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Bélas Sünden

Bélas Sünden

Titel: Bélas Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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gleich«, sagte Offermann.
    »Ich brauche keinen Arzt. Ich bin in Ordnung.«
    Das war ich nicht. Es stand auf der Kippe, das fühlte ich. Jeden Augenblick konnte ich abstürzen, mitten hinein in den Wahnsinn. Es war doch Wahnsinn. Aber allmählich bekam ich meine Gedanken unter Kontrolle, wenigstens in diesem einen Punkt. Béla war nicht tot. Es war tröstlich und immer noch entsetzlich, immer noch furchtbar und grauenhaft, aber es war auch gut.
    »Das ist nicht Ihr Mann?«, vergewisserte Offermann sich zum dritten oder vierten Mal mit zweifelndem Unterton. Ich schüttelte noch einmal den Kopf. Sie waren mehr als überrascht. Auf die Idee waren sie noch nicht gekommen, wie auch? In der Wohnung standen keine Fotografien offen herum, die ihnen einen Vergleich erlaubt hätten. In Fotoalben hatten sie verständlicherweise noch nicht geblättert. Der alte Dussing war nicht bereit gewesen, sich die Leiche anzuschauen.
    »Nein, meine Herren. Das können Sie nicht von mir verlangen. Da spielt mein Herz nicht mit.«
    Er hatte sich nur eine kurze Beschreibung angehört, Größe, Figur, dunkles, lockiges Haar, und dann gesagt:
    »Das ist Béla.«
    Und er lag da oben, als ob er dahin gehörte. Mit Hose, Hemd und Strickjacke bekleidet, Pantoffel an den Füßen, keine Papiere, keine Schlüssel in der Tasche. Drei Schusswunden in der Brust und eine im Kopf. Offermann fragte, ob ich den Mann kenne. Natürlich kannte ich ihn – seit achtzehn Jahren. Ich kannte ihn nicht nur, ich liebte ihn auch ein bisschen. Immer noch, sonst hätte mich sein Anblick kaum so außer Fassung gebracht, dass ich zuerst nur
    »O mein Gott, nein«
    schreien konnte. Ist es für einen Mann, der immer von Freiheit und Abenteuer träumte, ein würdiges Ende, erschossen zu werden? Hätte er das einem Herzversagen in späteren Jahren oder einem Unfall mit dem Motorrad vorgezogen? Armer Heinz, kaum anzunehmen, dass man ihn vorher danach gefragt hatte. »Seine Frau arbeitet für uns«, sagte ich. Ja, so weit hatten wir es gebracht. Meine Putzfrau und ich. Nicht genug damit, dass Meta mir ihren Mann für runde sieben Jahre als Trost in einsamen Stunden abgetreten, dass sie sich jahrelang um meine Tochter gekümmert hatte, damit ich Geld verdienen konnte. Jetzt machte sie auch noch meinen Dreck weg. Als wir vor zwei Jahren das Musikstübchen eröffneten, fragte sie mich nach der Putzstelle. Recht war es mir nicht, ich hatte ihr gegenüber in dieser Hinsicht große Hemmungen und zählte ihr ein paar von meinen Gründen auf. Meta sah das anders.
    »Red doch keinen Quatsch! Zwischen uns beiden ist nie etwas gewesen, worüber ich mich aufgeregt hätte. Gelitten habe ich auch nicht. Und ich hatte nie das Gefühl, von dir ausgenutzt zu werden. Also, was soll’s. Du brauchst eine Putzfrau, Lisa, und ich brauche das Geld.«
    Das brauchte sie wirklich, Heinz hatte sich mit der Zeit, zusätzlich zum Motorrad, noch ein zweites und kostspieliges Hobby zugelegt, seine älteste Tochter, den Goldfasan im Hühnerhof, dem er jeden Wunsch von den Augen ablas. Weil er im Gegenzug von Marion bekam, was wir alle brauchen, Bewunderung, Anerkennung und Liebe. Papa, der starke Mann, der einsame Wolf, dem Marion dann von Zeit zu Zeit das Fell über die Ohren zog. Es war ihr nicht allzu gut bekommen, von Heinz dermaßen verwöhnt und bevorzugt zu werden. Die Ansprüche wuchsen genauso wie Marion selbst. Mit acht Jahren hatte sie erklärt, dass sie Papa eines Tages heiraten werde. Und dabei spielte sie mit der Puppe, die er ihr zum Geburtstag geschenkt hatte, die laufen, sprechen und das Höschen nass machen konnte, schon einmal vorab Vater-Mutter-Kind. Mit vierzehn behauptete Marion immer noch, für sie käme nur ein Mann infrage, wie Papa einer war. Aber da musste es zu Weihnachten schon eine komplette Wintergarderobe sein. Und kein billiges Zeug aus der Kaufhalle. Aber mehr als das, was sie von Heinz bekam, hatte Marion auch nie gehabt. Meta behandelte das Mädchen mit einer besonderen Art von Gehässigkeit, ging in der Fürsorge für die beiden Jüngsten auf, tat häufig so, als ob die Älteste nicht existiere, beklagte sich jedoch regelmäßig, dass Heinz es Marion »hinten und vorne zusteckte«
    und für den Rest der Familie kaum etwas übrig blieb.
    »Wenn ich nicht putzen ginge…«
    Als sie mich um die Putzstelle bat, hatte sie noch die feste Anstellung in der Grundschule. Und ich begriff nicht, warum sie die aufgeben wollte.
    »Da bin ich den ganzen Nachmittag weg«, sagte

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