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Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Gilvarry
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Schnitt. Ich musste so eine haben. ›Ist wirklich wunderbar‹, habe ich gesagt. Und Ahmed: ›So eine kriegst du nicht in Laden. Ist Einzelstück.‹ ›Unmöglich!‹, hab ich gerufen, und dann wir ringen. Da hat er Anzug natürlich ausgezogen – Stallboden war ja dreckig.«
    »Der Stallboden?«
    »Ja, in Stall, wo wir immer treffen. Auf jeden Fall hab ich ihm Arm hinter Rücken gedrückt, und da hat er gesagt, Anzug ist von dir. Nach Maß.«
    »Okay, aber ich weiß immer noch nicht, warum Sie ihn heute Abend tragen.«
    »Hat er mir gegeben. Hab ich gesagt, mach ich ein paar Prozent weniger von meinem Anteil. Da hat er mir Anzug gegeben. Endlich zufrieden, Schneiderlein?«
    Ich verschwendete meine Zeit. Das Gefühl bekam ich oft in Gegenwart von Leuten wie Hajji, ein melancholischer Nebel, der sich um mich legte, wenn ich mit Leuten unterhalb meines Intelligenzlevels zu tun hatte. Es trat an die Stelle meiner Paranoia.
    »Ich glaube, ich nehme dann doch ein Glas Wasser«, bat ich.
    Er knipste eine Lampe über dem Waschbecken an und behielt mich im Spiegel im Auge, während er mir ein Glas füllte. Hajji hatte tiefe Pockennarben im Gesicht. Sein Haar war billig schwarz gefärbt, und im Licht konnte ich es violett schimmern sehen.
    Er brachte mir das Wasser.
    »Danke.« Ich setzte mich auf die Bettkante und nahm eine lilafarbene Tablette.
    »Das Zeug bringt dich um«, sagte er.
    »Hat mir der Arzt verschrieben«, erklärte ich.
    »Nehme ich überhaupt keine Medikamente.«
    »Ach was.«
    »Also. Ahmed sagt, du hast Produktionsproblem. Ich kann dir sagen: Problem ist gelöst, mein Freund. Ich kann deine Klamotten herstellen lassen in Indien. Geht ruck zuck. Schicken wir denen Kleider, schicken die uns Muster und hin und her, bis alle glücklich. Ami hat gesagt, du willst nicht nach Übersee gehen. Soll alles in New York gemacht werden.Kann ich verstehen. Wollen alle Zeug aus Amerika. Für Qualität machen Leute dicke Kohle locker. Ist ganz einfach: Wenn Klamotten durch Zoll, wir tauschen Labels. Wir schicken ganze Ladung in Fabrik in Brooklyn und Leute dort nähen neue Schildchen drauf. Wallah!«
    »Etikettenschwindel? Das ist der ganze Plan?« Ich stellte das Glas auf den Nachttisch und stand frustriert auf. »Tut mir leid. Deswegen sind Sie mir hierher gefolgt? Das hätten wir nicht am Telefon besprechen können? Hören Sie zu, Sie haben meine Nummer. Rufen Sie mich Montag an, dann reden wir.«
    Er legte mir die Hände auf die Schultern und drückte mich zurück aufs Bett.
    »Jetzt hör zu, Schneiderlein. Bin ich nicht zum Spaß hier. Ahmed sagt, du brauchst Hilfe mit Produktion; ich helfe dir mit Produktion. Solche Deal von mir bekommt nicht jeder. Und bei ganze Kohle, das ich noch kriege von Ahmed, kannst du froh sein, dass ich mir nicht einfach Teil von eure Laden nehme. Meinst du, ich weiß nicht, wer du bist? Ich les Zeitung!«
    »Wollen Sie mir drohen?«
    »Nix drohen. Nur erklären, was ist Sache. Wenn wir machen zusammen Klamotten, dann Leute ziehen an, verdammt noch mal! Und muss ich sagen, seit ich habe Anzug gesehen, wollte ich auch haben solche Schneider-Freund wie Ahmed. Müssen wir auch kommen ins Geschäft. Wenn kann jemand nähen solche Anzug … absolute Einzelstück. Keine Frage. Ist wirklich wunderbar.«
    Ich wollte so schnell wie möglich aus diesem Zimmer heraus, und wenn ich Hajji dafür sagen musste, was immer er hören wollte. »Okay«, sagte ich. »Alles klar. Sie sind ein Freund von Ahmed, und ich vertraue ihm. Wir reden am Montag weiter, ja? Rufen Sie mich an und kommen Sie im Studio vorbei.«
    Ich stand auf, aber seine Reaktion war keine Spur freundlicher: Er drückte mich zurück aufs Bett.
    »Halt, sind wir nicht fertig! Musst du noch machen, dass Anzug passt!«
    »Jetzt? Sind Sie verrückt? Oben warten alle auf mich. Die werden doch misstrauisch, wenn ich so lange weg bin.«
    Er ging zum Nachttisch, auf dem eine Plastiktüte vom CVS-Drogeriemarkt lag, und warf sie mir zu. Ich schaute hinein. Er meinte es ernst. Er hatte ein kleines Reise-Nähset gekauft. Der Bon lag noch dabei.
    »Das reicht nicht. Ich brauche eine Nähmaschine. Und wo ist die Schere? So ruinieren wir den Anzug. Hören Sie zu, wir machen einen Termin aus, und Sie kommen im Studio vorbei. Dann können Sie den Anzug fertig mitnehmen.«
    »Aber will ich ihn …« Genau in dem Moment klingelte sein Handy. Er hatte einen arabischen Popsong als Klingelton, exotische Gesänge über einem schnellen Dance-Beat. Er nahm den

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