BELLAGIO -- Roman (German Edition)
„Künstler“ in die Runde.
Er grunzte. „So sehe ich mich nicht. Ich denke mir einfach Geschichten aus und schreibe sie auf. Ob die anderen sie mögen, das fragte ich nicht. Dieses Künstlergetue geht mir selbst auf den Geist. Und ich gehe selten auf Events, schon gar nicht welche, auf denen ich so tun sollte, als wäre ich einer.“
„Warum also... das Ganze?“
„Weil ich hier drin weiß...“, er zeigte auf sein Herz, dann auf seinen Kopf, „dass du zu mir gehörst, und ich zu dir. Punkt. Ich habe das nie für möglich gehalten... mea culpa... und wenn Freunden das so ähnlich passiert ist, war ich immer der ungläubige Thomas, der alles angezweifelt hat. Bis ich dich getroffen habe.“
„Dann werden die sich jetzt freuen, deine Freunde meine ich“, grinste Ela.
Leo beugt sich nach vorne. „Und jetzt du, ehrlich...“
Ela nickte.
„Spürst du... das nicht?“
„Schon.“ Ela zögerte kurz, wusste nicht, wie sie es ausdrücken sollte. „Nur einmal habe ich etwas Ähnliches gespürt.“ Sie machte eine kleine Pause, bevor sie weiter redete. „Und das ist verdammt schlecht ausgegangen, für mich. Sehr verdammt schlecht.“
„Aaah.“ Leo lehnte sich zurück. Das war es also. Sie scheute. Wie ein Pferd vor einem Hindernis, das es schon einmal nicht geschafft hatte.
„Du warst aber nicht verheiratet mit ihm?“
„So gut wie verlobt.“
„Wäre es passiert, wenn ihr verheiratet gewesen wärt?“
„Ich weiß nicht... vielleicht nicht.“ Ela hatte sich das ehrlich gesagt, nie gefragt. Aber Leo hatte Recht. Es hätte einen Unterschied gemacht. Ganz sicher. Erst jetzt, durch diese Frage, rekapitulierte Ela in Millisekunden das Wertesystem von Alex. Ihm waren Verträge sehr wichtig. Er würde nie ein Versprechen brechen, nicht, wenn er es verhindern konnte. Und sie erinnerte sich an einen Satz von ihm, den er einmal gesagt hatte, als einer seiner Freunde seine Frau betrogen hatte. Sie hatte diesem Satz damals keine Bedeutung beigemessen, aber im Licht der Frage von Leo hatte dieser Satz plötzlich eine überragende Schlagkraft. Alex hatte gesagt: „Das verstehe ich nicht. Wenn man verheiratet ist, ist man verheiratet. Keiner zwingt einen dazu, aber wenn man es macht, dann zieht man es durch. Da gibt es gar nichts anderes. Treue, Zusammenhalten, lebenslang.“
Peng. Ela fiel es plötzlich wie Schuppen von den Augen. Das war der Grund gewesen, warum er die Heirat mit ihr immer hinausgezögert hatte. Er war sich nicht sicher gewesen, ob er das mit ihr konnte und wollte, lebenslang! Heiraten war sein Knackpunkt gewesen.
Sie fühlte sich plötzlich unendlich erschöpft. Das war es also. Bisher hatte sie, von Neugier und Interesse an Leos Offenbarungen getrieben, vorne auf der Stuhlkante gesessen, nach vorne gebeugt, an seinen Lippen hängend.
Aber jetzt sackte sie in ihrem Stuhl nach hinten, ließ sich gegen die Stuhllehne fallen. ‚Oh Gott, das war es also.’ Er hatte sich ihr nie verpflichtet gefühlt.
Denn für ihn fing die Verpflichtung erst mit dem Heiraten an.
Leo spürte, dass ihr gerade etwas klar geworden war. Sie tat ihm leid. Er wollte ihr helfen, zu vergessen und zu vergeben. Wollte ihr helfen, ihre Wunden zu heilen.
Was war das nur für ein Trottel gewesen, der diese wundervolle Frau verlassen und ihr so weh getan hatte, dass dieser Schmerz sie sogar heute noch im Griff hatte?
„Ela...“, ganz sanft sprach er ihren Namen aus, „geht es wieder?“
Sie sah ihn nur starr an.
Er wusste sie hing fest. „Darf ich etwas sagen?“
Sie nickte. Dann sah er ihr fest in die Augen.
„Das war ein Trottel! Ein Oberblödmann. Der hat dich nicht verdient. Verstehst du? Gib deinen Erinnerungen einen Tritt in den Arsch! Mit Anlauf! Wie lange willst du ihm noch Macht über dich und dein Leben geben?“
Diese Worte erreichten Ela wie von ferne, als würden sie durch dichte Nebelschwaden zu ihr dringen.
Leo hatte Recht. Diese Erlebnisse blockierten sie heute noch.
Unzusammenhängend fing sie an, zu antworten. „Du hast Recht. Er soll keine Macht mehr haben. Das Schlimme ist, ich habe nicht verstanden, warum. Aber du hast Recht, das muss mir egal sein. Ich muss dem ganzen Zeug schlicht einen Tritt in den Arsch geben...“
Sie nickte in sich hinein, wie in Trance. Leo verstand, was gerade in ihr vorging. Er hatte den überwältigend starken Drang, sie aus diesem emotionalen Gefängnis heraus zu holen. „Dabei kann ich dir vielleicht helfen.“
„Du?“
„Morgen
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