Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
Vom Netzwerk:
wie ich die Sache sehe, hast du unseren Handel noch nicht eingehalten. So wie ich es sehe, wirst du wohl die nächsten zehn Jahre in dem orangen Overall stecken, den du jetzt schon trägst.»
    Gordon warf Jeffrey einen Blick zu, der wohl bedrohlich sein sollte. «Ich hab Ihnen alles gesagt.»
    «Nein», wandte Jeffrey ein. «Das hast du nicht. Du lä sst etwas
    -308-
    aus, das ziemlich wichtig ist, und ich schwöre bei Gott, wir verlassen diesen Raum erst, wenn du mir erzählt hast, was du weißt.»
    Gordons Blick wurde unstet. «Ich weiß nichts.»
    Buddy beugte sich zu ihm hinüber und flüsterte Gordon etwas ins Ohr, sodass er die Augen weit aufriss. Was immer der Anwalt seinem Klienten gesagt haben mochte - es wirkte.
    Gordon sagte: «Ich bin ihr gefolgt, als sie aus der Bibliothek wegging.»
    «Ja?» Jeffrey wollte ihn anspornen.
    «Sie hat sich mit diesem Typen getroffen, okay?» Jeffrey wusste nicht, wo er seine Hände lassen sollte. Er hätte den Widerling am liebsten gepackt und gewürgt. «Ich hab versucht, sie einzuholen, aber sie waren zu schnell.»
    «Was soll das heißen - schnell?», fragte Jeffrey. «Rannte sie neben ihm her?»
    «Nein», sagte Gordon. «Er hat sie getragen.»
    Jeffrey hatte das Gefühl, dass sich ihm der Magen umdrehte.
    «Und dir kam das nicht verdächtig vor, dass ein Typ sie wegtrug?»
    Gordon zog die Schultern hoch bis an die Ohren. «Ich war sauer, okay? Ich war sauer auf sie.»
    «Du wusstest, dass sie dich später nicht mehr treffen würde», begann Jeffrey, «und deswegen bist du ihr gefolgt.»
    Er reagierte mit einem leichten Achselzucken, das ja oder nein bedeuten konnte.
    «Und du hast gesehen, wie dieser Typ sie fortgeschleppt hat?», fuhr Jeffrey fort.
    «Hab ich.»
    Frank fragte: «Wie sah er denn aus?»
    «Groß, schätz ich», sagte Gordon. «Sein Gesicht konnte ich
    -309-
    nicht sehen, wenn Sie das meinen.» '
    «Weiß? Schwarz?», fragte Jeffrey.
    «Ja, weiß», bot Gordon an. «Weiß und groß. Er trug dunkle Kleidung, alles schwarz. Man konnte die beiden gar nicht richtig sehen. Aber sie trug ja dies weiße Shirt, okay? Das fing irgendwie das Licht ein, und daher sah man sie, aber ihn nicht.»
    Frank fragte: «Bist du ihnen gefolgt?»
    Gordon schüttelte nur den Kopf.
    Frank blieb stumm und biss vor Ärger die Zähne zusammen.
    «Du weißt, dass sie jetzt tot ist, oder?»
    Gordon sah auf die Tischplatte hinunter. «Ja, weiß ich.»
    Jeffrey öffnete den Umschlag und zeigte Gordon den
    Ausdruck. Er hatte Wrights Namen mit einem schwarzen Marker ausgestrichen, aber alle anderen Daten waren noch zu lesen. «Ist das hier der Kerl?»
    Gordon senkte den Blick noch weiter. «Nein.»
    «Sieh dir das verdammte Foto an», forderte Jeffrey ihn auf. Er sprach so laut, dass Frank neben ihm aufschreckte.
    Gordon tat, wozu er aufgefordert worden war, und näherte sich mit dem Gesicht dem Foto, bis seine Nase es fast berührte.
    «Ich weiß doch nicht, Mann», sagte er. «Es war dunkel. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen.» Er ließ den Blick über Wrights persönliche Daten schweifen. «Er war so groß. Auch ungefähr so gebaut. Könnte der hier gewesen sein, schätze ich.»
    Er zuckte fast gleichgültig die Achsel. «Ich mein, Scheiße, ich hab doch nicht auf ihn geachtet. Ich hab nur sie gesehen.»

    Die Fahrt nach Atlanta dauerte lange und war ermüdend. Nur gelegentlich unterbrach eine Baumgruppe in den Fängen der eingeschleppten und nicht mehr wegzudenkenden asiatischen Kletterpflanze Kudzu die Monotonie der Landschaft. Zweimal versuchte er, Sara zu Hause anzurufen und eine Nachricht für sie
    -310-
    zu hinterlassen, aber ihr Anrufbeantworter sprang auch nach dem zwanzigsten Klingeln nicht an. Jeffrey verspürte plötzliche Erleichterung, aber gleich darauf schämte er sich ganz entsetzlich. Je näher er der Stadt kam, desto intensiver redete er sich ein, dass er das Richtige tat. Er konnte Sara ja noch anrufen, sobald er etwas wusste. Vielleicht konnte er sie ja auch mit der Nachricht überraschen, dass Jack Allen Wright in einen unglückseligen Unfall verwickelt worden war, an dem Jeffreys Waffe und Wrights Brust beteiligt waren.
    Obwohl er 130 Stundenkilometer fuhr, brauchte Jeffrey vier Stunden, bevor er von der 20 abbog und die Ausfahrt in die Innenstadt nahm. Ein kleines Stück nach der Gabelung kam er am Grady Hospital vorbei und spürte, dass ihm wieder die Tränen kommen wollten. Das Krankenhaus war ein monströses Gebäude, das an einer Stelle über der

Weitere Kostenlose Bücher