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Bélas Sünden

Bélas Sünden

Titel: Bélas Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Bett.«
    Ich fauchte zurück: »Dahin kommst du auch noch.«
    Zur Antwort bekam ich: »Ich gehe morgen nach der Schule zu Meta. Ich stinke bereits, ich muss mal baden. Du kannst nicht von mir verlangen, dass ich mich in den Schuppen stelle. Und du wärst auch wahrscheinlich nicht einverstanden, wenn Béla mir anschließend den vorgewärmten Bademantel bereithält.« Das hatte sie also mitbekommen. Dann ging sie auf die Tür zu, drehte sich noch einmal um. Sie hatte Tränen in den Augen. »Das verzeihe ich dir nie. Nie in meinem Leben.« Das tat sie auch nicht. Am nächsten Morgen war sie bereits aus dem Haus, als ich um halb sieben in die Küche kam, um ihr beim Frühstück Gesellschaft zu leisten und noch einmal in Ruhe über alles zu reden. Mittags kam sie nicht heim, wie sie angekündigt hatte. Abends sah ich sie flüchtig durch das Flurstück zur Treppe huschen. Als ich ihr nachging, hatte sie die Tür ihres Arbeitszimmers so weit als möglich zugedrückt. Durch den Spalt zischte sie mich an: »Lass mich bloß in Ruhe.«
    Am nächsten Tag bekam ich sie gar nicht zu Gesicht. Abends erschien Heinz und erklärte, dass meine Tochter seit Mittag bei Meta saß und sich die Augen aus dem Kopf weinte. Er klopfte mir auf die Schulter und tröstete: »Mach dir keine Sorgen, Lisa. Sie kriegt sich schon wieder ein. In dem Alter sind sie ein bisschen schwierig. Lass sie ein paar Tage bei uns. Sie kann bei Marion im Zimmer schlafen.« Das tat sie von da an öfter. All die Jahre war ich gut mit ihr ausgekommen, hatte mir eingebildet, wir hätten ein Verhältnis, wie es zwischen Mutter und Tochter nicht besser sein könne, daran hätte auch Béla nichts geändert. Und plötzlich war da diese Wand zwischen uns, auf der in dicken, schwarzen Buchstaben gepinselt stand: »Bélas Traum.« Anfangs dachte ich noch, das gibt sich wieder. In den ersten Wochen nach dem Umzug war ich ohnehin ziemlich beschäftigt. Die Eröffnung musste vorbereitet werden. Béla war viel unterwegs, um die diversen Einkäufe zu tätigen, ein paar Aushilfskellner für den Abend zu verpflichten und zusammen mit Andreas und Werner für die Galavorstellung zu proben. Ich nahm Bierfässer in Empfang, schrubbte den Saal, verteilte Lampions, Girlanden, rotgrün karierte Tischdecken, Aschenbecher und Blumenväschen mit Nelken. Spätabends richtete Béla das Podium für die musikalische Darbietung her. Die Lautsprecher wurden in Position gebracht, Unmengen von Kabeln verlegt. Ich spülte derweil sämtliche Gläser, Teller, Tassen und das Besteck mit der Hand, weil man die Biergläser nicht dem Geschirrspüler anvertrauen durfte. Es gäbe dann keinen richtigen Schaum, hatte uns der Vorpächter erklärt. Aber der Geschirrspüler durfte ohnehin nicht laufen, weil wir unser Schlafzimmer vorheizen wollten. Das Wetter hinkte immer noch dem Kalender hinterher. Und wir rechneten damit, dass Sonja gegen Abend heimkam. Sie sollte auch nicht im kalten Zimmer sitzen müssen. Mir war zum Heulen zumute. Ich fühlte mich degradiert, aber Bélas hoffnungsfrohe Erwartung wirkte ansteckend. Er schäumte förmlich über von rosigen Zukunftsvisionen. Dass ich gleich nach der Eröffnung eine Putzfrau bekäme, war selbstverständlich. Kein Mensch erwartete, dass ich morgens in aller Herrgottsfrühe aufstand, den Tresen polierte oder gar die Klos schrubbte. Es wurde leider nichts daraus. Es ging so ziemlich alles schief, was schief gehen konnte.

    Der Eröffnungsabend war noch ein Erfolg. Das Bier floss in Strömen, die Aushilfskellner wieselten mit voll beladenen Tabletts durch den Saal, dass es eine Freude war. Im Schankraum war ebenfalls jeder Tisch besetzt, und vor dem Tresen standen sie in Doppelreihen. An dem Abend war auch die Küche geöffnet, ausnahmsweise, wir wollten daraus keine Regel machen. Es gab nur Kleinigkeiten; Kartoffelsalat mit Würstchen, kalte Koteletts und Schnittchen. Béla und seine Freunde begeisterten die Anwesenden mit modernen Rhythmen. Im Saal wurde getanzt. Punkt zwölf stand Béla auf, nahm Andreas das Mikrophon aus der Hand, bat seine Gäste um Verständnis und ein bisschen Platz in der Saalmitte. Er möchte jetzt einmal mit seiner Frau tanzen, sagte er. Er sagte tatsächlich: »Mit meiner Frau.« Da wusste ich, dass er zu mir gehörte, auch wenn er neben Andreas saß. Werner setzte sich ans Keyboard, Andreas schlug die ersten Akkorde auf der Gitarre an. Der Gitarrentango, irgendwann hatte ich Béla erzählt, wie sehr ich dieses Stück mochte. Dass ich

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