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Bekentnisse eines möblierten Herren

Bekentnisse eines möblierten Herren

Titel: Bekentnisse eines möblierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Glück, daß sie von alldem nichts bemerkt hat. Goldig sah sie aus in ihrem Bett. Nein, ich bin nicht zu alt für sie. Ob sie schon schläft?<
    Er drehte sich um.
    >Es ist zum Wahnsinnigwerden!<
    Er drehte sich um.
    >Und da liegt Sylvia, eine beleidigte Hereinforderung! Und ich rutsche hier herum auf der kurzen Luftmatratze, weil ich mich nicht dahin traue, wo ich hingehöre. Wie komme ich eigentlich dazu? Morgen wecke ich sie, ganz früh schon, und dann nichts wie weg hier.<
    Er drehte sich um.
    »Nun geh schon endlich ‘rauf. Es ist ja nicht mehr auszuhalten!« zischte Sylvia herüber.
    »Fändest du das sehr geschmackvoll?«
    »Zumindest ehrlicher!«
    »Wenn du jetzt noch ein Küchenlied von der geschändeten Magd anstimmst, schrei’ ich.«

    »Warum sind wir weggefahren, deine Freunde waren doch sehr nett?« fragte Marie-Luise.
    »Aus purem Egoismus. Ich will dich für mich allein haben!«
    Lukas nahm eine Hand vom Lenkrad und legte sie auf ihr Knie. Sie rutschte herüber.
    »Das war sehr süß, wie du mich geweckt hast. Ich war schon lange wach.«
    Lukas strahlte pralle Harmonie. Zu der Behutsamkeit, die er ihr angedeihen ließ, hatte sich eine Entschlossenheit gesellt, deren er ohne den Ärger des Vortages kaum fähig gewesen wäre. Die widerstreitenden Kräfte in seiner Brust, die väterlichen und die männlichen, hatten sich vereinigt, und dieses Bewußtsein gab ihm ein Gefühl der Überlegenheit, das ihn beglückte.
    Also mit sich zufrieden strebte er einem jener Wunschziele moderner Lebenskunst zu, die immer seltener werden, einem landschloßähnlichen Gasthaus mit dem noblen Komfort des noch nicht von der Masse entdeckten und zum »beliebten Treffpunkt« bastardisierten Refugiums.
    Marie-Luise schien sein Vorhaben zu ahnen.
    »Wo fahren wir eigentlich hin?«
    »In ein Versteck für Snobs.«
    Sie zappelte vor Vergnügen.
    »Du wirst staunen. Dort ist schon der Zaun mit so viel Arroganz geladen, daß kein Taschenradio-Wandervogel sich ‘reintraut.«
    Marie-Luise nickte eifrig.
    »Eine Tante von mir hat so ein Hotel, in einem kleinen Jagdschloß, himmlisch eingerichtet, höfliches Personal, man kommt nur auf Empfehlung hin »Sonst wäre das Personal auch nicht mehr höflich.«
    »Sei bloß still, in dem Punkt sehe ich rot.« Beschwichtigend tätschelte er ihre Kniescheibe.
    »Reine Kraftverschwendung. Du wirst es nicht ändern. Ich kann Jeden verstehen, der bei dem heutigen Publikum nicht mehr dienen will.«
    Sie setzte sich kerzengerade.
    »Daß du das sagst!«
    Lukas faßte sie bei der Schulter und zog sie zurück. »Paß auf: Jede Gesellschaftsordnung endet, wenn ihre Exponenten arrogant werden. Und das ist ein Lichtblick. Im achtzehnten Jahrhundert die Feudalaristokratie, im neunzehnten die Feudalbürger und im zwanzigsten die Feudalproleten.«
    »Und wo ist da der Lichtblick?«
    »Daß sie endet.«
    Marie-Luise sah ihn an. »Nichts macht so asozial wie Sozialismus«, sagte sie schnippisch.
    Lukas ließ das Gaspedal los. Nie zuvor hatte eine präsumtive Gefährtin so eindeutig seine Ansichten geteilt.
    »Woher hast du denn das?«
    »Von meinem Vater.«
    »Da warst du doch noch ein Kind.«
    »Mama sagt, daß er es immer gesagt hat. Du wirst ihm überhaupt immer ähnlicher, je länger ich dich kenne.«
    »Wem?« fragte er knapp, da es gerade eine scharfe Kurve zu bewältigen galt.
    »Meinem Vater.«
    So ehrend das auch gemeint sein mochte, sowenig paßte ihm der Vergleich. Psychologisch verstand er sie. Junge Mädchen, die früh ihren Vater verloren haben, neigen dazu, auf den ersten Mann ihres Lebens das Bild des Vaters zu projizieren; diese Rolle aber wollte er endgültig nicht mehr spielen und wechselte das Thema.
    »Dein Vetter Friedi hat mir nicht sehr gefallen. Ein reichlich arroganter Jüngling ist das.«
    »Findest du?« fragte sie spitz.
    »Ja, das finde ich. — Was tut er eigentlich?«
    »Seine Eltern haben Wald.«
    »Und?«
    »Sehr viel Wald.«
    »Und?«
    »Na, hör mal! Er ist reich, er ist jung, er sieht blendend aus, er ist amüsant, er ist Graf...! Was soll er denn noch sein?«
    »Leutnant!«
    »Du spinnst«, sagte sie gereizt.
    »Im Gegenteil. Früher war das so: Der Tüchtigste hat das Gut geerbt, und der Dümmste wurde Leutnant…«
    »Friedi ist nicht dumm.«
    »Ich habe ihm zugehört!«
    Ärgerlich lehnte sie sich auf die andere Seite, plusterte die Backen auf und machte einen Schmollmund.
    »Die Mundstellung merk dir für später! Die ist gut gegen Falten!«
    »Ach«, sagte sie und

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