Belladonna
derart bedrückende Atmosphäre, dass man sich nicht wundern durfte, wenn jemand allein schon deswegen ein Geständnis ablegte, um hier wegzukommen. Jeffrey ließ all das auf sich wirken, während er Moon dabei zusah, wie sie Wright bearbeitete. Sie machte ihre Sache nicht annähernd so gut wie Lena Adams, aber es ließ sich nicht leugnen, dass sie Zugang zu dem Vergewaltiger zu finden wusste. Sie redete mit ihm wie eine ältere Schwester.
Sie fragte: «Der blöde Hinterwäldler ist Ihnen doch nicht zu nahe getreten, oder?»
Jeffrey wusste, dass sie ein Vertrauensverhältnis zu Wright herzustellen versuchte, aber trotzdem hörte er es nicht gern, so charakterisiert zu werden, zumal er annehmen musste, dass Mary Ann Moon ihrer Überzeugung Ausdruck gegeben hatte.
«Er hat meine Manschette kaputtgemacht», sagte Wright.
«Meine Schuld war das nicht.»
«Jack», seufzte Moon, die ihm am Tisch gegenübersaß. «Das weiß ich doch, okay? Wir müssen herausbekommen, wie die Pistole unter Ihre Matratze geraten sein kann. Das ist ein ganz klarer Gesetzesverstoß und wäre für Sie dann schon der dritte Streich. Stimmt's?»
Wright warf einen Blick auf den Spiegel und wusste
wahrscheinlich ganz genau, dass sich Jeffrey dahinter befand.
«Ich weiß auch nicht, wie die da hingekommen ist.»
«Ihre Fingerabdrücke hat er wohl auch darauf angebracht, hm?», fragte Moon. Sie verschränkte die Arme.
Wright schien das zu bedenken. Jeffrey wusste, dass die Pistole Wright gehörte, aber er wusste auch, dass Moon die Waffe im Leben nicht so schnell forensisch hätte überprüfen
-359-
lassen und dann auch noch eine positive Identifikation der Fingerabdrücke hätte bekommen können.
«Ich hatte Angst», antwortete Wright schließlich. «Meine Nachbarn wissen Bescheid, okay? Sie wissen, was ich bin.»
«Was sind Sie denn?»
«Die wissen von meinen Mädchen.»
Moon stand vom Stuhl auf. Sie wandte Wright den Rücken zu und schaute aus dem Fenster. Ein Drahtgeflecht wie im Haus von Wright war über den Rahmen gespannt. Verblüfft stellte Jeffrey fest, dass der Mann sein Heim wie ein Gefängnis ausgestattet hatte.
«Erzählen Sie mir von Ihren Mädchen», sagte Moon. «Ich spreche vo n Sara.»
Jeffrey ballte die Fäuste bei der Erwähnung von Saras Namen.
Wright lehnte sich zurück und leckte sich die Lippen. «Das war jedenfalls mal 'ne enge Muschi.» Er grinste. «Sie war gut zu mir.»
Moons Stimme klang gelangweilt. Sie hatte derartige Verhöre oft genug geführt und war nicht mehr schockiert. Sie fragte:
«War sie das?»
«Sie war so süß.»
Moon drehte sich um und lehnte sich mit dem Rücken gegen das Drahtnetz. «Sie wissen, was dort, wo sie wohnt, los ist, nehme ich an. Sie wissen, was den Mädche n zugestoßen ist?»
«Ich weiß nur, was ich in der Zeitung gelesen hab», sagte Wright achselzuckend. «Sie werden mich doch wegen der Pistole nicht hinter Gitter schicken, oder, Boss? Ich musste mich schützen. Ich hatte Angst um mein Leben.»
«Reden wir erst von Grant County», schlug Moon vor.
«Danach unterhalten wir uns dann über die Waffe.»
Wright betastete sich das Gesicht und sah sie forschend an.
«Sind Sie auch ehrlich zu mir?»
-360-
«Aber natürlich doch, Jack. Wann bin ich mal nicht ehrlich zu Ihnen gewesen?»
Wright schien seine Möglichkeiten abzuwägen. Soweit Jeffrey es beurteilen konnte, gab es nichts zu deuteln: Zusammenarbeit oder Gefängnis. Aber er konnte sich trotzdem vorstellen, dass Wright das Gesicht nicht ganz verlieren wollte.
«Das, was man mit ihrem Wagen gemacht hat», sagte Wright.
«Was denn?», fragte Moon.
«Das Wort auf ihrem Auto», erläuterte Wright. «Das war ich nicht.»
«Das waren Sie nicht?»
«Ich hab's meinem Anwalt gesagt, aber der meinte, es wäre egal.»
«Jetzt ist es aber nicht egal, Jack», sagte sie mit genau dem richtigen Maß an Bestimmtheit im Ton.
«Ich würde so was auf kein Auto kratzen.»
«Fotze?», fragte sie. «Auf der Toilette haben Sie sie aber doch so genannt.»
«Das war was anderes», sagte er. «Das war in der Hitze des Augenblicks.»
Darauf reagierte Moon nicht. «Wer hat es denn eingeritzt?»
«Das weiß ich nicht», antwortete Wright. «Ich war den ganzen Tag im Krankenhaus und hab gearbeitet. Ich wusste ja nicht mal, was sie für einen Wagen fuhr. Hätte ich mir aber natürlich denken können. So war sie nämlich, tat immer so, als wär sie was Besseres.»
«Darauf gehen wir jetzt nicht weiter ein, Jack.»
«Verstehe»,
Weitere Kostenlose Bücher