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Bekentnisse eines möblierten Herren

Bekentnisse eines möblierten Herren

Titel: Bekentnisse eines möblierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Madonna mit Kind.
    »Skäl!«
    »Jetzt weißt du’s«, sagte Hubert.
    Bei einer Dicklichen stand ein Dicklicher.
    »...und wenn man bedenkt, daß wir uns vor vierzehn Tagen erst in Rio getroffen haben! Das Hotel war miserabel. Wir sind gleich darauf zurückgeflogen. Über Karatschi.«
    »Ich hatte noch zwei Gastspiele. New York Lohengiin und London Tristan. Morgen fliege ich nach Teheran mit
    dem Ring.“
    »Sie Ärmster! Hoffentlich ist es dort nicht so heiß. Kultur ist doch mehr etwas für den Winter.«
    Bei St. Meinrad stießen sie auf die Gastgeberin und Daniela. Frau Müller-Passavant steuerte Hubert an.
    »Nett, daß Sie gekommen sind. Ich habe schon viel von Ihnen gehört. — Ach, guten Abend, Herr Dornberg.«
    Starkes Husten hinter ihnen.
    »...na, was ist denn das? Muß mich erkältet haben in der Sauna. Habe doch jetzt eine eigene Sauna... erst letzte Woche fertig geworden! Nein, Ischia ist uns zu überlaufen. Wir haben gerade auf Korsika gebaut, kennt noch kein Mensch. Ganz allerliebstes Häuschen... Zwölf Zimmer... müssen unbedingt mal kommen. Na, wo hab’ ich denn die Bilder?...«
    »Entschuldigen Sie, Baron. — Alfredo, komm doch mal eben, ja?«
    »Aber bitte!«
    Die Dame des Hauses flüsterte dem Herrn des Hauses zu.
    »So«, sagte er. »Ja. — Nett, daß Sie gekommen sind. Ich habe schon viel von Ihnen gehört. — Ach, guten Abend, Herr Dornberg.«
    Lukas hielt die Hände auf dem Rücken verschränkt. Eine verspielte Kätzchenhand schob sich unter seinen Arm. »Ihr erlaubt doch, daß ich euch Herrn Dornberg entführe, ja?«
    Frauke Passmann mit dreist dekolletiertem Blickfang, wie Lukas feststellte.
    »Vorsicht, Vorsicht, Herr Dornberg!« scherzte Alfredo gentlemännlich, »sie hat Paprika im Blut.«
    Ohne Lukas loszulassen, neigte Frauke sich zu Alfredos Ohr und flüsterte mit mattem Alt:
    »Ich bin nun mal so!«
    »Eljen«, brummte Hubert.
    Ein Ruck, sie zog ihn fort. Dann wieder ein Ruck. »Lassen Sie sich anschauen.«
    Sie trat einen Schritt zurück und musterte Lukas mit dem anatomischen Blick des Pferdekenners.

    «Ich sehe schon, es muß viel mehr gefeiert werden, Sie sind ein ausgesprochener Smokingtyp.«
    «Ist das ein Kompliment?«
    »Aber ja doch!«
    Sie straffte sich unvermittelt.
    »Finden Sie auch, daß ich zu tief ausgeschnitten bin? Alle sagen es.«
    »Wer? Die Frauen?«
    »Ja. Lilly vor allem. Aber die ist sowieso immer so zugeknöpft. Ich wollte auch mal sexy sein...«
    »Wenn es die Frauen sagen, ist es ein Kompliment.«
    »Habt ihr das gehört?« rief sie, drückte ihre Corsage gegen seinen Arm und schob ihn zu den Nächststehenden, »ihm bin ich nicht zu tief dekolletiert! Das ist Herr Dornberg, Lillys Untermieter — Frau Konsul Fleischer, Staatssekretär Becker, Kammersänger Abendroth.«
    »Mir auch nicht! Mir auch nicht!«
    Kehlkopfgelächter. Lukas drückte stumm die Hände. Frau Konsul machte ihrem Namen alle Ehre; auch der Staatssekretär und der Kammersänger bildeten für ein Berufs-Rate-Spiel keine nennenswerten Hindernisse. Bei der Madonna mit Kind bekamen sie neue Gläser. »Cheerio! Kommen Sie, ich mache Sie noch mit den andern bekannt, ja?«
    Corsagendruck; die Paprikablütige schob ihn zum Sofa. »Das ist er, Ele!«
    Zwei Damen wandten sich um. Weißblonder Herbst, brokatgefaßt; brünette Farblosigkeit, laokoonisch in einen Schmalspurnerz verstrickt. Ein knolliger Mann mit Notizbuch fühlte sich unterbrochen.
    »Herr Dornberg, Lillys Untermieter«, kicherte Frauke.
    Anscheinend fand sie diese Anspielung auf sein Zimmerherrentum besonders witzig.
    »Frau Henrici, Frau Doktor Becker
    Lukas führte das dargebotene Geschmeide zum Munde.
    »...und das ist Konsul Fleischer.«
    »Angenehm«, sagte der Knollige. Lukas’ Ringmuskel zuckte.
    »So, Sie bewachen also das Haus?«
    Frau Henrici wechselte die Anordnung ihrer fetten Schenkel.
    »Unter anderem.«
    Die Damen lachten kindisch; der Konsul räusperte sich.
    »Jetzt muß ich ihnen noch den erzählen...« Er blätterte in seinem Notizbuch. Applaus von hinten, Ah- und Oh-Rufe. Mit ausgefuchstem Gretchenlächeln, ganz in Weiß schwebte sie rehscheu herein: Maria Petersen, Star des Moliere-Gastspiels, gefolgt von einem kahlen Vitalen mit massiver Hornbrille: Gustav Pfeiffer, der berühmte Regisseur. Fraukes Corsage bohrte sich in Lukas’ Flanke. Vorwärts!
    »Entschuldigt.«
    »Aber bitte. — Also paßt auf: Zwei Männer sitzen...« Konzentrisches Drängeln um die Musenprominenz. Al-fredo und Lilly besorgten die

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