Bélas Sünden
Ob normalerweise viel Geld in der Wohnung war, ob es einen Tresor gab. Ob Béla nachlässig war, wenn er aus dem Haus ging. Zum Beispiel, dass er Türen und Fenster offen ließ. Anscheinend dachte er nun an eine günstige Gelegenheit für einen Mann, der sich auskannte und wusste, dass niemand zu Hause war. Das war ausgemachter Schwachsinn. Ich konnte fast wieder normal denken. Was war denn mit der Frau, die unsere Wohnung in großer Eile und durch den Garten verlassen haben sollte? Und was war mit dem offenen Fenster in meinem Bad? Ganz automatisch beantwortete ich Offermanns Fragen. Einen Tresor hatten wir nicht, nur eine Kassette in Bélas Arbeitszimmer. Da konnte nicht viel drin sein. Béla brachte die Tageseinnahmen regelmäßig zur Bank. Und Heinz war kein Dieb. Das behauptete Offermann auch nicht. Ich wartete darauf, dass er mich nach einer Waffe fragte – die offene Schranktür in Bélas Schlafzimmer –, dass er sich zumindest erkundigte, ob eine Waffe in der Wohnung gewesen wäre. Es war eine da gewesen. Béla hatte sich eine gewünscht, nur zur Sicherheit. Und ich hatte mich darum gekümmert, dass sein Wunsch in Erfüllung ging. Wie auch das Lokal, gehörte die Pistole offiziell mir. Geschossen hatte Béla nur zweimal damit, zum Ausprobieren, auf Blechdosen im freien Feld. Danach hatte er die Waffe zwischen die Wäsche in seinen Schrank gelegt. Da musste sie sein. Ob die Polizei noch nicht nachgeschaut hatte? Oder hatten sie nichts gefunden? Aber die Schachtel mit der Munition hätten sie doch sehen müssen, wenn sie Bélas Schrank kontrolliert hatten. Offermann fragte nicht danach, wollte nur wissen, ob Heinz seine Frau schon mal begleitet hätte, wenn sie hier sauber machte. Nein, bestimmt nicht. Außerdem kam Meta am Morgen und war immer kurz vor Mittag mit der Arbeit fertig. Heinz war hergekommen, um mit Béla zu sprechen, eine andere Möglichkeit sah ich nicht. Er war doch nicht nur mein Freund gewesen, wollte zuerst mit Béla reden, von Mann zu Mann, wie es so schön heißt.
»Jetzt sei vernünftig. Wenn Lisa dahinter kommt, mit wem du dich amüsierst, ist der Teufel los. Das lohnt sich doch nicht. Willst du dafür alles aufs Spiel setzen?«
Dann mit mir, morgen Abend.
»Ich habe mich mal in aller Ruhe mit Béla unterhalten. Die Sache ist längst ausgestanden, du brauchst dir wirklich keine Sorgen mehr zu machen.«
Lieber, guter Heinz. Irgendetwas war schief gegangen. Die Pistole! Ich musste nachsehen, ob sie noch im Schrank lag. Es war unmöglich, solange Offermann mich mit seinen Fragen festhielt. Ich hätte auch nicht hinaufgehen können, solange Heinz noch oben lag. Offermann fragte, wann genau ich zuletzt mit Béla gesprochen hätte. Kurz vor sieben! Worüber wir gesprochen hatten, interessierte ihn nur noch in einem Punkt. Er ging natürlich von meiner Ankunftszeit daheim aus. Wenn ich meinem Mann also gesagt hatte, dass ich kurz nach zehn am Kölner Hauptbahnhof einträfe, durfte man davon ausgehen, dass Béla das Haus etwa um Viertel nach neun verlassen hatte, um mich abzuholen. Eine halbe Stunde später hatte der alte Dussing den ersten Schuss gehört, gleich darauf den zweiten, den dritten, den vierten. Der Tatsache, dass Béla nicht am Bahnhof gewesen und auch zwischenzeitlich – für den Fall, dass wir uns verpasst hätten –, noch nicht wieder eingetroffen war, maß Offermann scheinbar keine Bedeutung zu. Beiläufig erkundigte er sich, welchen Wagen Béla fuhr; Farbe, amtliches Kennzeichen. Sein Kollege ging daraufhin für ein paar Minuten hinaus. Was er machte, musste mir niemand erklären. Jetzt leiten sie die Fahndung nach ihm ein, dachte ich. Sag es ihm, Lisa, sag ihm, dass du Béla am Telefon mit deiner Ankunftszeit belogen hast. Sag ihm auch, warum, er erfährt es ja doch. Sag ihm, was du vermutest. Es kommt ja doch raus, es kommt alles raus. Offermann kam wieder auf Meta zurück. Heute war doch unser Ruhetag. Bestand die Möglichkeit, dass Meta nicht am Vormittag sauber gemacht hatte, sondern erst gegen Abend, und dass Heinz sie ausnahmsweise doch einmal begleitet hatte? Woher sollte ich das wissen? Es war noch nie vorgekommen. Aber es war ein Strohhalm. Warum sollten sie nicht ausnahmsweise einmal zusammen hergekommen sein und einen Fremden in der Wohnung überrascht haben, der die Pistole in Bélas Schrank schon gefunden hatte, nun in meinem Schlafzimmer nach Schmuck oder Geld suchen wollte, sofort auf Heinz schoss? Und Meta floh in Panik über den Balkon. Irgendwann sah
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