BELLAGIO -- Roman (German Edition)
grausamer Scherz? Wollte er sie auf die Probe stellen? Dann, irgendwann, hatte sie sich aus ihrer Starre gelöst und sich fast mechanisch zum Fenster gedreht. Ihr Körper befahl ihr, irgendetwas zu machen, irgendetwas, egal was, nur nicht mehr einfach starr da stehen. Sie war auf den kleinen Balkon hinaus gegangen und hatte sich sogar einen kurzen Augenblick gefragt, ob sie nicht hinunter springen sollte. Ohne Alex würde sie nicht glücklich sein. Sie liebte ihn. Er war der einzige Mann, bei dem sie je diese tiefe und bedingungslose Liebe empfunden hatte, von Anfang an, all die Jahre hindurch hatte sich das nicht verändert. Dann sah sie, wie Alex mit Camille unten das Hotel verlies. Er hielt sie im Arm und schaute sie bewundernd und verliebt an. Camille sah traumhaft aus. Elegant und doch leger, wie eines der schönsten Models, schlank mit langen Beinen, langen, offenen Haaren, die sie umwallten, anders konnte man das nicht nennen. Auch sie hatte ihren Arm um seine Hüften geschlungen.
Nun erst glaubte Ela, dass er sie verlassen hatte. Aber sie verstand es trotzdem nicht. Und diese Camille? Wusste sie nicht, dass er mit ihr hier war? Hatte die kein schlechtes Gewissen, einer anderen derart abrupt den Mann auszuspannen?
Mit Ela passierte jetzt etwas, hier, wieder in diesem Hotel. Seit sie denken konnte, war sie immer traurig darüber gewesen, dass Alex sie verlassen hatte, fragend. Doch jetzt, hier in Bellagio, in dem Zimmer, das direkt neben dem lag, in dem das alles passiert war, überkam sie eine riesige Wut, die alle Gefühle der Traurigkeit und alle Fragen mit sich hinweg riss. Es knallte aus ihr heraus, all das, was sich 15 Jahre in ihr angesammelt hatte. Sie wandte sich zu der Tür in der er damals gestanden hatte, sie sah ihn vor sich und sie schrie ihn an:
„Ja! Geh doch, du blödes Arschloch! Wenn du so dumm bist und nicht kapierst, dass du mich bis in den letzten Winkel deines Herzens geliebt hast, wenn es dir so leicht fällt, zu dieser blöden reichen Kuh hinüber zu wechseln, als würde dich mit mir gar nichts verbinden, dann reiße ich mir auch alle Gefühle für dich aus dem Herzen! Dann wechsle ich auch so einfach zu jemand anderem, ohne eine Träne um dich zu vergießen! Du bist es nicht wert! Du bist eiskalt, total egoistisch! Hau ab! Und komm mir ja nie wieder unter die Augen!“
Ela atmete tief durch, nachdem sie das aus sich heraus geschrien hatte. Sie wusste, dass damit die Heilung anfing. Es war gut so. Es war gut, dass sich endlich, endlich ihre Wut zu Wort gemeldet hatte. Sie war nicht schuld gewesen. Es hatte mit ihr nichts zu tun. Sie kannte Alex gut genug, um zu wissen, dass er sie nie verlassen hätte, wenn auch sie reich gewesen wäre. Er war es, der sich entscheiden musste, zwischen Geld und Liebe. Er war das Arschloch. Und sie war jetzt frei. Frei für den Mann ihres Lebens. Und den würde sie finden. Das wusste sie. Jetzt würde sie ihn finden.
„Ich bin fertig mit dir.“
Dann warf sie der Tür einen letzten vernichtenden Blick zu, als wäre sie er. Hart drehte sie sich weg, als würde sie damit auch ihn hinter sich lassen.
Ela entschied, zu duschen.
X Y Y
Genau so, wie er es sich vorgenommen hatte, hatte Alex es gemacht. Er war kurz nach unten gegangen, hatte schnell einen Kaffee mit Stefan und Jenny getrunken, hatte einen wichtigen Termin vorgeschoben und sich dann überstürzt verabschiedet. An den überraschten Gesichtern seiner Freunde hatte er erkennen können, dass keiner von beiden ihm diese Termin-Story glaubte, aber er wusste, dass Stefan und auch Jenny viel zu taktvoll waren, um das je zu thematisieren.
Alex war sich auch darüber bewusst, dass Stefan es sich zusammenreimen konnte, so gut kannte er ihn schließlich, dass ihm sein beschwipstes berufliches Geständnis von gestern nun heute bei Tageslicht leid tat. Alex ließ sich sonst nie in die Karten schauen. Er machte die Dinge immer mit sich selbst aus. Für ihn galt darüber hinaus ‚Fake it until you make it’. Wenn man seine Ziele noch nicht erreicht hatte, dann tat man wenigstens so, als ob das nur eine Frage der Zeit sei und man bereits auf dem einzig richtigen Weg dazu war. So musste er es eben jetzt auch wieder machen.
Stefan hatte ihn noch hinaus begleitet zu seinem Porsche.
Sie hatten sich verabschiedet, sich umarmt und auf den Rücken geklopft. Kurz bevor er dann in seinen Sportwagen gestiegen war, hatte Stefan ihn noch am Arm
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