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Belles Lettres

Belles Lettres

Titel: Belles Lettres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Simmons
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verdient! Ed Princeps berief ein Treffen des De-Pressions-Komitees ein, das zu dem Ergebnis kam, daß Press Oberwasser hatte und das Komitee sich neu aufstellen und das weitere Vorgehen überdenken sollte. Das einzig Gute an Press' Triumph bestand darin, daß er mir nicht länger im Nacken saß, weiter totes Holz zu entsorgen.
    Anschließend war Press immer seltener in der Redaktion anzutreffen, fehlte erst halbe Tage und manchmal auch ganze Tage. Lou Bodoni erfuhr von Selma, daß er seine Zeit in Mrs. Toolings Büro verbrachte. Eine ominöse Entwicklung, fanden wir. Wurde ein Massaker geplant?
     
    Donnerstagvormittag traf sich die Belegschaft im Büro des Chefredakteurs, um die nächste Ausgabe vorzubereiten. Normalerweise hatten wir genügend Text, um damit drei Ausgaben zu füllen. Das war unsere Manövriermasse. Wenn beispielsweise die erste Seite einem Roman vorbehalten sein sollte, plazierten wir ein Sachbuch auf der zweiten, einen Essay wahrscheinlich auf der dritten und so weiter. Die Zusammenstellung wurde großspurig als Architektur bezeichnet. Mr. Margin war ein gewissenhafter Architekt gewesen. Er sorgte sich nicht nur darum, wie etwa die Abfolge von Lyrik auf Politik und Politik auf Wissenschaft wirken würde («Wir können von der Politik zur Wissenschaft übergehen, aber nicht von der Lyrik zur Politik. Vielleicht ginge es aber mit Lyrik-Wissenschaft-Politik...»), sondern er bezog auch die Komposition der vorigen Ausgabe mit ins Kalkül ein («Frank, hatten wir erzählende Literatur nicht erst letzte Woche auf Seite Fünf?», worauf ich beispielsweise erwiderte: «Aber Literatur von einer Frau, und diese stammt von einem Mann», worauf er dann etwa erwiderte: «Ja, das leuchtet mir ein, eine hübsche Variante.» Wenn er dann bei anderer Gelegenheit zu mir sagte: «Frank, wir hatten letzte Woche Kurzgeschichten auf Seite Fünf, ebenfalls von einer Frau», sagte ich vielleicht: «Das ist ja genau der Punkt, auf den wir es ankommen lassen sollten», worauf er dann sagte: «Ja, das ist eine Art Kommentar, nicht wahr?»). Ehrlich gesagt bezweifele ich, ob auch nur zwei von tausend Lesern bewußt oder unbewußt Belles Lettres' Architektur von einer Woche zur nächsten verfolgten. Aber Mr. Margin war, wie gesagt, gewissenhaft.
    Nicht jedoch Press, den an Büchern lediglich deren journalistische Verwertbarkeit interessierte, das heißt, deren Gegenstand und das Renommee des Autors. Da er mit literarischen Namen und Themen kaum vertraut war, kaprizierte er sich nur auf das, was er kannte. So hob er etwa einen zweitklassigen Roman auf die erste Seite, weil er von einem berühmten Autor rezensiert wurde, selbst wenn Geist und Stil dieses Autors in den vergangenen Jahren gleichermaßen matt geworden waren. Wenn man die Entscheidung in Frage stellte, sagte Press: «Aber die Rezension ist doch von.» und sprach den Namen so dringlich aus, als ob er ein Argument sei. Abgesehen davon stellte er die Zeitschrift nach dem Zufallsprinzip zusammen. Merkwürdig war allerdings, daß trotz solcher Wurschtigkeit kaum ein Unterschied gegenüber Mr. Margins Sorgfalt in Belles Lettres zu entdecken war.
    Wir verbrachten also, wie gesagt, den Donnerstagvormittag mit solchen Tätigkeiten. Als Press an diesem Donnerstag verkündete, die ersten drei Seiten müßten noch offen gehalten werden, wirkte das auf uns wie ein Schock. Auf die Frage, um welche Story es sich handele, antwortete er, daß er darüber nicht sprechen dürfe, und auf die Frage nach den Gründen, antwortete er: «Aus Gründen der Sicherheit.» Diese Geheimnistuerei verstärkte nur noch die Befürchtungen innerhalb der Redaktion, und am gleichen Nachmittag kam es zu einem De-Pressions-Treffen in einem Konferenzzimmer. Später berichtete Ed Princeps mir, daß die Atmosphäre niedergeschlagen und zurückhaltend gewesen sei -zurückhaltend, weil alle hofften, zu den Überlebenden zu gehören, falls es Überlebende geben sollte.
     
    Am nächsten Tag lud Press mich zum Mittagessen ein. Er wirkte aus unerfindlichen Gründen freudig erregt. Über das Treffen der Belegschaft wußte er Bescheid und behauptete, ihre Ängste fände er amüsant. Während wir uns unterhielten, versuchte ich, in seinem Blick das sadistische Vergnügen zu entdecken, das ein Rausschmiß verursacht hätte; ich sah aber nur dümmliche Nervosität.
    «Frankie-Boy», sagte er, «was wissen Sie über Shakespeare?»
    «Das, was jeder weiß.»
    «Haben Sie seine Sonette gelesen?»
    «Ja,

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