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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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neben dem Boot ins Wasser glitt. Ein anderer Flusshüter löste die Lederschlaufe vom Steinpfosten und warf sie dem im Wasser zu, der sie daraufhin über seinen Kopf zog.
    Er schwamm gegen die Strömung, zog das Boot in die  Mitte des Flusses. Als sie an jenem Punkt ankamen, schien der ferne Nebel sich zusammenzuziehen und gab Michael freie Sicht auf das, was darauf wartete, ihn einer Prüfung zu unterziehen.
    Über ihm teilte sich der Fluss, getrennt von einem großen Felsvorsprung. Die Wasserfälle, die er gesehen hatte, waren Ehrfurcht gebietend gewesen, doch diese hier.
    Wände aus Wasser. Ein riesiger Halbkreis weißen Donnerns, der in den Fluss hinabstürzte, ohne das etwas seinen langen Fall unterbrach. Aufgewühltes Wasser und reißende Strömungen erfüllten das Becken, das diese Wasserfälle geformt hatten. Und der Nebel der Gischt, die sich aus der Mitte dieser wilden Wasser erhob, kennzeichnete den Ort, der den Preis barg - wenn er den Fluss lange genug überleben konnte, um ihn zu erreichen.
    Plötzlich wurden Schlaufe und Seil ins Boot geworfen, und er trieb alleine auf den Wellen, während die Strömungen am Boot zerrten, ihn den Fluss hinunterzogen, fort von dem Ort, den er erreichen musste.
    Das Herz ist das Segel, der Wille das Steuer, dachte Michael. Ich suche die Insel im Nebel.
    Entgegen aller Logik und Vernunft begann das kleine Boot sich gegen die Strömung zu bewegen. Zu beiden Seiten des Flusses erblickte er flüchtig aus dem ursprünglichen Fels herausgearbeitete Gebäude, die sich so gut in die Umgebung einfügten, dass er kaum sagen konnte, wo das Geschaffene anfing und das natürlich Entstandene aufhörte. Er wünschte, ein anderer könnte das Boot steuern, damit er die Freiheit hätte, einfach nur seine Umgebung zu betrachten. Doch jedes Mal, wenn seine Aufmerksamkeit länger als ein paar Sekunden abschweifte, geriet das Boot ins Stocken.
    Gut, also würde er sich auf seine Aufgabe konzentrieren. Wenn er die Insel erreichte, konnte er immer noch am Ufer bleiben und sich an den Wasserfällen und dem Fluss sattsehen.
    Nur, er konnte keine Insel entdecken, und er war den Fällen jetzt nahe genug, um die bösartigen Strömungen spüren zu können.
    Wonach suchst du? Es hätten Tausend Stimmen sein können, die die Frage flüsterten - oder nur eine.
    »Ich suche die Insel im Nebel.« Es erschien ihm richtig, die Worte laut auszusprechen, um ihnen das Gewicht seiner Stimme zu verleihen.
    Warum suchst du?
    »Die Hoffnung des Herzens liegt in Belladonna. Ich suche Belladonna. Ich suche ihre Hilfe im Kampf gegen den Zerstö -«
    Wahnsinn oder Wut. Es spielte keine Rolle. Der Fluss wandte sich gegen ihn. Er schleuderte das Boot aus dem Wasser, ließ es wieder in die wilden Fluten hinabstürzen, die entschlossen waren, ihn zu vernichten.
    Wonach suchst du?
    »Ich suche -« Warum geschah das hier? Er hatte ehrlich gesagt, was er suchte!
    Eine Welle schlug gegen das Boot, ließ ihn beinahe in den Fluss stürzen. Er warf sich auf die Knie, packte mit der einen Hand die Bootswand und versuchte mit der anderen, sich die Lederschlaufe über den Arm zu ziehen, um sich wenigstens etwas Halt im Boot zu verschaffen.
    Wonach suchte er? Caitlin Marie. Die Lösung eines Rätsels. Hilfe, den Zerstörer zu bekämpfen, bevor er die Teile der Welt verschlang, die er kannte.
    Die Strömungen veränderten sich, warfen ihn hin und her.
    Wonach suchst du?
    Wie eine Bilderserie veränderte sich die Welt um ihn herum. Einen Augenblick lang war er von Nebel umgeben und konnte die Stimmen todgeweihter Männer hören. Einen Moment später trieb er über einen dunstverhüllten See auf eine Insel zu, die er kaum sehen konnte - und auch nicht wollte. Einen Augenblick darauf sah er einen  Brustkorb, halb vergraben unter rostfarbenem Sand. Dann die Strömungen, den Fluss und Wände aus Wasser.
    »Ich suche Belladonna!«, schrie er.
    Warum suchst du?
    Er sank. Sank. Keine Möglichkeit, sich zu wehren.
    Und in diesem Moment, als er sich dem Schicksal ergab, fühlte er ihre Wärme, als sie sich gegen ihn lehnte, als er im Traum die Arme um sie schloss. Beinahe zu Hause. Beinahe …
    Die Hoffnung meines Herzens liegt in Belladonna.
    Ja, flüsterte der Fluss. Ja.
     Glorianna lehnte sich gegen die Mauer neben dem Tor ihres Gartens, holte tief Luft und kämpfte darum, ihr Gleichgewicht zu behalten.
    Ein Herzenswunsch, bittersüß und doch voller Freude. Trennung und Heimkehr.
    Genau hier. Auf ihrer Insel.
    Sie erkannte die Resonanz

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