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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Interstate aufragte, die Atlantas Verkehrsberichterstatter die Grady Curve nannten.
    Grady war eines der größten Krankenhäuser der Welt. Sara hatte ihm erzählt, dass im Jahresdurchschnitt über
    zweihunderttausend Patienten in der Notfallklinik behandelt wurden. Nach einer kürzlichen Renovierung, die vierhundert Millionen Dollar gekostet hatte, sah das Krankenhaus aus, als gehörte es zur Kulisse eines Batman-Films. In einer für die Stadt Atlanta typischen politischen Situation war die Renovierung zum Thema einer brisanten Untersuchung geworden, wobei Schmiergelder und Bestechungssummen bis hinauf ins Rathaus hatten zurückverfolgt werden können.
    Jeffrey nahm die Innenstadt-Ausfahrt und fuhr am Capitol vorbei. Sein Freund aus der Polizeitruppe von Atlanta war im Dienst angeschossen worden und hatte einen Posten als Wachhabender im Gericht der frühzeitigen Pensionierung vorgezogen. Mit einem Anruf aus Grant war ein Treffen um ein Uhr verabredet worden. Es war fünfzehn Minuten vor eins, als Jeffrey einen Parkplatz in der sehr belebten Innenstadt ums Capitol gefunden hatte.
    -311-
    Keith Ross wartete vor dem Gerichtsgebäude, als Jeffrey ankam. In einer Hand hielt er einen großen Aktenordner, in der anderen einen einfachen weißen Briefumschlag.
    «Hab dich ja schon eine kleine Ewigkeit nicht mehr gesehen», sagte Keith und begrüßte Jeffrey mit einem festen Händedruck.
    «Freut mich auch, dich zu sehen, Keith», erwiderte Jeffrey die Begrüßung und versuchte dabei, seine Stimme so locker klingen zu lassen, wie er sich ganz und gar nicht fühlte. Die Fahrt nach Atlanta hatte Jeffrey nur noch mehr angespannt. Und auch der schnelle Fußmarsch vom Parkhaus zum Gerichtsgebäude hatte nicht dazu beigetragen, seine Anspannung zu lösen.
    «Ich kann dir dies hier nur ganz kurz überlassen», sagte Keith, der spürte, wie viel Jeffrey an dieser Sache lag. «Ich hab's von einem Kumpel aus dem Archiv.»
    Jeffrey nahm den Aktenordner entgegen, aber öffnete ihn noch nicht. Er wusste, was er darin finden würde: Bilder von Sara, Zeugenaussagen, detaillierte Beschreibungen dessen, was genau auf jener Toilette geschehen war.
    «Gehen wir rein», sagte Keith und geleitete Jeffrey ins Gebäude.
    Jeffrey zeigte an der Tür kurz seine Dienstmarke und entging dadurch der Sicherheitsüberprüfung. Keith führte ihn in ein kleines Büro seitlich vom Eingang. Ein Schreibtisch, der von TV-Monitoren gesäumt war, füllte fast den gesamten Raum aus.
    Ein junger Bursche mit dicken Brillengläsern und in einer Polizeiuniform sah überrascht auf, als sie eintraten.
    Keith zog einen Zwanzigdollarschein aus der Tasche. «Hier, kauf dir was zu naschen», sagte er.
    Der junge Mann nahm das Geld und ging, ohne einen Ton zu sagen.
    «Hingebungsvolle Dienstauffassung», kommentierte Keith sarkastisch. «Man muss sich doch fragen, was die bei der Polizei
    -312-
    wollen.»
    «Ja», murmelte Jeffrey, der sich nichts weniger wünschte als eine weitschweifige Unterhaltung über die Qualität von Polizeirekruten.
    «Ich lass dich damit allein», sagte Keith. «Zehn Minuten, okay?»
    «Okay», antwortete Jeffrey, der nur noch darauf wartete, dass die Tür geschlossen wurde.
    Die Akte war kodiert und datiert und trug irgendwelche obskuren Bezeichnungen, die wohl nur ein städtischer Angestellter enträtseln konnte. Jeffrey rieb mit der Hand über die Vorderseite, als könne er sich die Informationen einverleiben, ohne sie tatsächlich betrachten zu müssen. Als das aber nicht gelingen wollte, atmete er tief durch und öffnete die Akte.
    Bilder von Sara nach der Vergewaltigung stürmten auf ihn ein. Farbige Nahaufnahmen ihrer Hände und Füße, der Stichwunde an ihrer Seite und ihrer geschundenen
    Geschlechtsorgane ergossen sich über den Tisch. Bei ihrem Anblick rang er nach Luft. Es schnürte ihm den Brustkorb zusammen, und stechende Schmerzen durchführen seinen Arm.
    Einen Augenblick lang dachte Jeffrey, er hätte einen Herzanfall, aber ein paar tiefe Atemzüge verhalfen ihm langsam wieder zu einem klaren Kopf. Er merkte, dass er unwillkürlich die Augen geschlossen hatte, und als er sie wieder aufschlug, drehte er die Bilder von Sara um, ohne noch einmal hinzusehen.
    Jeffrey lockerte die Krawatte. Er gab sich große Mühe, die Bilder zu verdrängen, die er gerade noch gesehen hatte. Er blätterte die anderen Fotos durch und stieß auf ein Bild von Saras Auto. Es war ein silberfarbener BMW 320 mit schwarzen Stoßstangen und blauen Streifen an

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