Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
trübte.
»Du siehst toll aus«, lobte ich ihn.
»Ich? Wie ausgekotzt. Total überarbeitet. Immerhin haben es die Schuhe überhaupt noch zur Party geschafft. Die waren in Milano steckengeblieben.«
» Milano «, wiederholte ich kopfschüttelnd.
Die Mädchen lösten sich aus seinen Armen und führten die Schuhe entlang des Pools vor.
»Peeptoes aus schwarzem Samt«, erklärte Philip. »Der andere ist ein burgunderroter Kunstlederstiefel mit Fünf-Zentimeter-Absätzen. Auch in Schwarz, Navy, Platin und Bone erhältlich.«
Das Mädchen mit den Samtschuhen kehrte zurück und stellte sich vor: »Ich bin Jeppa.«
Jeppa stand mit den Händen in den Hüften vor mir, das eine Bein leicht geöffnet, der Fuß im rechten Winkel.
»Hi, Jeppa, ich bin Boy.«
Vivienne drehte sich um und winkte jemandem auf der anderen Seite des Dachs zu. Philip wurde von einem Fotografen beiseitegezogen, der ihn auf einer Chaiselongue ablichten wollte.
»Ich kenn dich doch«, sagte Jeppa.
»Wir haben uns schon mal irgendwo getroffen«, erwiderte ich.
»Ich war im Februar beim Casting für eine deiner Shows.«
»Natürlich. Wie konnte ich das vergessen? Jeppa. Wie ist noch gleich dein Nachname?«
»Jensen. Jeppa Jensen. Aber die Agentur sagt, ich soll nur als Jeppa laufen.«
»Die Iman-Theorie«, kommentierte Vivienne.
»Und, wie klappt das bisher?«, fragte ich.
»Du hast mich nicht genommen.«
»Im Ernst? Ich werfe meinen Castingchef raus!«
»Ich nehme es nicht persönlich.«
»Wo kommst du her, Jeppa Jensen?« Ich fand immer, dass es eine spielerische Intimität erzeugt, wenn man eine Frau mit vollem Namen anspricht, so förmlich es auch wirken mag.
»Aus Schweden«, erwiderte sie. Sie lispelte so sympathisch, wie es viele Europäerinnen tun, wenn sie Englisch reden. Mir war das schon bei Französinnen, Schwedinnen und Deutschen aufgefallen.
»Jetzt weiß ich wieder, wer du bist«, sagte ich.
»Weiß er nicht«, erklärte Vivienne. »Deine Uniform bringt seinen Schwanz in Schwung. Nimm dich vor Hetero-Designern in Acht, die nachts auf den Dächern jagen. Womöglich stürzt sich einer von ihnen auf dich. Halt Abstand vom Pool. Ich brauch was zu trinken. Wer noch?«
»Hör nicht auf sie«, sagte ich. »Los, wir gehen alle was trinken.«
Ein Matrose servierte uns drei Gläser Champagner von seinem Tablett. Wir gingen an die Bar und lehnten uns an. Ich bestellte uns drei Ingwer-Wodka. Vivienne flüsterte mir mit heißem Atem ins Ohr: »Kannst dich später bei mir bedanken.«
»Wofür?«
»Ich hab ihr gesagt, dass du hetero bist. Woher hätte sie das sonst wissen sollen?«
»Sie arbeitet doch. Ich verspreche mir hier gar nichts.«
»Und ob.«
Vivienne drehte sich um und begrüßte Carl Islip, den berühmten Stylisten.
Jeppa zog eine Schachtel Gitanes hervor und ließ sich von Steve Tromontozzi, einem Freund von mir, eine anzünden. Bestimmt hatte sie Viviennes kleinen Angriff auf meine Männlichkeit gehört, ließ es sich aber nicht anmerken. Ich nutzte den Moment, um mir die Umrisse von Jeppas schwarzem BH unter ihren Armen und am Rücken genauer anzusehen, die deutlich durch den weißen Baumwollstoff ihrer Offiziersbluse schimmerten. Sie blies den Rauch ihrer Zigarette in die Nacht. Jeppa war der Traum jedes Teenagers. Platinblond, hellhäutig und nussbraune Augen. Und ich liebe skandinavische Nasen, das absolute Gegenteil meiner eigenen plattgedrückten Olive. Diese Schwedin konnte einen verzaubern! Und nach meinem zweiten Drink war ich bereit, die Magie wirken zu lassen.
»Zigarette?«, bot sie an.
»Gerne«, erwiderte ich.
Sie zog noch einmal kurz an ihrer und gab sie mir. Der faserige Filter war noch feucht, wo ihn eben ihre Lippen berührt hatten. Wieder ließ sie sich eine von Steve Tromontozzi anzünden, und ich nickte ihm zu. Ich drehte mich nach Vivienne um, aber sie war nicht mehr da. Sie stand am Pool und sprach mit Leslie St. John und Rudy Cohn. Ich sollte wohl mal hallo sagen. Meine Affäre mit Rudy war schon lange abgekühlt, aber wir waren gute Freunde geblieben. Ich wandte mich wieder Jeppa zu, die sanft ihre Gitanes küsste und dann süß den Kopf von mir wegdrehte, als sie den Rauch ausatmete. Ich wollte gerade vorschlagen, dass wir zu Vivienne hinübergehen, als ihr nackter Zeh meinen Knöchel streifte. Sie forderte mich zum Füßeln heraus. Ich lächelte sie an, aber sie spielte die Unschuldige.
Dann summte mein Handy in der Tasche.
Auf dem Display sah ich, dass ich schon zwei Anrufe von einer
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