf ihm bestehen kann, werde ich nicht dulden, daß sich die Leistung des Käufers in unmoralischem Grade davon entfernt. Schließlich weiß ich, daß es auch auf diesem Geschäftsgebiet eine Konkurrenz gibt, die ich zu finden wissen werde.« »Du hast da ein geöltes Mundwerk – zu deinen übrigen Talenten. Auf den Gedanken kommst du aber nicht, daß die Konkurrenz, mit der du mir drohst, recht wohl organisiert sein und sich auf gemeinsame Grundsätze festgelegt haben könnte.«
    »Die Frage ist einfach, Meister Jean-Pierre, ob Sie meine Sachen kaufen wollen, oder ob sie ein anderer

Weitere Kostenlose Bücher