Bell ist der Nächste
durch die Lücke, um zu schnüffeln, und dann eine Pfote. Er schlich sich an das erste Stückchen Putenfleisch heran und knabberte daran. Hob den Kopf, um Lark anzustarren. Knabberte weiter.
Dann kam er näher, den Schwanz vorsichtig erhoben. Das Fellmuster war jetzt deutlich zu sehen. Blass dreifarbig: Calico. Weiße Flecken auf großen Pfoten.
Als er Lark erreichte, hatte der Kater das Interesse am Putenfleisch verloren. Er wandte den Kopf zur Seite und rieb seinen Hals an Larks Handgelenk. Lark legte das letzte Stückchen auf den Boden, und der Kater schnüffelte höflich daran herum, dann streckte er sich und drückte den Rücken durch. Er drehte sich zur Seite, um sich an Larks Knie zu reiben, und Lark strich ihm mit den Fingerspitzen über das Fell.
Lark fürchtete, das Tier würde seine Klauen ausfahren, sobald es hochgehoben wurde – Lark erinnerte sich an die Kratzer auf dem Handrücken der Nachbarin –, aber als er ihm eine Hand unter den Bauch schob, schien der Kater ganz einverstanden zu sein: kein Kampf, nur klare grüne Augen, die ihn musterten.
Er hielt den Kater mit beiden Armen an seine Brust gepresst. Ließ den Chevy bei laufendem Motor stehen und ging auf den Eingang zu. Auf halbem Weg dorthin begann sich der Kater zu winden. Lark beschleunigte seinen Schritt, trat durch die Glastüren und ging den Korridor entlang. Das Tier miaute lautstark, trat um sich. Endlich hatte Lark die Tür der Nachbarin erreicht und klopfte an das graue Metall – nicht hart, aber anhaltend.
Es brauchte ewig, bis sie reagierte. Sobald die Tür aufschwang, ließ Lark den Kater frei, der augenblicklich in die Wohnung schoss.
»Roscoe!«, schrie die Frau und flitzte hinter ihm her. Lark sah, wie der Kater durch die Küche raste und sich dann unter einen Fernsehsessel im Wohnzimmer verkroch.
Er hielt es für das Beste, die Tür zu schließen, wusste aber nicht, ob er selbst hineingehen oder draußen stehen bleiben sollte.
»Kommen Sie rein«, sagte sie und traf die Entscheidung damit für ihn.
Er ging bis zur Schwelle zwischen Küche und Wohnzimmer, nicht weiter, und sah, wie sie sich neben den Fernsehsessel hockte, den Kopf seitlich auf den Boden gedrückt.
Sie redete zuerst mit dem Kater – »Roscoe, Baby, alles in Ordnung? Ich habe mir Sorgen gemacht. Wo warst du denn?« –, aber nach einer Weile stand sie auf und kam auf Lark zu.
»Danke«, sagte sie. »Sie wissen ja gar nicht –« Sie hielt inne und schlang ihre Arme um ihn.
Er tätschelte ihre Schulter und versuchte, sich nicht zu sehr auf ihren Geruch zu konzentrieren: Lavendel und etwas anderes – Pfirsichshampoo, dachte er.
Nach einem Augenblick trat sie wieder einen Schritt zurück. »Wo haben Sie ihn gefunden?«
»Bei den Müllcontainern«, sagte Lark.
»Ich habe da jeden Tag gesucht.«
»Es gibt ein Loch im Zaun. Er war dahinter, im Gebüsch.«
Er erzählte ihr, wie er den Kater gefangen hatte. Sie bewunderte seinen Trick mit dem Putenfleisch. Die Schnurrbarthaare des Katers kamen unter dem Sessel hervor, aber der Rest von ihm blieb verborgen.
Das Gespräch verstummte. »Ich sollte gehen«, sagte Lark.
Sie folgte ihm durch die Küche hinaus und bedankte sich noch einmal überschwänglich. An der Tür veränderte sich etwas. Er spürte ihre Finger auf der nackten Haut seines Arms. Etwas Intimes lag in dieser Berührung. Er dachte, sie wolle ihn bitten zu bleiben.
»Hören Sie«, sagte sie, plötzlich im Flüsterton, »sind Sie in Schwierigkeiten?«
Er drehte sich um. Sie stand unmittelbar vor ihm. Ihre Miene war ernst.
»Ich glaube nicht«, sagte er.
»Jemand hat nach Ihnen gesucht.«
Er dachte sofort an die Polizistin, die er im Krankenhaus und im Haus der Spencers gesehen hatte. »Was hat sie gesagt?«
Die Antwort seiner Nachbarin überraschte ihn. »Keine Sie. Ein Er. Er hat mir eine Geschichte erzählt – dass Sie von Ihrer Frau weggelaufen seien und dass sie jetzt Ihre Kinder allein aufziehe. Und dass sie ihn gebeten hätte, Sie zu finden und Sie dazu zu bringen, das Richtige zu tun. ›Ich kann nicht behaupten, dass er froh sein wird, mich zu sehen‹, sagte er. ›Aber Sie werden seiner Frau einen großen Gefallen tun, wenn Sie nach ihm Ausschau halten und mich anrufen, sobald Sie ihn sehen.‹ Er hat mir eine Karte gegeben, aber da steht kein Name drauf, nur eine Telefonnummer.«
»Wann war das?«
»Vor einer Stunde ungefähr. Ist das wahr, was er erzählt hat?«
Lark schüttelte den Kopf. »Ich habe weder eine Frau noch
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