Bell ist der Nächste
mehrere gebrochene Rippen«, sagte sie. »Seine rechte Hand ist comicmäßig geschwollen.«
Sie hatte im Krankenhaus mit Rhiner gesprochen. Von ihm wusste sie, dass Lark seine und Delacortes Pistole an sich genommen hatte. Das war alles, was er ihr von den Ereignissen erzählen wollte.
»Wie ist es Lark denn gelungen, den beiden zu entkommen?«, fragte ich.
»Keine weiteren Fragen, David.«
»Und wie haben sie ihn überhaupt ausfindig gemacht?«
»Nichts mehr. Schlaf weiter.«
Die Nacht zog sich in die Länge, bis es endlich dämmerte. Ich erinnere mich daran, dass ich im Traum Lucy Navarro sah. Zuerst mit der Schildkröte, dann mit dem streunenden Hund vor Nick Dawtreys Haus, dem sie Wasser gab. Ich erinnere mich daran, wie ich versuchte, mich aufzusetzen, und wünschte, ich hätte es nicht getan. Wie Elizabeth mir half, mich wieder hinzulegen.
»Lucy ist verschwunden«, sagte ich.
»Ich weiß.«
»Lark hat gesagt, er hat sie nicht mitgenommen. Er sagte, es sei ein blauer Kleinbus gewesen.«
»Das hast du mir schon erzählt.«
Ich lag still und versuchte, wieder an einen Ort zu gelangen, an dem es nicht schmerzte zu atmen. Elizabeth strich mir mit den Fingerspitzen über die Stirn.
»Ich kann mich nicht daran erinnern, ob du mich gefragt hast, was ich vor Lucys Hotel zu suchen hatte«, sagte ich irgendwann.
»Hab ich nicht«, sagte sie. »Aber die Frage ist mir auch schon gekommen.«
»Sie wollte mit mir reden. Sie brauchte einen Rat. Mehr war es nicht.«
»In Ordnung.«
»Lucy hatte die letzten beiden Tage das Haus der Spencers überwacht. Hat an der Straße in ihrem Beetle geparkt. Es ist ausgeschlossen, dass sie das nicht bemerkt haben.«
»Vielleicht haben sie das. Das heißt aber nicht, dass sie sie entführt haben.«
»Sie hängen da mit drin – die Spencers oder Alan Beckett. Ich traue Beckett nicht.«
Elizabeth beugte sich zu mir herunter und küsste mich auf den Mund. »Ich möchte nicht, dass du dir Sorgen darüber machst, David. Das ist weiß Gott nicht dein Problem.«
34
Donnerstagmorgen. Elizabeth traf sich mit Carter Shan um acht in der Arrestzelle der Ermittlungsabteilung in der City Hall. Er überspielte gerade Bilder von seiner Digitalkamera auf seinen Computer – Bilder vom Tatort in Anthony Larks Wohnung.
Sie reichte ihm einen Becher Kaffee, mit Milch und ohne Zucker. Einen weiteren hatte sie für sich selbst mitgebracht. Sie stand hinter seinem Stuhl und betrachtete die Bilder auf seinem Bildschirm.
»Hast du letzte Nacht überhaupt geschlafen?«, erkundigte sie sich.
»Genug.«
Es konnten höchstens zwei oder drei Stunden gewesen sein, dachte sie. Aber er sah hellwach aus. Er hatte einen frischen Anzug an. Das Jackett hing über dem Stuhlrücken.
»Wie geht’s … David?«, fragte er. Ein Zögern, beinahe hätte er »Wie geht’s Loogan?« gesagt, aber er bremste sich gerade noch.
»Die Wunde wird verheilen«, sagte Elizabeth. »Er wird eine interessante Narbe davontragen.«
Eine Reihe von Fotos auf dem Monitor: Walter Delacortes Leiche aus verschiedenen Blickwinkeln. Eine Nahaufnahme des Montierhebels. Dann ein Paar Handschellen auf dem Fußboden. Ein Kochmesser.
»Ich bin heute Morgen im Krankenhaus gewesen«, sagte Shan. »Paul Rhiner redet nach wie vor nicht. Ich habe ihn ins Gesicht gefragt, ob es Lark war, der Delacorte den Montierhebel reingerammt hat. Er hat nicht geantwortet.«
Sie sah ihm zu, wie er den Plastikdeckel vom Becher nahm und in den Müll schnippte.
»Glaubst du, dass es Rhiner vielleicht selbst war?«, fragte sie.
»Das würde erklären, warum er nicht reden will«, sagte Shan. »Und vielleicht noch ein paar Dinge mehr. Warum sich Lark zum Beispiel mit zwei bewaffneten Männern anlegen und gegen sie gewinnen konnte. Falls Rhiner und Delacorte in eine Auseinandersetzung geraten sind, dann haben sie unter Umständen schon die halbe Arbeit für ihn getan.«
Er nahm einen Schluck Kaffee und stellte den Becher dann wieder ab. »Es gibt noch andere Hinweise darauf, dass sie vielleicht nicht ganz am gleichen Strang gezogen haben«, sagte er. »Sie sind getrennt voneinander zu Larks Wohnung gefahren – wir haben zwei Fahrzeuge gefunden. Und eine Nachbarin hat sie beide gesehen, aber nicht zusammen.«
»Welche Nachbarin?«
»Die junge Frau von gegenüber«, sagte er. »Mira Talwar. Studiert Maschinenbau an der Universität. Sie hat mit Lark gesprochen, wusste aber nicht, wer er war. Gestern Abend hat er an ihrer Tür geklopft. Ihr Kater war
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