BELLAGIO -- Roman (German Edition)
nichts Besseres zu tun?“
„Nein.“
„Nein?“ Ela war so überrascht von seinen einschlägigen Antworten, dass ihr nur immer einfiel, seine Antwort ungläubig und etwas stupide zu wiederholen.
„Sie sind verrückt“, konstatierte Ela nun. Das war die einzig logische Erklärung. „Haben sie vielleicht irgendwelche psychischen Probleme? Dann können sie gerne einen Termin bei mir machen. Ich bin Psychologin.“
Er lächelte sie wieder an, schaute sie an, überlegte.
‚Mensch, der sieht wirklich gut aus. Wenn ich nicht aufpasse, verknalle ich mich noch in den Wahnsinnigen. Ich muss hier weg.’
„So, so. Sie sind Psychologin. Interessant.“ Wieder schaute er sie an, als wolle er in ihre Seele schauen. „Aber um Ihre Frage zu beantworten: Ich bin nicht verrückt. Ich...“
Er machte eine kleine Pause. Dann schaute er sie voll an. „Ich bin verliebt.“
Ela stand da wie vom Blitz getroffen. Und wieder fiel ihr nur ein, seine Antwort zu wiederholen. „Verliebt?“
Er nickte ernst.
„Verliebt? In wen denn?“ Dann dämmerte es Ela, dass er wohl sie meinen musste. „Doch nicht...“
„Doch.“
Mit offenem Mund stand Ela da. Sie schüttelte dauernd den Kopf, ohne das es ihr bewusst war. Das war einfach zu viel.
Der machte sich über sie lustig. Was war das? Ein Experiment? Nach dem Motto ‚Wie viele Frauen, die man auf offener Straße anspricht, lassen sich wohl für dumm verkaufen?’.
Ela starrte ihn immer noch an. Er hielt ihren Blick fest. Wenn er nicht so verdammt gut aussehen würde und wenn sie nicht mit halbem Verstand wünschen würde, er wäre wirklich in sie, die normale Ela im Jogginganzug, verliebt, wäre sie schon längst joggend, ach Quatsch, sprintend davongelaufen.
Sie hatte noch an dem Wort ‚verliebt’ zu kauen, da sprach er weiter.
„Wollen Sie mich heiraten?“
Dong! Ela war, als würde eine riesige Glocke in ihrem Kopf läutend explodieren. In ihrem Kopf war alles blank, leer. Der war doch mehr als nur verrückt.
Aber nun platzte es aus ihr heraus. Sie fing an zu lachen, erst leise, dann immer lauter. Sie lachte sich das Zwerchfell aus dem Leib. „Ja genau, ich will Sie heiraten. Genau deswegen bin ich hierher gekommen, um den nächst besten Verrückten, den ich nicht kenne, von der Straße weg zu heiraten!“ Sie lachte weiter. Sie hatte buchstäblich einen Lachkrampf.
Aber er lachte nicht. Er sah sie an, als wäre sie es, die verrückt wäre.
Ela drehte sich um und lief im Trimmtrab weiter. Dann drehte sie sich zu dem Mann noch einmal um, rückwärts laufend, und rief im zu: „Sie sind doch verrückt! Sehr sogar! Machen Sie bitte, bitte einen Termin beim nächsten Psychiater! Sie haben’s nötig!“ Sie winkte ihm zu, drehte sich nach vorne und trabte weiter.
Plötzlich hörte sie hinter sich schnelle Schritte. Jemand packte sie am Arm, zwang sie anzuhalten.
Der Mann sah ihr in die Augen. „Ich möchte Sie nicht belästigen. Nur noch eines. Ist es wirklich verrückt? Hören Sie mir zu. Als ich Sie gestern gesehen habe, wie Sie ins Hotel hereingekommen sind und mit dem Hotelmanager geredet haben, wie Sie Ihren Prosecco auf der Terrasse getrunken haben... Wissen Sie, ich bin 52 Jahre alt, und habe schon einiges an Leben hinter mir. Ich weiß, was ich erlebt habe und ich weiß, was ich dabei gefühlt habe. Und egal, was ich auch immer erlebt habe, egal, mit wem ich es erlebt habe, ich war immer rastlos. Ich habe nie und mit niemandem erlebt, dass diese Rastlosigkeit sich beruhigt hätte. Und wenn dann plötzlich jemand in Ihr Leben tritt und Sie denken, Sie spüren in jeder Zelle Ihres Körpers...“ Er verfing sich, wusste nicht, wie er weiter formulieren sollte.
Ela konnte sich nicht beherrschen, sie musste das einfach sagen. „Und wir wissen ja alle, mit welchem Körperteil Männer vor allem denken... welcher war das noch?“
Er schüttelte nur ernst den Kopf, erstaunt darüber, dass sie dieses Geständnis mit so einer ironischen Bemerkung garnierte. „Was ich sagen wollte, ist Folgendes: Ich habe nie an die Liebe auf den ersten Blick geglaubt, daran, dass der Blitz einschlägt und so einen Kram. Aber wenn man einen Menschen trifft, bei dem man zur Ruhe kommt, der es schafft, einen durch seine pure Anwesenheit auf die überhaupt wohltuendste Weise zu beruhigen und Sie sich gleichzeitig so sehr zu ihr hingezogen fühlen, wie noch nie zu jemandem zuvor? Wenn Sie einfach wissen, dass sie es ist? Das Sie diese Frau immer um sich haben wollen? Kann es
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