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Bélas Sünden

Bélas Sünden

Titel: Bélas Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Dierk sagte: »Dann lass mich dir helfen, Lisa.« »Wie willst du mir denn helfen?« »Ich könnte mit ihm reden.« »Er wird dir nicht eine Sekunde lang zuhören.« »Mir fällt schon etwas ein, womit ich ihn zum Zuhören bewege.«
    Nein! Das nicht, dachte ich, bitte das nicht! Es ist doch völlig unmöglich. Man schreibt so etwas, aber es passiert nicht in Wirklichkeit.

    Während ich auf dem Stuhl saß, rauchte und an meinem Sherry nippte, um nicht loszuschreien, begann Offermann mit seinen Fragen. Ich konnte ihm keine beantworten. Ich wusste nicht, ob und mit wem Béla für den Abend verabredet gewesen war. Mir hatte er am Telefon nichts von einer Verabredung erzählt. Was ich in dieser Hinsicht vermutete, ging die Polizei nichts an. Offermann gab sich mit meinen Auskünften nicht zufrieden. Er fragte ganz direkt, ob mein Mann ein Verhältnis mit einer anderen Frau gehabt hätte. Zuerst starrte ich ihn nur an. In meinem Gehirn hatte sich etwas geteilt, vielleicht war es vorher schon geteilt gewesen.
    Dierk Römer hätte das niemals getan. Ein intelligenter, kultivierter Mann bringt einen anderen nicht um, nur weil er dreimal mit dessen Frau geschlafen hat und die Frau mit ihren Nerven am Ende ist, weil sie Ruhe braucht und ihr inneres Gleichgewicht, damit der nächste Roman wieder ein Besteller wird.
    Ich schüttelte den Kopf. Damit ließ Offermann sich nicht abspeisen. Es gäbe zwei Möglichkeiten, erklärte er. Ein Einbrecher. Nur gäbe es in der Wohnung keine Hinweise auf einen Einbruch, keine durchwühlten Schränke, nur eine offene Schranktür in Bélas Schlafzimmer. Die Balkontür sei von innen geöffnet worden, Aufbruchspuren gäbe es nicht. Béla hätte vielleicht kurz durchlüften wollen. Und in meinem Bad habe sich das Fenster in Kippstellung befunden. Auch eine Möglichkeit, in eine Wohnung einzudringen. Aber Offermann dachte an etwas anderes.
    Er sprach ruhig und ließ mich nicht aus den Augen. Den Spuren nach zu urteilen, habe eine Frau die Wohnung in großer Eile verlassen. Über den Balkon! Und man müsse wohl davon ausgehen, dass es einen Grund für ihre Eile und den Weg durch die Gärten gegeben hatte. Vielleicht ein eifersüchtiger Ehemann an der Vordertür, der energisch Einlass begehrte, den Béla nach der Flucht der Frau in die Wohnung ließ.
    Beinahe hätte ich gelacht. Einen eifersüchtigen Ehemann konnte ich völlig ausschließen. Aber es war jemand bei Béla gewesen, da war ich sicher. Ich hatte doch dieses Geräusch gehört, als ich um sieben mit ihm telefonierte, wie das Rascheln von Stoff. Und seine Nervosität.
    Ich wollte fragen, ob sie in meinem Bad noch mehr entdeckt hatten als nur ein offenes Fenster. Aber ich brachte keinen Ton über die Lippen. Offermann nahm wohl an, er habe mich mit seiner Direktheit schockiert. Er wechselte das Thema, wollte wissen, wer, außer Béla und mir, Schlüssel zum Haus und zur Wohnung hatte.
    »Nur unsere Putzfrau«, sagte ich.
    Ich hatte meinen Schlüssel nicht benutzen müssen. Aber der Schlüsselbund war in meiner Tasche. Ich hatte ihn jedes Mal gesehen, wenn ich eine neue Zigarette herausnahm. Seinen Mörder hereingelassen, dachte ich. Nur einmal angenommen – es war Irrsinn, das zu denken – , aber nur einmal angenommen: Dierk Römer setzte sich am Vormittag, nachdem er mich zum Zug nach Frankfurt gebracht hatte, in seinen Wagen und kam hierher. Einfach nur, um mit Béla zu reden, um ihn zu überzeugen, dass ich Ruhe und Abstand brauchte. Natürlich hätte Béla ihn hereingelassen. Sie kannten sich zwar nicht persönlich, der Name Römer jedoch war Béla ein Begriff. Aber wieso lag er dann im Schlafzimmer? Er wäre doch mit Dierk in den Wohnraum gegangen.
    Nachdem ich die Zigarette ausgedrückt hatte, verlangte Offermann erneut und diesmal sehr energisch, dass ich nun endlich mit ihnen hinaufging, um den Toten zu identifizieren. Eine reine Formsache, sagte er, als ob mir das geholfen hätte. Bis dahin war es noch irgendwie abstrakt gewesen. Plötzlich war es real. Mir war heiß. Im November, im Treppenhaus, bei weit geöffneter Eingangstür und Außentemperaturen von höchstens fünf Grad. Offermann ging voraus, ich in der Mitte, der zweite Beamte war dicht hinter mir. Vielleicht dachten sie, ich würde rückwärts die Treppe hinunterfallen oder weglaufen, wenn sie nicht auf mich aufpassten. Vielleicht wäre ich weggelaufen, wenn niemand hinter mir gewesen wäre.
    Auch die Wohnungstür stand offen. In der Diele roch es merkwürdig.

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