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Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Titel: Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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kaufen soll.«
       »Ich bin geneigt, sie dir abzunehmen, und zwar, wie wir im voraus ausgemacht, zu einem vernünftigen Preise.«
       »Und der wäre?«
       »Siebenhundert Francs – mein letztes Wort.«
       Schweigend begann ich, das Schmuckwerk, vor allem die Brillantkette, wieder in meinen Taschen zu verstauen.
       Mit bebenden Backen sah er mir zu.
       »Dummkopf«, sagte er, »du weißt dein Glück nicht zu schätzen. Bedenke doch, was für eine Masse Geld das ist, sieben- oder achthundert Franken – für mich, der ich sie allenfalls anlegen will, und für dich, der sie einstecken soll! Was kannst du dir für, sagen wir, achthundertfünfzig Francs alles kaufen, – hübsche Frauen, Kleider, Teaterbilletts, gute Diners. Statt dessen willst du, wie ein Narr, das Zeug noch länger in deinen Taschen herumschleppen. Weißt du, ob nicht draußen die Polizei auf dich wartet? Stellst du mein Risiko in Rechnung?«
       »Haben Sie«, sagte ich dagegen aufs Geratewohl, »von diesen Gegenständen etwas in der Zeitung gelesen?«
       »Noch nicht.«
       »Sehen Sie? Obgleich es sich doch um einen realen Gesamtwert von rund und nett achtzehntausend Franken handelt. Ihr Risiko ist überhaupt nur theoretisch. Dennoch will ich es veranschlagen, als ob es das nicht wäre, da ich mich tatsächlich in einer momentanen Geldverlegenheit befinde. Geben Sie mir die Hälfte des Wertes, neuntausend Franken, und der Handel soll richtig sein.«
       Er machte mir ein großes Gelächter vor, wobei es kein Vergnügen war, all seiner schadhaften Zahnstum
    mel ansichtig zu werden. Quiekend wiederholte er aber-
und abermals die genannte Ziffer. Schließlich meinte
er ernstlich:
»Du bist verrückt.«
    »Ich nehme das«, sagte ich, »als Ihr erstes Wort nach dem letzten, das Sie vorhin gesprochen haben. Auch von diesem werden Sie abkommen.«
    »Hör, Junge, es ist gewiß das allererste Geschäft dieser Art, das du Grünschnabel abzuschließen versuchst?« »Und wenn es so wäre?« erwiderte ich. »Achten Sie den frischen Anlauf einer neu auftretenden Begabung! Stoßen Sie sie nicht durch stupide Filzigkeit zurück, sondern suchen Sie sie durch eine offene Hand für Ihr Interesse zu gewinnen, denn noch manches mag sie Ihnen zutragen, statt sich an Abnehmer zu wenden, die mehr Blick für das Glückhafte, mehr Sinn für das JugendlichAussichtsreiche haben!«
    Betroffen sah er mich an. Kein Zweifel, er erwog meine schönen Worte in seinem verschrumpften Herzen, während er mir auf die Lippen blickte, mit denen ich sie gesprochen. Sein Zögern benutzte ich, um hinzuzufügen: »Es hat wenig Sinn, Meister Jean-Pierre, daß wir uns in pauschalen Überschlägen, Angeboten und Gegenangeboten ergehen. Die Kollektion will im einzelnen durchgeschätzt und berechnet sein. Wir müssen uns Zeit dazu nehmen.«
    »Meinetwegen«, sagte er. »Rechnen wir’s durch.«
    Ich hatte da einen groben Fehler gemacht. Gewiß hätte ich, wenn wir beim Pauschalen geblieben wären, nie und nimmer die neuntausend Franken halten können, aber das Ringen und Feilschen um den Preis jedes Stückes, das nun begann, während wir am Tische saßen und der Uhrmacher die abscheulichen Schätzungen, die er durchpreßte, auf seinem Schreibblock notierte, brachte mich gar zu kläglich davon herunter. Es dauerte lange, wohl drei Viertelstunden oder darüber. Zwischendurch ging die Ladenglocke, und Jean-Pierre ging hinüber, nachdem er mir flüsternd befohlen: »Du muckst dich nicht!«
    Er kam wieder, und das Markten ging weiter. Ich brachte die Brillantkette auf zweitausend Franken, aber wenn das ein Sieg war, so war es mein einziger. Vergebens rief ich des Himmels Zeugenschaft an für die Schönheit des Topasschmuckes, die Kostbarkeit des Saphirs, der die Busennadel schmückte, der weißen Perle des Armreifs, des Rubins und der grauen Perle. Die Ringe zusammen ergaben fünfzehnhundert, alles übrige außer der Kette hielt sich im erfochtenen Preis zwischen fünfzig und höchstens dreihundert. Die Addition ergab viertausendvierhundertfünfzig Francs, und mein Schurke tat noch, als entsetzte er sich davor und ruinierte sich und den ganzen Stand. Er erklärte auch, unter diesen Umständen komme die silberne Uhr, die ich kaufen müsse, statt auf fünfundzwanzig, auf fünfzig Franken zu stehen – auf soviel also, wie er für die reizende goldene Traubenbrosche zahlen wollte. Das Endresultat, demnach, war viertausendvierhundert. Und Stanko? dachte ich. Meine

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