Belles Lettres
Ihnen den Mann, der den Platz einer Frau in der Welt und den Platz eines Mannes in einer Frau kennt. › Newbold, warum haben Sie das ausgelassen?»
Lou Bodoni buhte.
«Deshalb», sagte Press und manövrierte den Schriftsteller auf einen Stuhl. «Aber Sie haben beim Mittagessen versprochen, uns zu sagen, was Sie von Belles Lettres halten.»
«Phantastisch.»
«Was gefällt Ihnen am besten?»
«Die Wörter und die Bilder.»
«Können wir uns noch irgendwie verbessern?»
«Unmöglich.»
«Dann glauben Sie also, daß Belles Lettres perfekt ist?»
«Perfekt», sagte der Schriftsteller und nippte an seinem Drink, der nach Scotch oder Bourbon pur aussah. «Ich interessiere mich eher für Sie persönlich, Newbold. Sie gefallen mir. Sie sind so eine häßliche kleine Mißgeburt. Ein Maulwurf. Wühlt, frißt Käfer, große Schnauze, seidiger hellbrauner Pelz, Vorderläufe gut zum Buddeln. Sie müssen schon als Kind widerwärtig gewesen sein, Newbold. Warum wollen Sie sich dagegen wehren? Jeder hält Sie für einen widerlichen Kretin, und Sie sind auch ein widerlicher Kretin. Wissen Sie, warum Sie mir gefallen, Newbold? Sie haben keinen Stolz. Sie sind der Prinz des Machbaren.»
Press lächelte vor sich hin.
Aber als Chuckle «hört, hört!» rief, blickte der Schriftsteller vage in Chuckles Richtung und sagte: «Ich will Ihnen mal was sagen, Sie Blindgänger. Mir steht es zu, auf Newbold rumzutrampeln. Ich bin eine Berühmtheit, und er genießt das. Aber Sie sind nur eine von seinen Kreaturen. Sie haben lediglich das Recht, ‹ jawohl, Sir! › zu sagen.»
«Hört, hört!» sagte Press.
«Die Domestiken darf man nie aus den Augen lassen, Newbold, sonst klauen sie einem das letzte Hemd.» Er wandte sich an die Belegschaft. «Angesichts dieses Meers der Mittelmäßigkeit würde ich am liebsten den Stöpsel ziehen und euch alle miteinander durch den Ausguß spülen. Und sowas nennt sich erwachsen? Warum bleibt ihr freiwillig unter der Knute dieses kleinen Gauners? Wenn er daraus auch nur den kleinsten Vorteil ziehen kann, stampft er euch doch in Grund und Boden. Die großen Gauner sind schon schlimm genug, aber erst die kleinen! Sie nutzen euch nicht nur deshalb aus, weil es gut für sie ist, sondern weil sie Spaß daran haben. Es sind Faschisten aus freien Stücken, und ihr seid ihre Helfershelfer. Sucht euch 'nen Job, in dem ihr über Leute herrschen könnt, die noch dümmer und schwächer sind als ihr selbst, und dann werdet ihr auch zu Faschisten aus freien Stücken.»
«Sind Sie auch ein Faschist aus freien Stücken?» rief Barry Vellum.
«Aber klar doch. Mein Verleger schickt mir Geburtstagsgrüße, Genesungswünsche und teilt mir all das Gute mit, daß die Leute auf Partys über mich erzählen. Und wissen Sie auch, warum? Wenn er das nicht täte, würde ich den Verlag wechseln. Was seine Sekretärin alles für mich tut, erzähle ich Ihnen lieber nicht.»
Barry war aufgestanden. «Wollen Sie damit sagen, daß es zwei menschliche Klassen gibt? Die Ausbeuter und die Ausgebeuteten?»
«Dieser Mann braucht einen Drink», sagte der Schriftsteller.
«Erinnern Sie sich nicht mehr an mich?» fuhr Barry fort. «Auf dem College haben wir zusammen in einem Zimmer gewohnt.»
«Ich seh dich dreifach, Süßer, und an keinen dieser drei kann ich mich erinnern. Ich finde das alles zum Kotzen, Newbold. Lassen Sie uns abhauen.»
Press holte den Mantel des Schriftstellers. Ich half dem Schriftsteller auf die Beine. Er hatte seine Vorstellung beendet, hielt die Augen halb geschlossen und bewegte den Unterkiefer, als ob ihm speiübel sei.
Während Press ihm in den Mantel half, sagte er zu mir:
«Tolle Show!»
Gegen Ende der Woche berichtete ich all das Mr. Margin und fügte hinzu, daß die Operation Kalte Schulter meiner Meinung nach ein Fehlschlag gewesen sei. Das Problem war, daß die Operation nichts verändert hatte. Reden wollte mit Press ja sowieso niemand. Die kalte Schulter war ihm von Anfang an gezeigt worden. Mr. Margin meinte, der Schriftsteller sei während seines Besuchs sehr aufmerksam gewesen, insofern Press tatsächlich keinen Stolz habe. «Ächtung läuft immer und überall auf moralische Verachtung hinaus. Aber diesem Burschen ist das völlig egal. Frank, vielleicht sollten Sie alle die Sache entspannter sehen und ihn einfach ertragen wie schlechtes Wetter.»
Am nächsten Tag, einem Freitag, kam Selma nach dem Mittagessen in mein Zimmer und sagte, Press benehme sich merkwürdig und ich möge einmal
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