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Bekentnisse eines möblierten Herren

Bekentnisse eines möblierten Herren

Titel: Bekentnisse eines möblierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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drehte es sich um ein geistiges Thema. Zurückgelehnt mit übergeschlagenen Beinen, verschränkten Armen und bedeutungsvoll aus den Bademänteln gereckten Köpfen, lauschten sie andächtig. Auch Pauli fehlte nicht. Mit Shorts und Frotteehemd, ganz in Weiß, lagerte er zu ihren Füßen.
    »Ja, da schau her«, rief Lukas schon von weitem, um die Begrüßung auf die Ebene der Kameradschaft zu verschieben.
    »Wir sprechen gerade über Bücher, die Prinzessin ist außerordentlich beschlagen«, entschuldigte sich der behaartere Wolf gang voreilig. Lukas gab Marie-Luise die Hand.
    »Wo steckst du denn, ich bin schon ewig da«, sagte sie strahlend.
    »Ich habe nicht den Eindruck, als ob du mich vermißt hättest«, antwortete er mit einem Blick auf die Freunde. »Wir haben uns sehr gut unterhalten«, sagte sie.
    In diesem Augenblick kam Daniela mit einem Glas Orangensaft für Marie-Luise aus dem Haus. Ob Zufall oder Absicht, die Begrüßung wurde unterbrochen. Und als auch noch Gracia mit Ahnfried von einer ausgedehnten Probefahrt zurückkehrte — »Schicke Sache! Dieser Wagen ist im Nu auf 180!« — , war kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Lukas’ Verspätung und Sylvias Auftauchen mehr festzustellen. Wenigstens nicht für Marie-Luise. Arglos reichte sie ihr die Hand.
    Das folgende Gespräch über den persönlichkeitssteigernden Wert eines Sportwagens ging voll und ganz auf Paulis Kosten, zumal das Fleisch inzwischen den winzigsten aller Bikinis angelegt und so kundtat, worauf sie es abgesehen hatte. Lukas war ihr für die Folgen dieses exhibitionistischen Aktes dankbar,- der laute Graf blieb zum Abendessen, wo er mit gepflegter Arroganz die Aufmerksamkeit ständig auf sich zu lenken verstand, und entstaubte erst spät in seinem asozialen Neiderreger. Marie-Luise saß in Lukas’ Bett. Mit hochgezogenen Knien, in dem Pyjama aus gelbem Batist sah sie noch jünger aus.
    »Freust du dich, daß ich gekommen bin?«
    »Du mußt jetzt schlafen.«
    »Erst will ich wissen, ob du dich freust.«
    »Das weißt du doch.«
    Behutsam faßte er sie bei den Schultern, drückte sie auf das Kissen und zog die Decke zurecht. Sie legte die Arme um seinen Hals und lächelte ihn an.
    »So mag ich dich am liebsten.«
    »Wie?«
    Und just, als seine Gefühle zur Verwirklichung drängten, sagte sie: »So väterlich.«
    Er nahm ihren Kopf zwischen die Hände und küßte sie auf die Augen.
    »Schlaf jetzt schön!«
    »Und du?«
    »Ich schlafe unten.«
    Er ging zur Tür.
    »Kommst du mich morgen wecken?«
    »Ja.«
    »Du kannst schon ganz früh kommen.«
    »Ist gut. Gute Nacht.«
    »Gute Nacht.«
    Lukas trat ins Badezimmer und putzte sich äußerst gründlich die Zähne. Noch einen Augenblick wollte er allein sein, bevor er zu den andern zurückkehrte. Auf der Terrasse war das Nachtlager bereits aufgeschlagen. Es fielen keine Bemerkungen. Peter bemühte sich gerade um Stimmung.
    »Da redet man sich ein, man möchte nie so einen Wagen haben, und steht dann hin und glotzt.«
    Er bekam keine Antwort. Lukas ging zu seinem Platz neben Sylvia und wickelte sich in die Decke.
    »Jaja«, sagte der ältere Wolfgang ohne Bezug. Er war allergisch gegen disharmonische Stimmung.
    »Ich bin völlig deiner Meinung«, pflichtete Daniela bei. Sylvia lag regungslos auf dem Rücken; Lukas fühlte, daß sie nicht schlief.
    »Also dann gute Nacht.«
    »Gute Nacht«, antworteten Daniela und Ines.
    Er drehte sich auf die Seite und atmete tief, doch seine aufgebrachten Gedanken versperrten dem Schlaf den Weg.
    »Es ist unglaublich! Da fährt man hier heraus, um sich zu erholen, weil man zu dem Menschen, zu dem man will, nicht kann. Man tut nichts, man forciert nichts, und auf einmal... — es liegt an den Umständen. Die Hitze, die Faulenzerei, die ständige halbnackte Vertrautheit... In der Stadt wäre das nie passiert, jeder hat zu tun. Oder merkt er’s da nur nicht, weil er zu tun hat?
    Was habe ich denn gemacht? An Marie-Luise gedacht. Aber Sylvia war da! Und ich Rindvieh hatte auch noch ein Schuldgefühl! Verdammte Gutmütigkeit! Daß Pauli ihr das blonde Fleisch vorgezogen hat, darüber regt sich niemand mehr auf. Ich habe Sylvia sitzenlassen! Ich habe die Atmosphäre gestört! Wenn ich schon diesen weidwunden Blick sehe! Als ob ich ihr je Hoffnungen gemacht hätte! Wäre ich mit Marie-Luise nicht so behutsam gewesen, wär’s gar nicht dazu gekommen. Jetzt aber bin ich das Schwein! Das hat man von seiner Anständigkeit!« Er drehte sich um.
    >Marie-Luise! Ein

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