Bell ist der Nächste
Delacorte. »Ich gebe Ihnen Eis, wenn wir da sind, wo wir hinwollen.«
»Ich kann nicht warten.«
Lark spürte die Finger des Sheriffs im Nacken, spürte, wie er auf die Wand neben dem Eingang zustürzte. Er versuchte irgendwie, den Sturz abzufangen, landete weich und drehte das Gesicht zur Seite, sodass er die kühle Wand an einer Wange spürte.
Delacortes Stimme war ein Flüstern in seinem Ohr. »Wagen Sie es nicht, mich zu provozieren.«
Die Finger ließen seinen Nacken los. Lark hörte, wie sich die Tür öffnete. Die Mündung hart zwischen seinen Schulterblättern, als Delacorte ihn nach draußen in den Hausgang dirigierte. Das trübe Licht eine willkommene Frist. Der graue Stahl der Nachbarswohnung. Vielleicht beobachtete sie alles durch den Türspion.
Oder sie spielte mit ihrem Kater.
Lark wandte den Kopf nach links. Der verknotete Schmerz hinter seinen Augen spielte ihm einen Streich. Er spürte Delacortes Pistole im Rücken, und gleichzeitig sah er sie, so unmöglich das war, vor sich. Ein schwarzes Loch, weich und rund und perfekt, und die perspektivisch verkürzte Form des Laufs dahinter. Ein Finger am Abzug, das Weiße des Fingernagels wie eine Mondsichel. Die Augen, die ihn am Lauf entlang mustern. Ein Gesicht, das vom Schirm einer Baseballkappe verschattet ist. Ein dünner Mann in einer großen Windjacke.
Lark hörte Delacortes leise Stimme. »Himmel noch mal, Paul. Was, zum Teufel, tust du hier?«
»Das könnte ich dich auch fragen, Walt«, sagte der Mann in der Windjacke.
Lark stand mitten im kahlen Wohnzimmer und hielt die Augen gegen das gnadenlose Küchenlicht halb geschlossen. Paul Rhiner war eine graue Silhouette vor einem weiß leuchtenden Rahmen. Sein rechter Arm war durchgedrückt, er hielt die Pistole waagerecht, die Mündung weniger als dreißig Zentimeter von seinem Nasenrücken entfernt.
Paul Rhiner, einer der Deputys vom Friedhof. Derjenige, der Terry Dawtrey erschossen hatte, als er zu fliehen versucht hatte.
Lark holte tief Luft, wollte den Schmerz in seinem Kopf dazu bringen, stillzuhalten. Er spürte undeutlich Delacortes Waffe in seinem Rücken, merkte gleichzeitig, dass der Fußboden unter ihm fest und unverrückbar war. Ein Fortschritt. Er versuchte, sich auf die kleineren Übel zu konzentrieren: das Drücken der Handschellen an seinen Gelenken, die Steifheit seiner Arme.
Delacorte hatte ihn rückwärts durch die Tür gezerrt, durch die Küche ins Wohnzimmer – ein langsamer Rückzug, als würden sie in die Vergangenheit reisen. Rhiner war ihnen gefolgt und hatte die Wohnungstür geschlossen. Seine Pistole hatte keinen Augenblick geschwankt.
Jetzt setzten sie das Gespräch fort, das sie in der Halle begonnen hatten.
»Du hättest hier nicht herkommen dürfen, Paul«, sagte Delacorte. »Bist du mir etwa die ganze Zeit über gefolgt?«
»Das war nicht weiter schwer, Walt«, sagte Rhiner.
»Meinetwegen, aber jetzt machst du dich vom Acker«, sagte Delacorte. »Fahr nach Hause. Da gehörst du hin.«
»Mir gefällt es hier aber sehr gut«, sagte Rhiner. »Das ist er, oder? Der Mann vom Friedhof. Der ist nicht bloß ausgedacht. Der ist real.«
»Hau ab, Paul.«
»Das geht nicht, Walt. Ich muss mit ihm reden. Er hat den alten Charlie Dawtrey umgebracht. Damit hat alles angefangen. Ich muss wissen, dass es dafür einen Grund gibt.« Rhiners Blick richtete sich jetzt auf Lark. »Sie haben Charlie umgebracht, damit sein Sohn zur Beerdigung darf. Stimmt’s?«
Lark nickte.
»Und Sie wollten Terry Dawtrey töten. Das war Ihr Plan.«
»Ja«, sagte Lark.
»Warum?«
»Er musste getötet werden.«
»Das ist kein Grund. Da muss mehr dahinterstecken. Sagen Sie schon.«
»Es gibt keinen Grund, Paul«, wandte Delacorte ein. »Er ist einfach ein verdammter Irrer.«
»Glaub ich nicht.«
Etwas wie Verzweiflung stand in Rhiners Augen. »Es ist wichtig, Walt. Er muss mit mir reden. Danach kannst du ihn festnehmen. Aber zuerst muss er reden.«
Lark beugte sich vor, als würde er sich gegen den Wind stemmen. Er senkte die Stimme.
»Glauben Sie wirklich, dass er mich festnehmen wird?«
»Was?« Rhiner klang erstaunt.
»Er hat mir seine Dienstmarke nicht gezeigt«, sagte Lark. »Er hat mich nicht über meine Rechte belehrt.«
Rhiner ließ seine Pistole ein wenig sinken, und in seine Augen trat ein Ausdruck von Zweifel.
»Was ist los, Walt?«
Delacortes Stimme war kalt. »Ich werde dir sagen, was los ist. Du nimmst deine Waffe weg, fährst nach Hause und vergisst das
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