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Bekentnisse eines möblierten Herren

Bekentnisse eines möblierten Herren

Titel: Bekentnisse eines möblierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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noch Grazie. Wenn die heutigen Mädchen wüßten, was sie durch ihren berechnenden Sex an Reiz verlieren!

    10. Juni: Schwerer Niveau-Abend im Hause. Alma tanzt »Wissende« und »Ahnen« mit Telefonklingel- und Badewasserbegleitung. Nachher Seelenstriptease beim Lustmolch. An den Ausübenden liegt es, daß man vor dem Wort »Psychologie« immer erschrickt.

    3. Juli: Marie-Luise nach Hause gebracht. Erstmals bemerkt, was ein Generationsunterschied bedeutet. Schwierig, sich ihr zu nähern. Man kommt sich gleich so brutal vor. Oder bin ich für derlei Manöver schon zu alt?

    Wie richtig, daß sie nach Hause gefahren ist. Hier, das wäre nichts für sie. Ich muß ihr Zeit lassen. Luischen! »Lukas, rutsch bitte etwas weiter ‘runter, mein Blinddarm ist eingeschlafen«, sagte Sylvia plötzlich.
    »Ich dachte, du schläfst auch. — Ist es so besser?«
    »Danke, ja. Bis später.«
    Sie atmete tief; Lukas las weiter.

    6. Juli: Landhaus »Fanni«. Gestörtes Ferienidyll durch Gracia. »Es darf nicht gewußt werden, wie tief im Bösen das Schöne wurzelt.«

    Und das hat schon Hrabanus vor über tausend Jahren gesagt! Von Menschheitsentwicklung kann man da nicht sprechen.

    8. Juli: Vollendung beginnt bei 35! habe ich gesagt, und es klang, als wäre ich fest davon überzeugt. Und dann noch Sylvia! Das kommt davon, wenn man die Damen tröstet. Ein Schuldgefühl löst das andere ab. Normalzustand? Nun, ich muß ja schließlich auch leben.

    Er klappte das Heft zu, zog die Füße vorsichtig aus dem Wasser und setzte sich auf. Sylvia hatte die Augen geschlossen, sie schnurrte wie eine verschlafene Katze. Er beugte sich über sie; das Boot raschelte leise im Schilf. »Aber bitte nur ganz zart.«

    Mit der standesbewußten Rücksichtslosigkeit eines zu spät geborenen Herrenmenschen brauste der junge Ahnfried Graf Watte von Wattersleben — Erbe riesiger Waldungen — an dem sonnenhungrigen Fuß- und Motorvolk längs der Straße vorbei.
    »Halt mal!« rief Marie-Luise.
    Kreischende Bremsen, der gar aufwendige Sportwagen stand. Mürrisch glotzten die gestörten Freizeitgestalter; eine Dralle im Unterrock floh schamhaft ins Gehölz. Ahnfried winkte nach Bedienung. Ein muskulöser Haarmensch mit allerlei Leistungsabzeichen auf der einschneidenden Dreiecksbadehose kam heran.
    »Zu >Villa Fanni< bitte.«
    Der Mann wußte Bescheid, Ahnfried legte den Gang ein, seine Cousine hob dankend die Hand und wurde von der Gewalt des Abzuges gegen die Rücklehne gepreßt. »Mich geht’s ja nichts an, Marilou, aber ein Haus, das Fanni heißt, hat man nicht«, brüllte der junge Graf im scharfen Fahrtwind.
    »Gehört gar nicht ihm«, antwortete sie beschwerlich. »Er ist nur mit Freunden dort.«
    »Nun ja.«
    »Ras gefälligst nicht so. Wenn was passiert und Mama ‘rauskriegt, daß die Schule erst übermorgen anfängt, ist der Teufel los.«

    »Da seid ihr ja endlich!« rief Peter, der mit Ines auf dem Steg saß und sie offensichtlich erwartet hatte.
    Lukas manövrierte breitseits.
    »Wenn du mir jetzt sagst, daß ihr auf uns gewartet habt, betrachte ich das als Freizeitberaubung.«
    »Spar dir deine Scherze, du hast Besuch! Seit zwei Stunden sitzen wir in angestrengter Konversation mit Gotha eins und einem gräßlichen Schnösel aus dem dritten Band.«
    Ines warf Peter einen vorwurfsvollen Blick zu. Sylvia begriff sofort; umständlich band Lukas den Kahn fest. »Dummer Zufall! Mir bleibt auch nichts erspart.« Sylvia sah ihn an. Ihr Ausdruck durchlief in Sekundenschnelle die ganze Skala der Möglichkeiten. Doch am Ende stand das Lächeln.
    »Mir auch nicht, Lukas! Man bekommt nichts für immer, aber ein bißchen länger könnte es manchmal schon dauern.«
    »Sylvia!« Und er nahm sie in den Arm.
    »Ich wußte es ja«, flüsterte sie an seiner Brust, »vorgestern der Brief
    »Aber es ist doch gar nichts. Nur zeitlich so ungeschickt.«
    »Ich sagte dir ja: Vor zwei Jahren »Nun kommt!« drängte Ines.
    Sie gingen den Weg hinauf. »Das nenn’ ich Toleranz«, brummte Peter an seiner Seite, »beneidenswert!«
    Lukas drehte sich zu Sylvia und Ines um.
    »Toleranz selbst da, wo sie gar nicht am Platze ist.«
    »Wir haben eben dazugelernt«, versetzte Ines boshaft, »während der Meister die Reife nur lobt!«
    Das Bild, das sich auf der Terrasse bot, glich einem Rückfall. Wie vor Lukas’ Hymne an die Frau drängten sich die beiden Wolfgänge um die Jugend. Doch die hieß nicht Gracia, sondern Marie-Luise. Der Haltung der beiden Skribenten nach

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