Bella und Edward, Band 4: Biss zum Ende der Nacht
Wahl? Wenn der Leitwolf sprach, hatte das Rudel zu folgen.
Sam hatte seine Autorität noch nie so weit getrieben, ich wusste, dass er es abscheulich fand, Seth vor ihm knien zu sehen wie einen Sklaven vor seinem Herrn. Er würde uns nicht dazu zwingen, wenn er nicht davon überzeugt wäre, dass es der einzige Weg war. Unsere Gedanken waren so miteinander verwoben, dass er uns nicht belügen konnte. Er war wirklich davon überzeugt, dass es unsere Pflicht war, Bella und das Monster, das sie in sich trug, zu vernichten. Er glaubte, wir hätten keine Zeit zu verlieren. Er glaubte so fest daran, dass er bereit war, dafür zu sterben.
Ich sah, dass er sich Edward selbst vorknöpfen wollte; Edwards Fähigkeit, unsere Gedanken zu lesen, machte ihn in Sams Augen zu der gröÃten Gefahr. Keinen von uns wollte Sam einer solchen Gefahr aussetzen.
Jasper sah er als den zweitstärksten Gegner, deshalb hatte er ihn mir zugeteilt. Er wusste, dass ich ihn von allen im Rudel am ehesten besiegen könnte. Die leichtesten Gegner hatte er den jüngeren Wölfen und Leah zugedacht. Die kleine Alice war ohne ihre Zukunftsvisionen harmlos, und Esme war, wie wir aus der Zeit des Bündnisses wussten, keine Kämpferin. Carlisle stellte eine gröÃere Herausforderung dar, doch seine Abneigung gegen Gewalt würde ihn zurückhalten.
Als ich sah, wie Sam alles plante und eine Strategie entwickelte, mit der wir alle die gröÃte Ãberlebenschance hatten, war mir noch elender zu Mute als Seth.
Es war alles verkehrt. Heute Nachmittag war ich ganz versessen darauf gewesen, sie anzugreifen. Doch Seth hatte Recht gehabt â für diesen Kampf war ich nicht gewappnet. Ich war blind vor Hass gewesen. Ich hatte die Sache nicht zu Ende gedacht, wahrscheinlich weil ich gewusst hatte, was herauskommen würde, wenn ich es täte.
Carlisle Cullen. Wenn ich ihn ohne den Hass betrachtete, der mir den Blick verstellte, musste ich zugeben, dass es Mord wäre, ihn zu töten. Er war gut, so gut wie die Menschen, die wir beschützten. Vielleicht sogar besser. Vermutlich galt das auch für die anderen, doch für sie empfand ich nicht so stark. Ich kannte sie nicht so gut. Carlisle würde es abscheulich finden zu kämpfen, selbst wenn er nur damit seine Haut retten könnte. Deshalb hatten wir eine Chance, ihn zu töten â weil er nicht wollte, dass wir, seine Feinde, starben.
Das war nicht richtig.
Und nicht nur, weil die Vorstellung, Bella zu töten, für mich das Gleiche bedeutete, als sollte ich mich selbst töten.
Jacob, reià dich zusammen , befahl Sam. Der Stamm geht vor.
Ich war heute im Unrecht, Sam.
Nur deine Gründe waren die falschen. Aber jetzt müssen wir unsere Pflicht erfüllen.
Ich nahm all meine Kraft zusammen. Nein.
Sam fauchte und blieb stehen. Er starrte mir in die Augen und lieà ein tiefes Knurren ertönen.
Doch , verfügte der Leitwolf, und seine Doppelstimme brannte mit der Hitze seiner Autorität. Heute Nacht gibt es keine Schlupflöcher. Du, Jacob, wirst mit uns zusammen gegen die Cullens kämpfen. Du wirst dich mit Quil und Embry um Jasper und Emmett kümmern. Du bist verpflichtet, den Stamm zu beschützen. Das ist der Grund dafür, dass es dich gibt. Du wirst dieser Pflicht genügen.
Ich zog die Schultern hoch, als der Befehl meinen Willen brach. Meine Beine versagten, und ich lag unter ihm auf dem Bauch.
Niemand aus dem Rudel konnte sich dem Leitwolf widersetzen.
D ie beiden wichtigsten Punkte auf der Liste der Dinge, die ich niemals tun will
Noch während ich am Boden lag, begann Sam die anderen aufzustellen. Embry und Quil standen links und rechts von mir, sie warteten darauf, dass ich mich erholte und die Spitze übernahm.
Ich spürte den Drang, mich aufzuraffen und sie anzuführen. Der Druck wurde gröÃer, vergebens kämpfte ich dagegen an, wand mich auf dem Boden.
Embry winselte mir leise ins Ohr. Er wollte die Worte nicht denken, wollte vermeiden, dass Sam wieder auf mich aufmerksam wurde. Ich spürte seine wortlose Bitte an mich, aufzustehen, die Sache hinter mich zu bringen.
Angst herrschte im Rudel, weniger um das eigene Leben als um die Gruppe. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass wir alle den Kampf überleben würden. Welche Brüder würden wir verlieren? Wessen Gedanken würden uns für immer verlassen? Welche trauernden Familien mussten wir am nächsten Morgen
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