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Bekentnisse eines möblierten Herren

Bekentnisse eines möblierten Herren

Titel: Bekentnisse eines möblierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Generalfeldmarschall und hat sich nach einer verlorenen Schlacht erschossen, weil er’s nicht mit ansehen konnte.«
    »Das war die Ehre der Mörder. Das ist etwas anderes.«
    »Aber es soll doch Leute geben, die immer trauriger werden, je mehr sie wissen. Wissenschaftler und so...«
    »Das sind die Gescheiterten. Erst wo Wissen zur Heiterkeit führt, beginnt die Weisheit.«
    Luischen schwieg; Lukas fühlte sich verpflichtet, ihr beizuspringen und Huberts schlüsselfertigen Thesen einen eigenen Gedanken entgegenzusetzen.
    »Heiterkeit ist gesünder als Bildung«, sagte er, doch sie sah ihn völlig fremd an.
    »Ich muß jetzt gehen, Purzel!«
    Während der ganzen Fahrt redete Lukas. Erst vor dem standesgemäßen Haus der Tante sagte sie: »Ich glaube, dein Freund mag mich nicht.«
    »Aber ich bitte dich! Natürlich denkt er in vielem anders als wir; er ist doch eine andere Generation!«
    »Deswegen braucht er noch lange nicht »liebes Kind« zu mir zu sagen; außerdem war die Orangenlimonade gräßlich. Und daß du der Kellnerin die Hand gibst, geht auch zu weit. Gute Nacht!«
    Sie sprang aus dem Wagen. Es gelang ihm gerade noch vor der Haustür, einen flüchtigen Kuß zu deponieren. Verärgert fuhr er zurück. Er liebte sie doch?

    »Na Purzel?« empfing ihn Hubert mit neuer Zigarre. Lukas setzte sich und bestellte ein Bier.
    »Deine Augen fragen mich, wie ich sie finde, und mein Mund antwortet dir: reizend!«
    Lukas sah ihn mürrisch an.
    »Ja, reizend, wie sie dasitzt inmitten ihrer Wohlerzogenheit, die unbekümmerte Selbstverständlichkeit ihres Weltbildes, die Klarheit ihrer Wünsche und wie sie sich Gedanken macht — eine Bilderbuchprinzessin!«
    Derart massives Lob kam ihm verdächtig vor.
    »Du brauchst dich nicht erst lustig zu machen. Sag’s lieber gleich.«
    »Hm«, brummte Hubert, »also etwas Ernstes. Nun, wenn sie dich bekommt, kann ich ihr nur gratulieren.«
    »Du übertreibst zwar wieder bodenlos, aber bitte sprich ruhig weiter.«
    Der leichte Ton fiel ihm sichtlich schwer. Hubert seufzte. »Du bist eine reife Frucht am Baume der Heirat, und ich darf aufpassen, daß du nicht in den falschen Garten fällst. Nehmen wir also spaßeshalber an, es wäre dir Ernst. Was spräche da für eine Verbindung?«
    Lukas überlegte.
    »Sie ist... jung, sie ist hübsch, sie ist... damenhaft...«
    »Gründe, nicht Vorzüge!« unterbrach Hubert.
    »Wir haben annähernd denselben Beruf, die gleichen Interessen... sie hat Geschmack und kommt aus einem guten Stall.«
    »Könntest du dir vorstellen, daß dein letzter Grund ein Hinderungsgrund sein könnte?« sagte er gedehnt.
    »Wie meinst du das?«
    Pause. Die Zigarre war ausgegangen.
    »Unsereiner hat doch gerade genug zu tun, um seine Eltern zu überwinden. Und nun stell dir vor: Da, wo wir zwei Altvordere haben, muß dieses arme Kind mit einem ganzen Stammbaum fertig werden, vorausgesetzt, daß sie überhaupt will. Aber wenn sie dich will, müßte sie wollen.«
    Da Lukas nicht antwortete, fuhr er fort: »Käme sie aus der Hefe, täte sie sich leichter. Ob es ihr aber gelingt, diese Erziehung abzubauen? Du hast es ja gesehen vorhin: Gute Anlagen, wendiger Geist, doch sowie selbständiges Denken einsetzt, der Bannkreis verlassen wird, taucht plötzlich ein Ahne auf, der weiß Gott was für einen Blödsinn verzapft hat, und holt sie zurück.«
    »Ja und? Sie ist jung, sie verehrt ihren Großvater...«
    »Unterschätz das nicht. Der Adel lebt nicht nur in der Tradition, er fühlt sich darin auch noch frei!«
    »Du ahnst nicht, wie sehr ich deine Formulierungen bewundere«, sagte Lukas ironisch, »aber bei der Orientierungslosigkeit der heutigen Mädchen ist mir Tradition immer noch lieber.«
    Hubert schüttelte den Kopf.
    »Tradition ist Schlamperei! Hat der Berliner Theaterdirektor Brahm gesagt.«
    »Fürs Theater mag das zutreffen.«
    »Was ist nicht Theater? Vergiß nicht, du bist als schöpferischer Mensch gedacht, du lebst von deinen Einfällen. Du suchst Halt in äußerer Form, weil du deine eigene noch nicht gefunden hast. Typisch für junge Künstler deines fortgeschrittenen Alters!«
    »Ich denke, gerade der Künstler — es ehrt mich natürlich, ungeheuer, daß du mich dazu rechnest — , gerade er sucht von der Konvention wegzukommen! Schau dir Peter an, mit seinem van-Gogh-Bart. Das ist doch nichts als Auflehnung.«
    Die Heftigkeit, mit der ihn Lukas zu widerlegen versuchte, tat Hubert sichtlich wohl.
    »Peter ist kein wirklicher Künstler — ein

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