Bell ist der Nächste
mindestens noch fünf solche Beispiele. Das klingt doch wie der Mann, den Sie suchen, oder?«
»Ja, stimmt«, sagte sie. »Aber ich müsste mir den Brief selbst ansehen.«
Julia Trent trat neben Casterbridge. »Wir sind bereit, Ihnen den Brief zu zeigen«, sagte sie im forschen Tonfall einer Anwältin, »aber wir haben unsere Bedingungen. Sie dürfen einen Blick darauf werfen. Sie dürfen den Brief nicht behalten und auch keine Kopie machen. Sie werden auch nicht publik machen, dass wir Ihnen den Brief gezeigt haben.«
»Das wird nicht gehen. Die Beweiskraft des Briefes –«
»Es ist kein Beweismittel«, sagte Julia Trent. »Es ist kein Verbrechen, an einen Parlamentarier zu schreiben. Sie dürfen einen Blick darauf werfen, das ist alles. Der Brief ist unterschrieben. Sie sagten, Sie bräuchten bloß einen Namen.« Sie zuckte mit den Schultern, als wäre damit alles geregelt. Eine Frau, die es gewohnt war, sich durchzusetzen.
Elizabeth seufzte. »Gut. Einverstanden.«
Sie hätte darauf gewettet, dass Julia Trent im Besitz des Briefes war, aber es war Jay Casterbridge, der in die Innentasche seines Jacketts griff, ihn herausholte und ihn Elizabeth überreichte.
Elizabeth nahm ihn entgegen, drei Seiten, aneinandergeklammert. Sie sah das Datum: Mai diesen Jahres. Die Anrede: ›Liebe Ms Spencer.‹ Ordentliche Textblöcke. Sie kam zur letzten Seite, und die Unterschrift wirkte halbwegs vertraut. Die spitzen Winkel des großen As und großen Ls erinnerten sie an die Notiz des Mannes im karierten Hemd: LASSEN SIE MIR BELL UND ICH BIN FERTIG. Einige Buchstaben seiner Unterschrift waren schwer zu lesen, aber darunter war der Name noch einmal getippt worden. Sie spürte, wie ihre Fingerspitzen heiß wurden, wie die Gänsehaut auf ihren Armen kribbelte. Sie wusste, sie hatte ihn.
Anthony Lark.
29
Larks Hand fühlte sich mit jedem Tag besser an. Die Schwellung war abgeklungen, und über dem Schnitt hatte sich Schorf gebildet. Er konnte sie inzwischen berühren, ohne zusammenzuzucken. Er ließ jetzt den Verband ganz weg, und wenn er seine Finger krümmte, bemerkte niemand seine Wunde. Morgens und abends nahm er das Cephalexin. Eine Zehn-Tage-Kur, hatte Sutton Bell ihm erzählt.
Er hatte seine Kräfte ausprobiert, indem er aus der Wohnung gegangen war. Er hatte an dem Problem gearbeitet, wie er an Bell herankommen konnte. Langsam und beständig, wie sein Vater immer gesagt hatte. Lark war durch Bells Wohnviertel und an der Klinik, in der er arbeitete, vorbeigefahren. Er hatte die Tour zu verschiedenen Tageszeiten gemacht. Er hatte Streifenwagen vor der Klinik und vor dem Haus parken sehen, aber niemals zur gleichen Zeit. Die Polizei sparte Einsatzkräfte. Sie überwachten das Haus, wenn Bell da war, aber nicht, wenn er bei der Arbeit war.
Das hieß wahrscheinlich, dass Bells Frau und seine Tochter sich derzeit nicht im Haus aufhielten, was Lark recht war. Er wollte nicht, dass Frau und Tochter zum gegebenen Zeitpunkt da waren.
Am Mittwochabend fuhr Lark durch seine Wohnanlage. Auf dem Sitz neben sich hatte er ein Sandwich und einen Sechserpack Bier liegen. Ein Anflug von Kopfschmerzen hatte sich hinter seinen Augen zu regen begonnen, aber er dachte, wenn er zu Hause gleich eine Tablette einnahm und sich etwas Eis auf die Stirn legte, dann konnte er den Kopfschmerz vielleicht abwenden.
Er fuhr durch eine Kurve in die Einfahrt, die zu seinem Gebäude führte. Das Licht seiner Scheinwerfer streifte den Müllcontainer. Er nahm eine plötzliche Bewegung wahr, orange und grau, schnell wie der Blitz. Ein Tier, das durch eine Lücke im Holzzaun schoss, der die Müllcontainer an drei Seiten umschloss. Durch die Lücke und in das dichte Gestrüpp auf der anderen Seite.
Der Kater, dachte er.
Er hielt den Chevy an und legte den Leerlauf ein. Stieg aus, noch bevor er darüber nachdenken konnte, ob das besonders schlau war. Er hockte sich hin, spähte durch die Lücke im Zaun und dachte, er könnte Augen sehen, die zu ihm zurückblickten.
Er ging zum Wagen zurück, wickelte sein Sandwich aus und zog eine Scheibe Putenfleisch heraus. Nahm es mit und ließ ein Stückchen davon an der Lücke im Zaun liegen.
In kleinen Abständen weitere Stückchen, eine Spur, um das Tier aus der Reserve zu locken. Dann kniete Lark sich auf dem nackten Beton bei den Müllcontainern nieder, hielt ein letztes Stück Putenfleisch zwischen seinen Fingern. Die Augen beobachteten ihn.
Er wartete. Der Kater machte einen Vorstoß. Er steckte die Nase
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