Belladonna
mein Bett, Magier. Zeig mir die Magie der Liebe.«
Kapitel 29
Im blassen grauen Licht, jenem Vorboten der Morgendämmerung, streckte Michael die Hand nach der Frau aus, die sein Herz und seine Träume erfüllte - und wachte auf. Allein.
Er entzündete die Lampe auf dem Nachttisch, schüttelte die Kissen hinter sich auf und blickte dann auf das Bild an der Wand neben dem Bett.
Sebastian hat es für mich gemalt, hatte Glorianna gesagt.
Es war ein ganz schöner Schreck, sich in einem Gemälde zu sehen, das der Vorstellung eines Inkubus entsprungen war - und sich zu fragen, ob seine Träume das Motiv beeinflusst hatten, das Sebastian für Gloriannas Mondschein-Geliebten gewählt hatte. Oder ob das Gemälde, irgendwie, die Quelle seiner eigenen Träume und Sehnsüchte gewesen war. Genauso groß war der Schreck, erkennen zu müssen, dass er und Glorianna gestern genau in dieser Haltung im Garten gestanden hatten, nachdem sie das neue Beet entdeckt hatte, das seine Heimatlandschaft verkörperte.
Sie hatten ihre Liebesnacht gehabt, und er hatte besonders darauf geachtet, ihr zu gefallen, ihr Lust zu bereiten. Er hatte die Musik ihrer Liebe in sich aufnehmen wollen, hatte das Bedürfnis verspürt, sein Herz mit ihrem Lied zu füllen, als Liebe und Leidenschaft zum Höhepunkt kamen und in gleißendem Licht erstrahlten.
Jetzt …
Er schob die Decken zurück, ging ins Badezimmer und ließ sich ein Bad einlaufen. Während er darauf wartete, schloss er die Augen, drehte den Kopf zu seiner Schulter und atmete ihren Duft auf seiner Haut ein. Er wollte dieses Zusammenspiel der Düfte nicht abwaschen, doch niemand konnte sagen, was in den kommenden Tagen geschehen würde, oder wann er wieder die Möglichkeit bekäme, ein richtiges Bad zu nehmen.
Also lag er lange im heißen Wasser und versuchte, nicht daran zu denken, was ihm bevorstand.
Erst war sie zurückhaltend gewesen, als sie ihn gestern Abend in ihr Schlafzimmer gebracht hatte, fast schüchtern. Es hatte die Frage in ihm aufkommen lassen, wie lange es her war, dass sie einen Liebhaber gehabt hatte. Dann hatte er aufgehört, sich etwas zu fragen, und einfach genossen, wie ihr Mund sich für ihn geöffnet hatte. Die schmetterlingszarte Berührung ihrer Zunge an der seinen. Wie sich ihre Haut unter seinen Händen angefühlt hatte. Das Stöhnen der Lust, als er an ihren Brüsten gesaugt hatte. Wie ihre starken Finger seine Schultern gepackt hatten, als er sie zum ersten Mal über den Rand der Lust gestreichelt hatte. Und wie …
Michael atmete laut aus und setzte sich im abkühlenden Wasser auf.
»Vielleicht musst du dir nicht gerade jetzt jedes Detail in Erinnerung rufen«, murmelte er, als er nach Seife und einem Waschlappen griff.
Die Gedanken fest auf die Mechanik dessen gerichtet, was er tat, wusch er sich, zog sich an und ging in die Küche. Und dort erhielt sein Herz die erste von, so viel ahnte er, vielen Wunden.
Sein Rucksack stand noch immer an der Tür. Er hatte seine Kleider und persönlichen Sachen gestern Abend herausgenommen, während sie für sie beide ein kleines Abendessen zubereitet hatte. Der Rucksack war zu groß und zu schwer für eine Frau, um ihn lange zu tragen, doch er enthielt alles, was sie brauchen würde, um ein Lager aufzuschlagen - Schlafsack, Töpfe und Pfannen, Kerzen, Streichhölzer, eine Laterne. Viel Platz für ihre Kleider und andere Sachen. Ein Lager, daran hatte er gedacht. Und sie hatte nicht mit ihm gestritten, nicht widersprochen.
Doch sie hatte ihn nicht mitgenommen, hatte sogar diese kleinste Bequemlichkeit zurückgewiesen. Hatte sogar diese kleinste Erinnerung an ihn zurückgewiesen.
In der Kanne war noch Kaffee, also wärmte er diesen auf, statt Tee zu kochen, der ihm lieber gewesen wäre.
Er hatte keinen Appetit und verlor beinahe gänzlich das Interesse an einem Frühstück, als er erkannte, dass sie auch kein Essen mitgenommen hatte. Doch er aß eines der Eier, die sie gestern hart gekocht hatte, dann nahm er seine Tasse Kaffee und eine dicke Scheibe gebuttertes Brot mit hinaus. Er blickte nicht zum von Mauern umgebenen Garten, dachte noch nicht einmal daran, hineinzugehen. Noch nicht. Stattdessen ging er zu jenem neuen Beet, in dem seine Herzenshoffnung und die Belladonna standen.
»Wildes Kind«, rief er leise. »Ephemera, kannst du mich hören?«
Die Welt hörte ihn, doch er nahm einen Widerstand war, fast als fürchte sie, was er von ihr verlangen könnte. Wusste die Welt, was Glorianna
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