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Bell ist der Nächste

Bell ist der Nächste

Titel: Bell ist der Nächste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Dolan
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entlaufen, und er hat ihn wiedergefunden.«
    »Der gute Samariter.«
    Shan nickte. »Es wird noch besser. Sie hat ihn noch mal gesehen – das muss gewesen sein, nachdem er mit Delacorte und Rhiner zu tun gehabt hatte. Aber er wirkte absolut normal. Er erzählte ihr, dass er wegmüsse, dass er aber nicht gehen wolle, ohne sich zu verabschieden.«
    »Keine Skrupel«, meinte Elizabeth.
    »Er bleibt absolut ruhig, wenn er unter Druck gerät. Zu ruhig. Das gibt mir zu denken, und zwar, dass er vielleicht nicht ganz richtig tickt.« Shan drehte sich mit seinem Stuhl herum und sah Elizabeth an. »Die Wohnung war gruselig, selbst wenn man sich die Leiche auf dem Fußboden mal wegdachte. Keine Möbel, die Schränke fast leer. Es wäre beinahe besser gewesen, wenn er an den Wänden lauter Bilder von Callie Spencer gehabt hätte. Das hätte der Wohnung wenigstens etwas Persönliches verliehen.«
    »Sein Aufbruch war überstürzt. Hat er denn nichts Persönliches zurückgelassen?«
    »Bloß Bücher und Kleidung.« Shan wandte sich wieder seinem Computer zu und klickte eines der zahlreichen Fotos auf seinem Bildschirm an, sodass es sich vergrößerte.
    Elizabeth betrachtete das Foto. Es zeigte eine kleine Blechdose, vielleicht für Pfefferminzdragees, mit einem weißen Etikett auf dem Deckel.
    »Wo hast du das gefunden?«, fragte sie.
    »Im Schlafzimmer.«
    Auf dem Etikett stand ein Wort. Sie erkannte Larks Handschrift wieder.
    »Sumatriptan«, sagte Shan. »Es wird bei Kopfschmerzen verwendet.«
    »Er hat in der Apotheke neben Cephalexin auch Sumatriptan erpresst.«
    »Das muss er getan haben, weil sein eigener Vorrat zur Neige ging. In der Blechdose waren nur noch fünf Tabletten.«
    »Glaubst du, er hat sie auf der Straße gekauft?«, sagte Elizabeth. »Gibt es einen Schwarzmarkt für Sumatripan?«
    »Ich glaube nicht. Aber wir können ihn fragen, wenn wir ihn finden.« Shan erhob sich von seinem Stuhl. »Wie fühlst du dich?«
    Sie warf ihm einen verhaltenen Blick zu. »Was meinst du?«
    »Du weißt schon. Nach dem, was geschehen ist – dem Schuss auf David.«
    »Mir geht’s gut, Carter.«
    »Weil der Boss sich schon ein paar Gedanken macht. Er ist jetzt zu Hause, aber ich habe bereits mit ihm gesprochen. Er wollte meine Meinung hören.«
    »Worüber?«
    Shan hob die Schultern. »Darüber, ob er dich weiter an dem Fall arbeiten lassen soll. Lark hat auf deinen –« Er hielt inne, und sie konnte förmlich sehen, wie er die Möglichkeiten abwog: Freund, Partner, Liebhaber. Er beschloss, noch einmal neu zu beginnen: »Lark hat auf David geschossen. Also stellt sich die Frage, ob du noch objektiv sein kannst –«
    Elizabeth lächelte. »Ach, so ist das?«
    »Ich habe ihm gesagt, dass er sich grundlos Sorgen macht – dass du dich so professionell verhältst wie immer. Darüber hinaus habe ich meine Meinung für mich behalten.«
    »Wie, darüber hinaus?«
    Wieder das leichte Anheben seiner Schultern. »Dass Anthony Lark, falls du Rache an ihm nehmen wolltest, nicht den Hauch einer Chance hätte.«
    Sie streckte die Hand aus und rückte ihm die Krawatte zurecht. »Das ist vielleicht das Netteste, was du jemals zu mir gesagt hast, Carter. Also, wie werden wir ihn denn nun finden?«
    »Das sollte nicht schwer sein«, sagte Shan und griff nach seinem Jackett über dem Stuhlrücken. »Ich dachte, wir fangen mal mit seiner Mutter an.«

    Anthony Larks Mutter Helen wohnte in Dearborn, in einem Haus mit abgeblättertem gelbem Anstrich. Der Gehsteig vor dem Haus war voller Risse und uneben, aber der Rasen war gemäht, und im Garten blühten Blumen in Beeten, die von Steinen eingefasst waren.
    Schon um halb zehn Uhr morgens waren junge Mütter in der Nachbarschaft unterwegs, schoben ihre Kinderwagen vor sich her. Viele der Frauen trugen Kopftücher.
    »Es sind Libanesinnen«, sagte Helen. »Sie heiraten sehr jung und bekommen dann sofort Kinder. Manchmal möchte ich sie fragen, warum sie eine solche Eile haben, aber es geht mich nichts an. Ich wünsche ihnen viel Glück.«
    Helen war eine bescheidene Frau. Sie trug eine gebügelte Hose, eine Bluse mit verschlissenem Kragen und einer geflickten Stelle am Ärmel. Ihr blondes Haar war schon deutlich weiß gefärbt, ihr Gesicht faltig. Sie trug eine Brille mit Schildpattgestell.
    Sie saß auf einem von zwei Klappstühlen auf der Veranda vor dem Haus, hatte Elizabeth den anderen angeboten. Carter Shan lehnte sich gegen das Geländer.
    »Sie glauben sicher, ich bin eine schreckliche

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