Belladonna
Tür.«
Als sie die Stelle auf dem Hang erreichte, von der sie vor Jahren beschlossen hatte, sie sei das Ende des Pfades, obwohl der Pfad weiter den Hügel hinauf und über ihn hinweg lief, schloss Caitlin die Augen und ließ einen stummen Ruf erklingen: Ich bin hier.
Als sie die Augen öffnete, endete der Pfad vor einem von Mauern umgebenen Garten, der ihr einziger Trost und Freund war - der von Mauern umgebene Garten, den es außer für sie für niemanden gab, und der sie als Zauberin brandmarkte.
Sie schlüpfte durch das rostige Tor, das nie richtig schloss, und hielt die zwei Blumentöpfe fest im Arm, während sie sich die Beete genau ansah. Sie wusste nicht, wie Belladonna aussah, doch sie war sich sicher, sie würde wissen, wie sich die Pflanze anfühlte.
Und da stand sie, versteckt in der Ecke des Gartens, in der nichts so recht wachsen wollte. Daneben wuchs ein Strauch Herzenshoffnung, eine Pflanze, von der sie wusste, dass sie vor ein paar Tagen noch nicht da gewesen war.
Sie ließ sich vor den Pflanzen auf die Knie nieder, stellte die Töpfe zur Seite und strich mit den Fingern über die Blätter.
Etwas ist hier. Etwas Seltsames.
Ihre Finger berührten die Blätter, doch es fühlte sich an, als ergreife eine warme Hand die ihre. Eine Hand, die sie akzeptierte.
Sie versteht mich.
Der Gedanke ergab keinen Sinn. Auch die Gewissheit, dass sie es beinahe geschafft hätte, jemanden zu berühren, der nicht da war, tat es nicht.
Sie verlagerte ihr Gewicht auf die Fersen und betrachtete die Pflanzen. Tante Brighid hatte sich seltsam verhalten, unruhig. Als trüge sie die Vorahnung schlechter Nachrichten mit sich und erwarte jedes Mal, sie bestätigt zu finden, wenn jemand an die Tür kam.
Na ja, es waren schließlich schlechte Nachrichten gekommen, oder etwa nicht?
»Gebetskreis«, murmelte Caitlin, während sie eine Gartenkelle aus ihrer Rocktasche zog und die Herzenshoffnung vorsichtig ausgrub. »Ich wette, das wird ein interessanter Gebetskreis.«
Jedenfalls ein wichtiger, dachte sie, als sie die Herzenshoffnung in einen der Töpfe setzte. Merrill wäre nicht nach Ravens Hill gekommen, wenn es nicht wichtig wäre. Sie glaubte nicht, dass Tante Brighid Merrils Erscheinen hier erwartet hatte, aber Brighid verstand offenkundig, warum Merrill diese zwei bestimmten Pflanzen haben wollte.
Caitlin setzte die Tollkirsche um - und schauderte, als sei sie plötzlich in einen tiefen, kalten Schatten getreten.
Etwas Wichtiges geschieht. Und ich bin ein Teil davon.
Einem Impuls folgend löste sie ihren Zopf und schüttelte ihr hüftlanges braunes Haar. Sie riss sich zwei Haare aus, wickelte je eines knapp über der Erde um den Stamm der Pflanzen und fügte dann noch ein wenig Humus hinzu, um zu verbergen, was sie getan hatte.
Sie war im kostbaren Lighthaven nicht willkommen, doch ganz gleich welche Zeremonie die Herrinnen des Lichts mit den Pflanzen auch ausführten, sie würde ein Teil davon sein.
Ein Volkslied summend, das in einer ihrer Landschaften gerade sehr beliebt war, ging Glorianna in Richtung ihres von Mauern umgebenen Gartens, in der einen Hand einen Korb voller Gartengeräte, in der anderen Hand eine Gießkanne. Als sie und ihre Mutter Nadia sich gegen ihren Bruder Lee verbündet hatten, um darauf zu bestehen, dass er sich jede Woche einen Tag zur Ruhe und Erholung freinahm, hatte sie nicht so schnell mit seiner Kapitulation gerechnet - und sie hatte auch nicht damit gerechnet, dass sich die beiden dann gegen sie verschworen und die gleiche Forderung stellen würden! Doch genau wie Lee hatte sie zu hart gearbeitet, sich zu weit getrieben. Als die Gefahr, der Weltenfresser könnte sich einen Weg zu ihr bahnen, noch so unmittelbar gewesen war, hatte das jeder verstanden. Schließlich hatte Er einen Weg in zwei ihrer dunklen Landschaften gefunden. Doch seit Wochen hatte sie keine Spur von Ihm entdeckt, und obschon sich die Gefahr für Ephemera nicht verringert hatte, gab es wenig, das Lee und sie tun konnten, bis sie einen Anhaltspunkt fanden, wohin Er geflohen war.
Also stand heute Vergnügen auf dem Programm, und für sie bedeutete dieses Vergnügen Gartenarbeit, nicht als Landschafferin, die sich ständig des Gleichgewichts der Lichten und Dunklen Strömungen bewusst sein musste, die ihre Landschaften durchzogen, sondern als Frau, die der einfachen Beschäftigung nachging, sich um ihre Pflanzen zu kümmern und Unkraut zu jäten.
Selbst hier auf ihrer kleinen Insel war der Herbsttag
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