Bell ist der Nächste
Hosenträger trug. Sie hatte weiches graues Haar und eine tröstliche Stimme. Sie zeigte Verständnis, als ich ihr sagte, dass Lark gerade abhaute.
Aber da war sein Wagen bereits außer Sichtweite.
Als die Rettungssanitäter kamen, saß ich auf einer Bank an einem der Picknicktische und hielt ein Hotelhandtuch an meine Seite gepresst. Lucy Navarros Beetle lief ein paar Meter entfernt im Leerlauf.
Die Rettungssanitäter wollten mich auf eine Krankentrage legen. Ich sagte ihnen, das sei nicht nötig, und setzte ihnen meine Theorie darüber auseinander, warum Leute umfielen, wenn auf sie geschossen wurde.
Sie ließen mich sitzend im Krankenwagen fahren.
Später in der Nacht fragte mich Sarah zu Hause, wie ich mich gefühlt hätte, nachdem auf mich geschossen worden sei. Ich sagte ihr, dass es ein bisschen gebrannt habe, aber nicht schlimm. Dass der Schmerz nicht angedauert habe.
Das war aber nicht ganz die Wahrheit.
Wenn Sie Ihren Daumen und Zeigefinger nehmen und Ihre Haut in der Flanke zusammendrücken und wenn Sie dann ganz fest zukneifen, dann bekommen Sie vielleicht eine Ahnung davon, wie es sich angefühlt hat. Und wenn Sie dann etwas Metallisches und Spitzes nehmen, einen Nagel vielleicht, und es im Feuer erhitzen und dann durch das Stück Fleisch stoßen – dann käme das der Wahrheit sogar noch näher.
Ich saß im Krankenwagen und spürte jede Erhebung, jeden Stoß wie einen neuen Nagel. In der Notaufnahme bat mich der Arzt, mich hinzulegen. Er sagte, es sei auf diese Weise leichter für ihn, mich zu behandeln. Ich tat ihm den Gefallen.
Er war ein kräftiger Mann und jung, einer aus diesen Ländern, in denen sie Englisch mit einem liebenswerten Akzent und in einer Art Singsang sprechen. Er sagte mir, dass meine Schusswunde die schönste sei, die er je gesehen habe. »Reiner Durchschuss«, sagte er. »Wenn schon auf Sie geschossen werden muss, dann ist das sicher die beste Art.«
Er sagte mir, die Kugel hätte mit Leichtigkeit eine Rippe treffen können, aber er gehe nicht davon aus.
»Jemand muss auf Sie herabgelächelt haben, mein Freund.«
»Er hat nicht gelächelt«, sagte ich.
Ein paar Stunden später waren sie bereit, mich gehen zu lassen. Inzwischen waren die Wunden gereinigt, genäht und verbunden worden. Man hatte mich geröntgt (»eine reine Vorsichtsmaßnahme, mein Freund«) und mir Antibiotika gegeben. Irgendwann tauchte Elizabeth auf. Ich weiß nicht mehr genau, wann, weil der Arzt mir etwas gegen die Schmerzen verabreicht hatte und mir der Überblick ein wenig abhandengekommen war. Ich erinnere mich daran, wie er ihr Auskunft über meinen Zustand gab. (»Sehr viel Glück gehabt.«) Ich erinnere mich daran, wie sie wegen eines weißen Umrisses auf dem Röntgenbild nachfragte, der wie eine abgeflachte Kugel aussah.
»Ist schon einmal auf ihn geschossen worden?«
»Ja«, antwortete sie.
»Ist er bei der Polizei?«
»Nein.«
»Beim Militär?«
»Nein.«
»Ah, dann hat er wohl ein bewegtes Leben geführt.«
»Kann man so sagen.«
Elizabeth fuhr mich nach Hause. Sarah kam aus dem Haus gelaufen, um mir hineinzuhelfen. Sie stellte ihre Frage danach, wie es sich anfühlte, wenn auf einen geschossen wurde, und ich erzählte ihr meine Lüge.
Dann half Elizabeth mir aus meinen Kleidern. Ich erinnere mich daran, wie sie meine Sachen auf dem Fußboden stapelte: Schuhe und Socken, die Hose, den Krankenhauskittel, den ich anstelle meines ruinierten Hemdes bekommen hatte.
Ich erinnere mich daran, wie ich irgendwann später im Bett lag und ihren Körper an meinem spürte, ihr rechtes Bein, das über meinem linken lag, ihre Hand auf meiner Brust. Ich erlaubte meinen Augen, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, und konzentrierte mich auf die Rundung ihrer Hüfte.
Ihrem Atemrhythmus entnahm ich, dass sie wach war.
»Es war der Mann im karierten Hemd«, sagte ich. »Er hat auf mich geschossen.«
»Ich weiß«, sagte sie. »Das hast du mir schon im Krankenhaus erzählt.«
»Er heißt Anthony Lark.«
»Ich weiß. Schlaf jetzt, David.«
Einige Zeit später wachte ich wieder auf. Ich merkte, dass Elizabeth sich auf einen Ellbogen gestützt hatte und mich betrachtete.
»Er hatte eine Pistole«, sagte ich.
»Schlaf, David.«
»Bislang hatte er keine. Wo hatte er die Waffe her?«
Elizabeth seufzte und erzählte mir dann von Larks Wohnung, erzählte, dass Walter Delacorte tot war. Paul Rhiner würde sich irgendwann wieder erholen.
»Er hat eine Gehirnerschütterung, eine gebrochene Nase,
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