Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
erwiderte er, als wäre es vollkommen unmöglich, dass ein Mann wie ich ein Mädchen wie Olya kennen könnte.
»Doch, natürlich. Ich bin ein Designer aus New York. Olya ist eine Freundin. Sie hat sogar ein paar Mal für mich gemodelt.«
»Quatsch.«
»Wir sind befreundet«, sagte ich.
Darüber musste er lachen.
»Sie wissen wirklich nicht, wer ich bin, oder?«
»Aber sicher«, sagte er. »Du bist ein Designer aus New York. Und jetzt leg dich wieder aufs Bett.«
»Sie glauben mir nicht«, sagte ich.
»Hinlegen, hab ich gesagt.«
Ich tat, wie mir geheißen.
Cunningham vermerkte unseren Wortwechsel in dem Buch.
»Das Buch will ich aber haben, wenn ich hier rauskomme«, sagte ich zu ihm.
»Wenn du hier rauskommst, ist das mein Abschiedsgeschenk an dich«, antwortete er.
Etwas Zeit verstrich, und ich versuchte, an nichts zu denken.
»Wie ist sie denn so?«, fragte mich Cunningham schließlich.
»Wer?«, fragte ich.
»Olya«, sagte er.
»Ach so, ja. Olya. Sie ist sehr hübsch.«
»Und sonst?«
»Ein wunderbarer Mensch.« Den Gefallen würde ich ihm nicht tun.
»Wie sieht sie in echt aus?«
»Als ich mit ihr zu tun hatte, hatte sie noch nicht ganz so volle Brüste. Sie müssen gereift sein.«
»Und was noch?«
»Was wollen Sie wissen?«
»Hast du sie gevögelt?«
»Darauf antworte ich nicht.«
»Siehste. Du kennst Olya gar nicht. Du bist ein Lügner.«
»Bloß weil ich sie nicht gevögelt habe, heißt das nicht, dass ich sie nicht kenne.« Ich wartete einen Moment, und dann gab ich zu: »Wir haben in einem Bett geschlafen. Eine Woche lang. Aber es ist nichts passiert.«
»Lass mich raten«, sagte er. »Weil sie keinen Schwanz hat?«
»Weil wir Freunde sind. Aber ich rechne nicht damit, dass Sie das verstehen.«
»Also, ich weiß, was ich tun würde, wenn ich mit ihr befreundet wäre.«
»Genau aus diesem Grund können Sie mit so einem Mädchen nicht befreundet sein.«
»Ach wirklich?«, fragte er. »Ich wüsste, was ich tun würde. Sie meine Banane schälen lassen.«
»Kann ich mir vorstellen.«
»Dann würde ich ihr unter die Haube schauen. Sie ganz gemütlich auf Touren bringen. Die Reifen checken.«
»Jetzt hab ich den Faden verloren. Sprachen Sie nicht gerade noch von Obst?«
Cunningham blätterte weiter in seiner Maxim . Ich setzte mich wieder aufs Bett und versuchte, an etwas anderes zu denken, vergeblich. Mir war es jetzt sehr wichtig, dass Cunningham mir glaubte. Ich kann nicht erklären warum, aber ich brauchte unbedingt seine Anerkennung dafür, dass ich die Wahrheit sagte und sie wirklich kannte.
»Ich kann Ihnen ihren richtigen Namen verraten«, sagte ich und war selbst überrascht.
»Was?«
»Wenn Sie sich so sehr für Olya interessieren, wollen Sie ja vielleicht wissen, wie sie wirklich heißt.«
»Nicht Olya?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Wie denn dann?«
»Sie glauben mir ja sowieso nicht.«
»Fick dich. Sag’s mir.«
»Sie werden doch sowieso denken, ich lüge.«
»Na gut, ich glaub dir ja. Okay, ich glaub dir, dass du in New York eine große Nummer warst. Jetzt spuck’s schon aus.«
Jetzt behandelte mich Cunningham nicht mehr wie Luft.
»Ich verrate es Ihnen, wenn ich mir kurz das Heft ansehen darf.«
»Vergiss es.«
»Dann eben nicht.«
Er zögerte einen Moment, dann gab er nach. »Na gut. Aber nur die Doppelseite mit den Bildern von ihr, dann krieg ich es sofort zurück. Wenn nicht, ruf ich den Wachhabenden. Und dann bist du am Arsch.«
»Mehr will ich ja gar nicht. Nur ihre Doppelseite.«
»Sag mir zuerst ihren richtigen Namen.«
»Olga«, antwortete ich. »Olya ist nur ein Spitzname für Olga.«
»Olga?« Er sah enttäuscht aus und schlug das Magazin zu, um Olyas Bild auf dem Cover anzusehen.
»Das ist ihr echter Name.«
»Olga ist ja scheußlich.«
»Sie nennt sich eigentlich nur Olya. Schon seit sie ein kleines Mädchen war. Aber Sie brauchen mir nicht zu glauben«, sagte ich.
Obwohl Cunningham manchmal ziemlich fies sein konnte, stand er zu seinem Wort. Wie versprochen schob er die Maxim durch den Spalt meiner Zellentür. Plötzlich war er sehr interessiert daran, was ich wusste.
Und so begann ich, ihm mehr über Olya zu erzählen. Wenn für meine Verhandlung eine Leumundszeugin gebraucht wird, soll Olya Rubik als Erste meine harmlosen Absichten beschwören. Sie kennt mich seit meinem ersten Tag in Amerika. Sie schleppte mich mit zu ihren Castings und machte mich mit Models und Stylisten bekannt. Sie lief bei fast jeder meiner Schauen,
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