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Bell ist der Nächste

Bell ist der Nächste

Titel: Bell ist der Nächste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Dolan
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überfahren. Das war der andere.«
    Die Worte prallten an Beckett ab. »Und wir vermeiden außerdem«, fuhr er unbeirrt fort, »Szenen wie diese, mit Polizei und Schaulustigen. Das ist für Ihre gesamte Familie peinlich.«
    Casterbridge sah zu Beckett auf, straffte wütend die Schultern.
    »Lassen Sie meine Familie aus dem Spiel, Al.«
    »Um gar nicht erst von Ihren Wählern zu reden«, sagte Beckett. »Was, glauben Sie, werden sie von dieser … dieser Episode halten?«
    Der Senator lächelte grimmig. »Machen Sie sich mal keine Sorgen über meine Wähler. Das werden sie schon überleben. Es mag vielleicht ihre zarten Empfindungen verletzen, aber sie werden es überstehen. Gott segne ihre schwarzen schwabbeligen kleinen Herzen.«
    »Genug, genug«, sagte Beckett und schüttelte abschätzig den Kopf. »Ich werde jetzt mit der Polizei sprechen. Vielleicht können Sie schon nach Hause gehen. Warten Sie bitte hier.«
    Der Senator scheuchte ihn weg. »Tun Sie, was Sie tun müssen, Al.«
    Beckett blickte mich finster an, bevor er davonging. Ich sah ihm nach, wie er zu Elizabeth und Fielder hinüberging.
    Er schien die Spannung mitzunehmen. John Casterbridge legte den Kopf in den Nacken und füllte seine Lungen mit Luft. Ließ sie langsam wieder entweichen.
    »Was ich über Al gesagt habe, war gemein«, sagte er. »Er bewegt sich nicht wie ein Walross. Ein Walross ist eine anmutige Kreatur, eins von Gottes Wunderwerken.« Er strich mit der Hand über das Gras. »Er ist nicht so übel, wie er wirkt. Er kommt aus einer guten Familie. Ist in Battle Creek aufgewachsen. Sein Vater war Handwerker. Das Salz der Erde.«
    Er grub in seiner Hosentasche und holte einen Zigarrenstummel und eine Schachtel Streichhölzer hervor. Bald glühte seine Zigarrenspitze, und er löschte das Streichholz. Dabei fiel mir plötzlich wieder etwas ein. Ich zog einen kleinen Metallzylinder aus der Hosentasche.
    Der Senator schob sich den Stumpen zwischen die Zähne und nahm den Zylinder entgegen, den ich ihm reichte. Er schraubte den Deckel am einen Ende ab und stupste die Zigarre heraus. Dann las er die Aufschrift auf der Bauchbinde.
    »Nicht schlecht«, sagte er. »Wo haben Sie die her?«
    Es war ein Geschenk vom Besitzer der Druckerei, in der Gray Streets gedruckt wurde. Als ich das letzte Mal dort war, feierte er gerade die Geburt eines Enkelsohns.
    »Von einem Freund«, sagte ich. »Ich schenke sie Ihnen.«
    Er schob sie wieder in den Zylinder zurück, dankte mir mit einem Nicken und verstaute den Zylinder in seiner Tasche. »Für später«, sagte er.
    Danach saßen wir schweigend zusammen. Die Nachbarn plauderten noch auf ihren Veranden. Beckett redete mit Elizabeth im blauroten Licht des Streifenwagens. John Casterbridge hatte seinen Stumpen aufgeraucht und trat ihn aus. Der Rauch hing süß in der Luft.
    Eine Spur davon war immer noch zu riechen, als Beckett wieder zu uns kam. Sein Gespräch mit Elizabeth schien ihn milder gestimmt zu haben.
    »Kommen Sie, Senator«, sagte er beinahe schon sanft. »Wir fahren.«
    Ich erhob mich und bot Casterbridge meine Hand, aber er stand allein auf.
    »Was passiert mit meinem Wagen?«, fragte er Beckett.
    »Machen Sie sich deswegen keine Gedanken. Ich werde dafür sorgen, dass er abgeschleppt wird.«
    Casterbridge verschränkte seine Arme. »Ich brauche den Wagen, Al. Ich habe einen Auftrag.«
    Beckett trat auf die Straße. »Ich fahre Sie nach Hause, Senator. Was Sie sonst noch brauchen, kann bis morgen früh warten.«
    »Mein Auftrag kann nicht warten. Er ist dringend.«
    Ich dachte, Beckett würde gleich wütend werden, aber er rieb sich bloß müde über den kahlen Schädel. »Ich habe für so was keine Zeit«, sagte er. »Es ist spät. Wir werden unterwegs darüber sprechen.«
    Casterbridge schwankte, ließ die Arme hängen und machte einen Schritt Richtung Straße.
    »Ich habe ein Auto, Senator«, sagte ich. »Ich fahre Sie gern, wo immer Sie hin möchten.«
    Er blickte sich zu mir um und musterte dann Beckett, der schweigend wartete. Er kratzte sich am Ellbogen, zupfte sich am Ärmel. Gesten der Unentschlossenheit.
    »Fahren Sie nach Hause«, sagte er schließlich mit einem Lächeln, wie ich es trauriger selten gesehen habe. »Der Ort, wo ich hinmuss, liegt sehr weit ab vom Schuss. Es wäre nicht gut für Sie.«
    Ein Reporter und ein Kameramann tauchten an der Kreuzung auf, ungefähr zwei Minuten nachdem der Senator abgefahren war. Elizabeth gab ihnen keinerlei Informationen. Mich beachteten sie

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