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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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über unzählige Landschaften hinweg ausstrecken und jemanden berühren, der -
    Bumm, bumm, bumm. »Glorianna?«
    Sie erstickte einen Schrei, der ihre plötzliche Rückkehr in die Realität verraten und Lee die Befriedigung geschenkt hätte, zu wissen, dass er sie erschreckt hatte, und presste eine Hand auf die Brust, um ihr klopfendes Herz wieder zu beruhigen. Es gab nichts, das einem Bruder wirklich das Wasser reichen konnte, wenn es darum ging, eine sinnliche Fantasie zu zerschlagen. Sie hoffte, ihm eines Tages den gleichen Gefallen erweisen zu können.
    Während sie durch das Zimmer eilte und die Tür öffnete, ärgerte sie sich über sich selbst, weil sie die Sache hinauszögerte. Und über ihn, weil er nicht an ihre Schlafzimmertür gehämmert hätte, wenn sie nicht bereits zu spät wären, was bedeutete, er wusste, dass sie die Sache hinauszögerte.
    Und dann verschwand all ihr Ärger, denn alles, was sie tun konnte, war ihn anzustarren.
    Er trug seine beste schwarze Hose und ein dazu passendes Jackett, darunter ein weißes Hemd, eine gemusterte grüne Seidenweste und eine schwarze Krawatte. Diese Sachen hatte er auch auf den Hochzeiten getragen - auf der von Sebastian und Lynnea, und dann, eine Woche später, von ihrer Mutter und Jeb. Bis auf diese zwei Gelegenheiten konnte sie sich nicht an das letzte Mal erinnern, an dem er sich so elegant angezogen hatte.
    »Mein gut aussehender Bruder«, sagte sie in der Absicht, ihm mit leichter Stimme ein Kompliment zu machen. Doch ihn dort so herausgeputzt stehen zu sehen, weil das Treffen ihn genauso nervös machte wie sie, erinnerte sie scharf daran, dass sein Leben hätte so viel leichter sein können, wenn sie nicht seine Schwester wäre.
    Oder wenn er sich geweigert hätte, sich zu ihr zu bekennen, nachdem man sie aus der Gemeinschaft der Landschafferinnen verstoßen hatte.
    Und so konnte sie ihrer Stimme keine Leichtigkeit verleihen, konnte nicht verdrängen, was ihr seine Loyalität über die letzten sechzehn Jahre hinweg bedeutet hatte.
    »Werd nicht rührselig«, sagte Lee, als er ihren Arm ergriff und sie aus dem Raum zog.
    »Ich bin nicht rührselig«, sagte sie, getroffen, weil sie kurz davor war, sich eben genau so zu fühlen. »Ich habe nur versucht, freundlich zu sein.«
    »Uh-huh.« Er zog sie weiter und wurde erst vor der Treppe langsamer, um ihr die Möglichkeit zu geben, ihren Rock anzuheben, damit sie nicht stolpern und sie beide zu Fall bringen würde.
    »Hörst du mal auf, an mir zu zerren?«, fuhr Glorianna ihn an, als sie das Ende der Treppe erreicht hatten.
    »Nein.« Er zog sie aus dem Haus und um die Ecke. »Wir nehmen meine Insel, um in den anderen Teil der Heiligen Stätten zu kommen. Mit dem Boot würde es zu lange dauern. Du hast so viel Zeit damit verschwendet, dich herauszuputzen, dass wir jetzt schon zu spät sind.« Er warf ihr einen prüfenden Blick zu. »Oder bist du von etwas anderem abgelenkt worden?«
    Die Röte stieg ihr ins Gesicht und Lee, ganz der abscheuliche Bruder, lachte.
    »Es wird Sebastian gefallen, dass du sein Bild magst«, sagte er.
    »Ich habe meine Zeit nicht damit vertrödelt, ein Bild anzuhimmeln«, erwiderte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Habe ich angehimmelt gesagt? Ich habe nie angehimmelt gesagt.« Er blieb an der Stelle stehen, an der seine Insel über der ihren lag, sichtbar, da kein Grund bestand, sie zu verbergen.
    Lees kleine Insel war in den Heiligen Stätten verankert. Glorianna hatte sie ursprünglich als einen persönlichen Ort für sich selbst erschaffen, doch von dem Augenblick an, als Lee einen Fuß auf die Insel setzte, hatte sie seine Resonanz geteilt, und die Verbindung war so stark, dass er sie über jede andere Landschaft legen konnte. Unsichtbar, sofern er es nicht anders wollte, bot die Insel einen sicheren Ort, wenn er sich in einer gefährlichen Landschaft befand.
    »So«, fuhr er fort, »willst du mit den anderen Landschafferinnen herumsitzen und fruchtloser, erstickend langweiliger Konversation frönen oder Ephemera einfach bitten, ein großes Schlammloch erscheinen zu lassen?«
    »Was?« Sie starrte ihn an. »Hast du deine Krawatte zu eng gebunden? Ich glaube, deinem Gehirn wurde die Blutzufuhr abgeschnitten.«
    »Es gibt einen Brauch in einer der Landschaften - keine von deinen, aber eine, in der ich vor ein paar Jahren mit  einem anderen Brückenbauer war. Wenn zwei Leute - gewöhnlich Frauen, weil Männer dazu neigen, ihre Angelegenheiten anders zu regeln - anfangen,

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