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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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die Jungen in Ravens Hill sie angesehen hatten. Er mochte sie, doch er begehrte sie nicht, erwartete nichts von ihr. Er war ein Freund. Einfach ein Freund.
    Die Erleichterung dieser Erkenntnis ließ ihr Tränen in die Augen steigen.
    »He, fang mir jetzt nicht wegen einer zerbrochenen Tasse an zu weinen«, sagte Lee. »Vor allem nicht, wenn du uns damit einen Gefallen getan hast.«
    Caitlin schniefte und blinzelte die Tränen aus den Augen.
    »Findest du die hier schön?«, fragte Lee und hielt die halbe Tasse hoch.
    »Nein.«
    »Wir auch nicht. Und wir sind uns ziemlich sicher, Mutter gefallen sie auch nicht, aber sie hat eine gewisse Halsstarrigkeit darin entwickelt, sie als Alltagsgeschirr zu verwenden. Und da wir keine Gäste sind, bekommen wir  sie ständig vorgesetzt. Wir sind recht unauffällig damit umgegangen, aber wir haben aus Versehen schon fast genug davon zerbrochen, dass sie den Rest wegwirft und anfängt, das Geschirr zu benutzen, das wir ihr zu ihrer und Jebs Hochzeit geschenkt haben.« Er hielt inne. »Sie wurde schon misstrauisch wegen der plötzlichen Tollpatschigkeit, wenn jemand außer ihr das Geschirr gespült hat, also hast du uns einen Gefallen getan. Schließlich kann sie dir nicht vorwerfen, du hättest es mit Absicht getan.«
    »Trotzdem, es ist das Geschirr deiner Mutter.«
    »Wir könnten es einpacken und dir mit nach Hause geben.«
    »Ich will es nicht.« Die Worte kamen so schnell und so nachdrücklich, dass sie sie beide erschreckte. Und sie waren auch nicht angebracht. Niemand konnte sagen, ob etwas aus dem Feuer gerettet worden war. Sie sollte es begrüßen, ein wenig Geschirr zu bekommen, das ihr und Tante Brighid dabei half, einen neuen Haushalt aufzubauen.
    Aber sie wollte das Geschirr nicht. Wollte es wirklich, wirklich nicht.
    Lee grinste, als wüsste er, was sie dachte - und überlegte vielleicht gerade, wie er es ihr zu einem Zeitpunkt schenken könnte, zu dem sie nicht in der Lage wäre, es abzulehnen.
    Caitlin schniefte erneut. »Glaubst du, inzwischen sind genug Stücke zerbrochen, um den Rest auf den Dachboden zu verbannen?«
    »Es könnte gerade reichen«, stimmte Lee zu. Er warf die Scherben in den Mülleimer, dann holte er Besen und Kehrblech, um den Rest aufzufegen.
    Sie saßen am Tisch und teilten sich einen Teller voller Hefegebäck und eine Kanne Kaffee, als Nadia zurück in die Küche kam.
    Dort draußen ist etwas vorgefallen, dachte Caitlin und  betrachtete die ältere Frau einen Moment lang, bevor sie Lee einen Blick zuwarf. Ja, er sah es auch, aber er verstand mehr.
    »Wir haben das Gebäck aus dem Ofen geholt«, sagte Lee. »Es ist ein bisschen braun geworden, schmeckt aber noch gut. Kommt Sebastian nicht rein?«
    Nadia holte eine Tasse und goss sich Kaffee ein. »Er musste zurück in den Pfuhl.«
    Lee trank einen Schluck Kaffee und sah seine Mutter an. »Ich gehe gleich nach dem Frühstück auf die Insel.«
    »Ich koche uns eine Suppe zum Mittagessen«, sagte Nadia. »Warte bis später, damit du deiner Schwester etwas mitbringen kannst.«
    Später. Seit sie hier gestern angekommen war, hatte Nadia versprochen, sie würden morgen als Allererstes eine Nachricht zu Glorianna schicken, weil Glorianna in der Lage wäre, die Dinge so zu erklären, wie Nadia es nicht konnte. Jetzt wurde dieses Versprechen gebeugt, die Nachricht verzögert. Warum?
    Weil dort draußen etwas vorgefallen ist. Caitlin blickte aus dem Fenster in den Garten.
    Sie war so jung gewesen, als ihre Mutter starb; sie erinnerte sich zwar nicht an ihren Tod, doch sie erinnerte sich an das Gefühl der Menschen um sie herum - die gedämpften Stimmen, und die betrübten Blicke.
    Das gleiche Gefühl erfüllte jetzt die Küche. Nadia und Lee wussten etwas, doch sie würden es ihr nicht sagen. Noch nicht.
    Und sie würden es ihr nicht sagen, solange sie sich benahm wie ein weinerliches Kind anstatt wie eine erwachsene Frau, die stark genug war, sich der Welt zu stellen.
    »Hättet Ihr gerne etwas Hilfe beim Suppekochen?«, fragte Caitlin.
    Nadia betrachtete sie einen Moment, dann lächelte sie. »Ja, das wäre schön.«
     

Kapitel 16
    Die Heiligen Stätten. Ihr Lied erfüllte ihn, lieblich und zart, mit gerade genug Rhythmus, um dem Herzen sowohl Freude als auch Friede zu verleihen. Er wollte über dieses Land und durch diese Gärten spazieren, wollte auf einer jener kleinen Insel sitzen, die er entdeckt hatte, und auf seiner Flöte spielen; die Noten Teil der Botschaft werden lassen, die das Wasser

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