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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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einfallen.»
    «Vielleicht jemand aus der Loge?»
    Frank wäre fast aus der Haut gefahren, aber das hatte sie auch erwartet. Sie hätte ebenso gut den Papst beschuldigen können, an einem Zehnjährigen herumgespielt zu haben.
    Lena fragte: «Und was ist mit Brad?»
    Frank sah sie nur an.
    «Yeah», sagte Le na, «ich weiß ja, was Sie meinen.» Ohne einen Anflug von Zweifel hätte sie nicht sagen können, ob Brad Harris Will Harris mochte oder nicht, aber sie wusste, dass Brad sich eher den Arm abhacken würde, als das Gesetz zu brechen.
    Einmal war Brad mehr als drei Meilen zurückgefahren, um ein bisschen Papier wieder einzusammeln, das ihm versehentlich aus dem Autofenster davongeflogen war.
    «Ich hab daran gedacht, mich noch mit Pete zu unterhalten», sagte Frank.
    Spontan sah Lena nach, wie spät es war. Kurz nach ha lb sechs. Pete würde wahrscheinlich zu Hause sein.
    «Können wir Ihren Wagen nehmen?», fragte sie. Sie konnte dann Hank ihren für den Heimweg dalassen.
    Frank blickte zurück in den Trauerraum. «Sie wollen von der
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    Totenwache Ihrer Schwester weggehen?», fragte er, und er konnte seine Bestürzung nicht verhehlen.
    Lena schaute zu Boden, denn sie wusste, dass sie zumindest ein schlechtes Gewissen haben müsste. Tatsache aber war, dass sie aus diesem Raum mit all den fremden Leuten verschwinden müsste, bevor der Kummer sie überwältigte und so lähmte, dass sie nur noch in ihrem Zimmer sitzen und heulen konnte.
    Frank sagte: «Treffen wir uns draußen an der Seite in zehn Minuten.»
    Lena ging zurück in den Trauerraum, um nach Hank
    Ausschau zu halten. Er stand bei Nan Thomas und hatte ihr den Arm um die Schulter gelegt. Sie spürte, wie sich ihre Nackenhaare sträubten, als sie die beiden so sah. Er hatte offenbar nicht das geringste Problem, einen völlig fremden Menschen zu trösten, obwohl doch sein eigen Fleisch und Blut völlig allein keine drei Meter von ihm entfernt stand.
    Lena ging hinaus auf den Flur, um ihre Jacke zu holen. Sie wollte hineinschlüpfen, als sie spürte, dass ihr jemand half. Zu ihrer Überraschung stand Richard Carter hinter ihr.
    «Ich wollte Ihnen nur sagen», wandte er sich fast flüsternd an sie, «dass mir das mit Ihrer Schwester fürchterlich Leid tut.»
    «Danke», konnte sie mit Mühe antworten. «Das weiß ich zu schätzen.»
    «Haben Sie schon etwas über das andere Mädchen
    herausgefunden?»
    «Matthews?», fragte sie, bevor sie sich zurückhalten konnte.
    Lena war in einer Kleinstadt aufgewachsen, musste aber immer noch staunen, wie schnell sich Gerüchte verbreiteten.
    «Dieser Gordon», sagte Richard und schüttelte sich ostentativ.
    «Der ist kein besonders netter Bursche.»
    «Ja», sagte Lena leise. Sie wollte ihn zum Weitergehen bewegen. «Vielen Dank, dass Sie heute Abend gekommen
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    sind.»
    Sein Lächeln war eher nur angedeutet. Er merkte, dass sie ihn loswerden wollte, aber anscheinend wollte er es ihr nicht so leicht machen. Er sagte: «Ich habe wirklich sehr gern mit Ihrer Schwester zusammengearbeitet. Sie war immer sehr gut zu mir.»
    Lena trat von einem Fuß auf den anderen. Sie wollte nicht den Eindruck vermitteln, dass ihr nach einer längeren Unterhaltung zumute war. Sie kannte Frank und wusste, dass er nicht sehr lange warten würde.
    «Sie hat auch gerne mit Ihnen zusammengearbeitet, Richard», äußerte Lena.
    «Hat sie das gesagt?», fragte er geschmeichelt, wie nicht zu übersehen war. «Ich meine, ich wusste, dass sie meine Arbeit respektiert, aber hat sie das wirklich gesagt?»
    «Ja», erwiderte Lena. «Immerzu.» Sie erkannte Hank in der Menge. Er hielt Nan immer noch im Arm. Sie machte Richard auf die beiden aufmerksam. «Fragen Sie meinen Onkel. Er hat gerade neulich noch davon gesprochen.»
    «Tatsächlich?» Richard legte die Hände an die Lippen.
    «Ja», antwortete Lena. Sie holte die Autoschlüssel aus der Jackentasche. «Hören Sie, könnten Sie die vielleicht meinem Onkel geben?»
    Er starrte die Schlüssel an, ohne sie zu nehmen. Das war einer der Gründe, warum Sibyl so gut mit Richard ausgekommen war: Sie konnte ja nicht sehen, was für eine herablassende Miene er manchmal aufsetzte. Sibyl schien geradezu Engelsgeduld aufgebracht zu haben, was Richard Carter betraf. Lena wusste ganz sicher, dass Sibyl ihm bei mehr als einer Gelegenheit aus der Patsche geholfen hatte, als er seine akademische Qualifikation hatte nachweisen müssen.
    «Richard?», machte sie sich bemerkbar und ließ die

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