Belladonna
bevor sie fortgespült werden kann. Geht. Ich werde mich um Glorianna kümmern.«
Lee starrte die Landschafferinnen und Brückenbauer zornig an, verließ aber den Raum.
Yoshani schloss die Augen und versuchte, den Aufruhr in seinem eigenen Herzen zur Ruhe zu bringen.
Gelegenheit und Entscheidung. Ein Sprichwort, das Glorianna oft benutzte, um zu erklären, was die Welt tat, um echte Herzenswünsche wahr werden zu lassen. Er hatte die lichte Seite dieses Sprichworts kennen gelernt, doch bis heute hatte er die tragische Seite nicht gesehen, auf der die Entscheidungen einem so viel abverlangen konnten.
Er drehte sich um und wandte sich den acht Menschen im Raum zu.
»Es tut mir leid«, sagte er, »doch ihr könnt nicht länger in den Heiligen Stätten bleiben.«
Er gestattete ihnen einen Augenblick Zeit, um seine Worte abzustreiten und zu protestieren, dann hob er eine Hand, um Schweigen zu gebieten. »Ihr könnt nicht bleiben.«
»Aber wir sind hierher gekommen, um Hilfe zu finden, um Antworten auf das zu finden, was in den Landschaften geschehen ist - und was in der Schule geschehen ist,« beschwerte sich einer der Brückenbauer. »Ihr sagtet, wir könnten die Antworten hier finden.«
»Die Antwort stand vor euch, doch ihr wolltet sie nicht sehen. Ihr habt euch dazu entschieden, euch von ihr abzuwenden, und nun hat sie entschlossen, sich von euch abzuwenden.«
Die älteste Landschafferin starrte ihn ungläubig an. »Belladonna? Sie war die Antwort? Sie ist eine Ausgestoßene!«
»Und das ist alles, was ihr seht«, erwiderte Yoshani traurig. »Für euch ist sie nicht mehr als ein Wort, das das Böse dazu benutzt hat, eure Herzen zu verhüllen. Und so teilt ihr die Resonanz der Strömungen der Macht nicht mehr, welche die Heiligen Stätten durchziehen, und ihr könnt nicht bleiben.«
»Aber sie kann es?«, rief einer der Brückenbauer.
»Die Heiligen Stätten sind eine Landschaft Belladonnas«, erwiderte Yoshani ruhig. »Sie hat Ephemera verändert, um die Orte des Lichts zusammenzuführen, sodass wir voneinander lernen und auseinander Kraft schöpfen können.«
Sie starrten ihn einfach nur an, zu fassungslos, um etwas zu sagen.
Die jüngste Landschafferin schlang die Arme um ihren Körper. »Die Schule wurde zerstört. Wir können nicht zurück zu unseren Gärten. Wie sollen wir uns um Ephemera kümmern, wenn wir ganz alleine sind?«
»Ihr seid nicht alleine«, sagte Yoshani und blickte sie reihum an. »Ihr habt einander. Also sucht einen Ort, an dem ihr etwas Neues errichten, neu anfangen könnt.« Und hofft, der Weltenfresser findet euch nicht noch einmal. »Kommt, ich werde euch zu der Brücke begleiten, die euch, so denke ich, noch immer zu euren Landschaften zurückbringen kann.«
Glorianna hielt den Blick auf den Koi-Teich gerichtet. Sie wollte auf die Insel im Nebel zurückkehren und sich dem Trost der Einsamkeit hingeben. Doch sie saß auf der Bank und sah den Koi zu, während sie darauf wartete, dass Lee sie fand.
Doch es war Yoshani, der sich neben sie auf die Bank setzte und die goldenen Fische betrachtete.
»Wo ist Lee?«, fragte Glorianna, ihre Stimme rau vom Sturm der Tränen, der in ihr losgebrochen war, nachdem sie das Gästehaus hinter sich gelassen hatte.
»Er ist gegangen, um ein bisschen Zeit mit Sebastian zu verbringen«, erwiderte Yoshani.
»Aber …« Sie schluckte die Enttäuschung hinunter. Lee musste sich über das Treffen ärgern. Er hatte das Recht, so Dampf abzulassen, wie er es wollte.
»Ich habe ihm vorgeschlagen, eine Weile fortzugehen«, sagte Yoshani. »So nahe Ihr Eurem Bruder auch steht, ich denke, es gibt etwas, das Ihr ihm nicht sagen könnt.«
Glorianna antwortete nicht, und so saßen sie schweigend beisammen und sahen den Koi zu.
»Herzenswünsche sind die mächtigste Magie, die es in unserer Welt gibt«, sagte sie schließlich. »Sie können die Welt neu gestalten, einen ganzen Strom von Ereignissen auslösen.«
»Stimmt es nicht, dass jeder Herzenswunsch, ganz gleich wie mächtig, von einem anderen Herzenswunsch verhindert werden kann, der den Strom der Ereignisse unterbricht oder verändert?«, fragte Yoshani. Als sie nicht antwortete, fügte er hinzu: »Was ist es, das Ihr fürchtet, Glorianna Dunkel und Weise?«
Furcht. Ja, es gab Dinge, die sie mit einem Bruder - oder einer Mutter - nicht besprechen konnte. Aber hier und jetzt …
»Ich weiß seit sechzehn Jahren, dass ich anders bin«, sagte sie leise. »Ich wusste, dass ich nicht wie die
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