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Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Gilvarry
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auslegt, ist völlig offen. Die schreiben sich ihre Regeln schon von Anfang an selbst. Wir fragen uns jeden Tag, was ihnen heute wieder Neues einfällt. Denken Sie nur an den Detainee Treatment Act. Oder den Military Commissions Act.«
    Der Detainee Treatment Act von 2005 entzog amerikanischen Bundesgerichten die Zuständigkeit, über Haftbeschwerden von Insassen zu befinden. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Fall Hamdan gegen Rumsfeld , dass Militärkommissionen die 1949 unterzeichneten Genfer Konventionen verletzen, werden Militärkommissionen durch den Military Commissions Act von 2006 zu Verstößen gegen das Kriegsrecht bevollmächtigt und die Berufung auf die Genfer Konventionen beim Einreichen einer Haftbeschwerde explizit verboten.
    Allerdings wusste ich zur Zeit meines Treffens mit Catallano nichts von diesen Entwicklungen.
    »Mit diesen Entwicklungen bin ich nicht vertraut«, gab ich zu.
    »Dann machen Sie sich damit vertraut.«
    Catallano war in dieser Situation leicht reizbar. Er hatte im Fall Hernandez eine Hürde nach der anderen genommen, doch sobald er den Eindruck hatte voranzukommen, warf man ihm eine neue Klausel in den Weg, die die Regierung neu ausgelegt hatte und die sein Vorankommen um Monate verzögern würde. Obwohl er es nicht sagte, spürte ich, dass Catallano meinen Artikel banal und fehlgeleitet fand. Er war überzeugt, dass ich das Wichtigste am Fall Hernandez außer Acht ließ. Und in gewissem Sinne hatte er recht. Ich betrachtete Boys Geschichte aus der Perspektive der Modebranche: Das Leben eines Designers, der hinter Gittern gewesen war.
    Am Ende unseres Gespräches warnte er mich: »Vergessen Sie nur eins nicht: Alles, was Sie schreiben, sei es heute oder in einem Jahr, werden die sich durchlesen. Das Leben eines Menschen steht auf dem Spiel. Also überlegen Sie sich gut, ob es das wert ist.«
    Ich hatte immer noch nicht versucht, mich persönlich mit Boy in Verbindung zu setzen. Er war ins Camp Iguana verlegt worden, gut einen Kilometer außerhalb von Camp Delta, wo Nicht-feindliche-Kombattanten verwahrt wurden, während die USA über ihre Freilassung verhandelte. Dieser Prozess konnte mehrere Monate, sogar Jahre dauern. So steckten etwa viele Jemeniten und Uiguren in Anbetracht der politischen Lage in ihren Heimatländer auf unbestimmte Zeit dort fest. Das Außenministerium musste Länder finden, die bereit waren, sie aufzunehmen. Zwar war die Lage im Camp Iguana im Vergleich zu den anderen entspannt, doch auch dort wäre ein Brief an Boy überprüft worden. In Anbetracht seiner Schweigeklausel wollte ich seine Freilassung nicht gefährden, also verschob ich jeglichen Kontaktversuch auf einen Zeitpunkt nach seiner Heimkehr auf die Philippinen.
    Boy verbrachte acht Wochen im Camp Iguana, nicht lange, verglichen mit den anderen Insassen. Im Camp Iguana trugman weiße Uniformen und wohnte in Gemeinschaftszellen. Nach den vielen Jahren in Gefangenschaft sprachen viele der Insassen Englisch. Die kameradschaftliche Atmosphäre dort veränderte Boys Leben, und er schloss viele bleibende Freundschaften. Er teilte sich eine Zelle mit Abu Omar und Hassan Khaliq, zwei Journalisten aus Islamabad, die von den pakistanischen Behörden festgenommen worden waren. Beide hatten sich regelmäßig kritisch über die pakistanische Regierung geäußert. Zwei weitere Zellengenossen von Boy waren Shafiq Raza und Moazzam Mu’allim, die in Afghanistan gefangen genommen und für jeweils zweitausend Dollar Kopfgeld verkauft worden waren. Jeder dieser Männer hatte drei bis fünf Jahre in Guantánamo Bay verbracht, bevor er zum Nicht-feindlichen-Kombattanten erklärt wurde.
    Als Boy am 17. Februar 2007 auf dem Ninoy Aquino International Airport in Manila aus dem Flugzeug stieg, bekam er einen präsidentiellen Empfang. Man hatte ihm einen roten Teppich ausgerollt, und an den Seiten des Rollfelds waren Barrieren für Hunderte von Journalisten aus aller Welt aufgestellt worden. Allein das Blitzlichtgewitter war überwältigend. Zuerst nahm ihn seine Mutter in Empfang, die von Ted Catallano begleitet wurde. Boys Vater war ein paar Monate zuvor an Magenkrebs gestorben. Ben Laden stand inmitten hunderter Mitglieder der erweiterten Familie auf dem Rollfeld. Ein sehr emotionaler Moment für Boy. Lächelnd und winkend schritt Boy am Arm seiner Mutter über den roten Teppich. Die Reporter brüllten ihm Fragen zu, aber er erwiderte nur: »Schön, dass ihr da seid!« Der Abend war sehr schwül, und am

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