Belisla Piraten 01: Piratenjunge
hätte: Abdrehen und dem Gewittersturm davon segeln. Schnell war der Rote Bukanier nicht mehr zu sehen. Die feindlichen Piraten hatten aufgegeben. Die Falken hatten ihren Gegner getauscht, der Sturm war ebenfalls ein formidabler Feind!
Johnny kletterte wie in Trance vom Ausguck, mehrfach wurde das Schiff so stark herum geschleudert, dass er sich mit beiden Händen an der Takelage festkrallen musste und sein Körper frei in der Luft im Wind schlackerte. Aber dann war er unten. Er wankte in Richtung Steuerdeck, seine weichen Knie machten es schwierig, die Treppenstufen hoch zu gehen. Die Matrosen hatten Halteseile über das Deck gespannt, damit man eine Hand für das Schiff hatte. Sankt Steven zog ihn mit seiner guten Hand hinauf. »Gut gemacht, der harte Teil steht uns bevor.« Er wies mit seinem Haken nach oben. »In dem Sturm wäre es zu gefährlich da oben.«
Und das sagt er erst jetzt, dachte Johnny.
Die Segel wurden auf das Notwendigste gerefft, und doch war es zu viel für diese Sturmfahrt. Vier Männer waren mittlerweile notwendig, um das Ruder festzuhalten. Alle anderen krallten sich in die Takelage oder an die Sturmseile. Die riesigen Wellenberge gingen pausenlos auf das Deck nieder, alle Klappen und Luken waren fest verschlossen, damit so wenig wie möglich Wasser unter Deck drang. Johnny hatte kein Zeitgefühl mehr, ob es Nacht oder Tag war, ob sie bereits zehn Stunden oder zehn Minuten im Sturm zugebracht hatten. Nach einer Weile merkte man, dass das Schiff nicht mehr so stark schwankte.
»Ist der Sturm jetzt vorbei?«, fragte Johnny.
Sankt Steven knirschte laut hörbar mit den Zähnen. »Im Gegenteil, jetzt wird es härter.« Er nickte Toto zu und dieser brüllte über Deck: »Wasser im Schiff, Kanoniere zu den Pumpen!« Er schlug Johnny auf die Schulter. »Los, Ihr auch.«
Johnny wankte den Kanonieren hinterher. Unter Deck war zwar der Lärm des Gewitters etwas gedämpfter, aber man hörte das Knirschen der Spanten und das Knarren der Hülle des Schiffes deutlich. Das Unterdeck war bereits zu fast einem Drittel vollgelaufen; das Wasser schwappte träge von Kabine zu Kabine. Vormals nicht gesicherte Einrichtung trieb in den Fluten, in der Tiefe des Hauptflurs sah man eine Ratte von backbord nach steuerbord von Kabine zu Kabine schwimmen.
Zündel Zorn erklärte: »Mehr Wasser darf jetzt nicht eindringen, sonst gehen wir unter, wenn eine besonders schwere Welle uns unter Wasser drückt.« Das Wasser unter Deck reichte Johnny bis zum Bauchnabel, und er musste diverses Treibgut aus dem Weg schieben als sie durch den Mittelgang des Schiffes wateten. Zündel Zorn wies auf das Gerät in der Mitte des Laderaums. »Das ist unsere Pumpe.«
Zwei Holzräder, ungefähr so groß wie Traktorenreifen, waren auf einer großen Achse befestigt. Die Sprossen an der Außenseite bildeten ein Paar endloser Leitern. Dazwischen eine Eimerkette, die soeben von zwei Matrosen auf dem Hauptdeck installiert wurde. Zwei der Matrosen gingen jeweils an die Querstreben der Räder und fingen an, mit Händen und Füssen hinauf zu klettern. Sofort setzte sich klappernd die Kette in Bewegung und die großen Eimer transportierten Wasser nach oben. Die anderen halfen so gut es ging und drehten an der Außenseite der Räder. Nach einer Minute mussten die Leiterkletterer bereits pausieren, so anstrengend war die Arbeit. Johnny blickte kritisch auf den Wasserspiegel, vom Gefühl her war das Wasser genau so hoch wie vorher. Aber man konnte den tatsächlichen Wasserpegel nicht festlegen, da das Wasser ständig nach links, rechts und vorne und hinten schwappte.
Nach einer weiteren Minute war erneut Ablösung. Johnny war dran. Es war wie im Sportunterricht an der Schule, wenn man beim Zirkeltraining die Sprossenwand schnell hoch klettern sollte. Nur dass die Sprossen hier nass waren. Und die Kleidung, sie zog Johnny extra nach unten. Und die Sprossenwand hörte nicht auf. Die Minute war endlos, Johnnys Arme und Beine fingen erst an schlapp zu werden, dann taten sie weh, dann brannten sie und dann bekam Johnny Blasen an den Händen.
Zündel tippte ihm schließlich auf die Schulter und Johnny ließ sich dankbar ablösen, völlig außer Atem. Er ließ sich ins Wasser plumpsen und trieb für einen Moment im Laderaum, um die Muskeln zu entspannen. Aber es war nicht für lang: nach fünf Minuten war Johnny erneut dran.
Johnny verlor jegliches Zeitgefühl, seine Welt bestand aus dem Laderaum des Schwarzen Falken und dem regelmäßigen
Weitere Kostenlose Bücher