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Bélas Sünden

Bélas Sünden

Titel: Bélas Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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gewesen, sich zu lösen. Und das hatte sie nicht geschafft. Und weiter im Text: Die ersten Monate, in denen der junge Mann sich von seinen Verletzungen erholt und verliebt. Die Zeit nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus, das Bein geheilt, das Herz entflammt. Ich sah ihn noch vor meiner Wohnungstür stehen – an dem Weihnachtstag. Und so wie er damals in unseren friedlichen Nachmittag mit Omas selbst gebackenen Plätzchen und dem Kinderchor aus dem Radio eingedrungen war, so war er vermutlich auch in die Beziehung zwischen Meta und ihrem Vater eingebrochen. Ahnungslos und unbeschwert, draufgängerisch, ein Hans Dampf in allen Gassen. Unbekümmert noch für eine kurze Zeit. Sie gaben seinem Drängen nach, als Meta schwanger wurde. Das Standesamt, drei Monate mit dem Schwiegervater unter einem Dach. Er wusste nicht, dass dieser Mann sein Rivale war. Aber instinktiv lehnte er ihn ab und brachte Meta dazu, ihr Elternhaus zu verlassen. Die neue Wohnung, die Nachbarin. Die Mineralölsteuer zur Silvesterbowle, ein Tanz vor dem Ikea-Couchtisch. Ein kleines Spiel mit dem Feuer, die schwangere Frau schlafend im Nebenzimmer. Die Jahre, in denen ich regelmäßig mit Heinz schlief. Metas Verhalten in der Zeit und ihr Verhalten, als ich die Beziehung beendete, dass sie mich praktisch aufforderte, sie erneut aufzunehmen. Es erschien mit einem Mal in einem anderen Licht. Aber es erschien vieles in einem anderen Licht. Ich hätte gerne einmal mit Sonja darüber gesprochen. Die Bemerkung über Väter, die mit ihren Töchtern schliefen, die sie im April gemacht hatte, ließ darauf schließen, dass Meta ihr irgendwann etwas erzählt hatte. Aber mit Sonja zu reden, bei dem zwiespältigen Verhältnis, das wir hatten, ihr zu erklären, dass ich über die Böhrings schrieb? Hauptsache, du hast einen Mann im Bett. Hauptsache, du hast Erfolg. Lieber nicht. Ich erinnerte mich selbst an vieles. Und so, wie ich mich daran erinnerte, schrieb ich es 211 nieder. Die ersten Monate der Ehe, Nachtdienst und regelmäßige Besuche beim Vater. Und er kam sonntags zu Besuch, verbrachte mit Tochter, Schwiegersohn und
    »Enkelkindern«
    einen gemütlichen Nachmittag. Ein paar Jahre lang. Die Sonntagnachmittage später, wenn Heinz auf Schicht war und Meta die Kinder nach dem Essen zum Spielplatz schickte. Wie oft hatte ich es gehört, wenn ich an der Schreibmaschine saß. In meiner Wohnung war es still. Dann hörte ich die Kinderstimmen im Treppenhaus und wenig später die festen Schritte, das Klingeln in der Nachbarwohnung. Metas Stimme:
    »Tag, Papa. Ich habe schon auf dich gewartet.«
    Und der eine Sonntag, an dem ich ihn nicht hatte kommen hören, hinüberging und Meta mich auf einen Kaffee hereinbat. Als sie mir nachdrücklich versicherte, dass ich nicht störe. Als es ihr anscheinend nicht recht war, dass ich nach einer Tasse Kaffee wieder ging. Warum nicht? Weil sie dann mit ihm ins Bett gehen musste? Aber sie musste doch nicht! Sie war erwachsen, hätte nein sagen können. Bei Heinz hatte sie das unentwegt getan. Fragen! Warum hatte sie Heinz überhaupt geheiratet? Ein uneheliches Kind war auch damals kein Weltuntergang mehr gewesen. Den Vater musste man nicht unbedingt angeben. Und davon abgesehen, sie hätte das Kind nicht bekommen müssen, in ihrem Beruf hätte es Mittel und Wege gegeben. Aber sie bekam das eine und noch zwei andere. Noch mehr Fragen: Was machte Heinz so sicher, dass Susanne und Anika seine Töchter waren? Wann hatte er bemerkt, was zwischen seiner Frau und seinem Schwiegervater vorging? Erst nach Jahren, da war ich mir 212 ziemlich sicher, als er ihn die Treppen hinuntergeprügelt hatte. Auf meinem Schreibtisch lagen Unmengen von Zetteln, auf denen ich mir die wichtigsten Fragen notiert hatte. Was empfand Meta, wenn sie mit ihrem Vater schlief? Was empfand sie bei Heinz? Was empfand sie beim Anblick des Kindes? Das Schlimmste, was mir passieren konnte, hatte sie damals gesagt. Und wie häufig hatte Marion als Säugling geschrien. Mir fiel ein, dass ich einmal abends von der Arbeit kam und Sonja abholen wollte. Meta öffnete mir die Tür, ging vor mir her ins Wohnzimmer. Dort saß Sonja auf der Couch. Meta setzte sich neben sie, nahm sie auf den Schoß, wo Sonja offenbar auch vorher gesessen hatte. Meta griff nach einem Kinderbuch und las die Geschichte von Putzibär. Und aus einem der Kinderzimmer drang das klägliche, erschöpft klingende Wimmern des Säuglings. Ich streckte die Arme nach Sonja aus und sagte:
    »Gib sie

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