Belladonna
für die erschöpften Herzen geworden, die die Heiligen Stätten erreichten.
Er war einer der wenigen Menschen, denen sie ohne Vorbehalt vertraute. Aber …
»Sie wollen nicht mit mir sprechen.«
Lee sah sie an. Der Zorn brachte seine grünen Augen zum Blitzen. »Sie haben keine Wahl, Belladonna. Das haben die Oberhäupter der Orte des Lichts sehr deutlich gemacht. Alle Oberhäupter.«
Du bist nicht ohne Freunde, dachte Glorianna. Und du bist nicht ohne Familie. Das sind Geschenke, die du im Herzen behalten, derer du dich erinnern musst.
»Gehst du zurück zum Gästehaus in den Heiligen Stätten?«, fragte Glorianna.
»Ich würde es lieber nicht tun.«
So viel hatte sie sich bereits gedacht, und sie würde seine Gesellschaft begrüßen, doch die Stärke seines Zorns und seiner Bitterkeit machten ihr Sorgen. Also war es das Beste, auf einen einfachen Trick zurückzugreifen, der sie noch nie im Stich gelassen hatte: Ihn wie den jüngeren Bruder zu behandeln, der er war. »Hast du uns etwas zu essen mitgebracht? Als du das letzte Mal hier warst, hast du die Vorratskammer geplündert und dir nicht die Mühe gemacht, mir davon zu erzählen.«
Er verschränkte die Arme vor der Brust und zog die Augenbrauen zusammen. »Ja, ich habe etwas zu essen mitgebracht. Und ich habe deine Vorratskammer nicht geplündert, nur das letzte Stück von dem Kuchen, den Mutter gebacken hatte - das übrigens trocken war, weil es zu lange herumstand, also zählt das nicht.«
»Zählt wohl.«
»Zählt nicht.«
»Zählt wohl.«
»Zählt -« Lee starrte sie zornig an.
»Muss einer von uns dieses Essen kochen, das du mitgebracht hast?«
»Wir müssen es aufwärmen und das Brot und den Käse schneiden. Das bekomme sogar ich hin, Glorianna.«
Zufrieden damit, dass er sich jetzt darauf konzentrierte, ihr geplagter Bruder zu sein, schenkte sie ihm ein süßes Lächeln. »In diesem Fall darfst du bleiben. Willst du dich nützlich machen und mir beim Unkrautjäten helfen?«
»Keine Chance.« Er warf ihr diesen speziellen Blick zu, der immer den Wunsch in ihr weckte, ihn zu schlagen. »Heute ist mein Ruhetag. Schon vergessen?«
Kapitel 7
Caitlin stach die Mistgabel in den Komposthaufen, der sich versteckt in einer Ecke ihres geheimen Gartens befand. Kompost ist eine erstaunliche Substanz, dachte sie: man rupft Unkraut aus, das die Blumen und Büsche erstickt, lässt es in einer Ecke mithilfe von Sonne, Wasser und Luft verrotten, und Stück für Stück wird es zu fruchtbarem Lehmboden, der die gleichen Blumen und Büsche nährt, die er zuvor verschlingen wollte.
Wenn ihr eigenes Leben nur auch so einfach sein könnte. Wenn nur das Gemisch ihrer Gefühle in fruchtbaren Boden verwandelt werden könnte.
Sie arbeitete, bis ihre Muskeln schmerzten. Nicht weil der Komposthaufen so viel Aufmerksamkeit nötig hatte, sondern weil sie den Rest des Gartens nicht anfassen wollte, solange bitterer Zorn ihr Herz aufwühlte. Als der Durst zur Qual wurde, grub sie den Komposthaufen ein letztes Mal um, lehnte dann die Mistgabel gegen die Gartenmauer und ging hinüber zu dem kleinen Teich im Schatten einer Weide. Auf der einen Seite des Teiches erhob sich eine Mauer, die ihr bis zur Brust reichte und aus einem Durcheinander aus Steinen und Bruchstücken von Schiefertafeln bestand, die eine Reihe kleiner Wasserfälle formten. Die Quelle, die den Teich füllte, musste irgendwo unter den Steinen liegen, da auf der anderen Seite der Mauer keine Spur von ihr zu sehen war, doch sie hatte ihren Ursprung nie gefunden.
Sie griff nach der Blechtasse, die sie zwischen den Steinen aufbewahrte, füllte sie unter einem der kleinen Wasserfälle und leerte sie einmal, zweimal. Als sie die Tasse zum dritten Mal füllte, ließ sie sich neben dem Teich nieder und blickte sich in dem Garten um, der ihr den größten Teil ihres Lebens Zuflucht geboten hatte, während sie mit der einen Hand träge durch das Wasser fuhr und hin und wieder einen Schluck aus der Tasse nahm.
Der Teich war für sie das erste beglückende - und später beängstigende - Beispiel ihrer Macht über die stoffliche Welt gewesen.
Als sie den Garten gefunden hatte, der versteckt hinter dem kleinen Haus der Familie auf dem Hügel lag, war sie sechs Jahre alt gewesen. Michael hatte sie gerade zum ersten Mal verlassen und sein Wanderleben aufgenommen, und sie war weggelaufen, todunglücklich, dass ihr einziger Freund und Spielgefährte sie im Stich gelassen hatte. Sie war gelaufen und gelaufen und
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