Belsazars Ende
ließ den Dezernenten einfach stehen und fragte Toppe: »Können wir anfangen?«
Van Appeldorn lachte laut im Hintergrund.
»Ja«, sagte Toppe, »fangen wir an.«
»Okay, Jungs«, brüllte Ackermann. »Et geht los!«
Die Arbeiter räumten das Gerümpel vor dem Eingang beiseite, wobei Ackermann kräftig mit anfaßte, und verschwanden mit ihren Lampen in der Finsternis.
Die Reporter drängten sich heran, aber van Appeldorn kam herunter und machte ihnen sehr deutlich, wo sie sich aufzuhalten hätten.
Murrend zogen sie sich zurück.
Die Arbeiter hatten den Generator angeworfen, man sah einen Lichtschein aus der Tiefe. Sie bildeten eine Kette, reichten Bretter und Steine herauf.
Ab und an hörte man Ackermanns durchdringende Stimme, konnte aber nicht verstehen, was er sagte.
Rosenberg hatte die ganze Zeit geschwiegen.
»Können Sie sich erinnern?« fragte Toppe. »War es hier?«
»Es ist möglich«, antwortete Rosenberg, »aber ich weiß es nicht sicher.«
Der Stadtdirektor kam und verwickelte Rosenberg in ein Gespräch. Der Kulturdezernent und der Mann vom Denkmalschutz standen mit dümmlichem Lächeln dabei.
Toppe spürte, wie ihm die feuchte Kälte langsam die Beine hochkroch.
Unten an der Straße hielt ein Auto und spuckte noch mehr Reporter aus. Toppe entdeckte Rambach unter ihnen.
Auch Rosenberg erkannte ihn offenbar, denn er nickte grüßend.
Rambach kam zielstrebig den Berg hinauf und gab Rosenberg mit einer artigen Verbeugung die Hand, wußte dann aber auch nichts Richtiges zu sagen und schien erleichtert, als einer der Fotografen ihn rief.
»Der junge Mann hat mich 1988 ein paar Tage durch die Stadt geführt«, erklärte Rosenberg.
»Ja, das hat er mir erzählt. Wie sind Sie mit ihm zurechtgekommen?« fragte Toppe und dachte daran, daß er selbst überhaupt keinen Draht zu Rambach gekriegt hatte.
»Nun ja, nicht so schlecht eigentlich. Er war ein bißchen unreif.«
»Haben Sie mit ihm über Ihre Fluchtgeschichte gesprochen?«
»Ein wenig. Ich glaube, ich habe ihm ein paar romantische Illusionen geraubt, als ich ihm sagte, daß van Velden Geld genommen hat. Das konnte er sich gar nicht vorstellen. Er war empört, aber., ein Reporter eben. Vielleicht hätte ich ihm mehr erzählt, wenn er kein Reporter wäre.«
»Herr Toppe!« schrie Ackermann vom Katakombeneingang. »Können Sie ma’ ebkes kommen?«
Es waren acht Stufen, glitschig, und Toppe stützte sich an der Wand ab, damit er nicht ausrutschte.
Ein schmaler Gang führte zunächst geradeaus und gabelte sich dann nach vier, fünf Metern. Sie hielten sich rechts.
Van Velden hatte sorgfältig gearbeitet; überall waren Eisenstützen und Balken, die die leicht gewölbte Decke trugen.
Das Mauerwerk war bröckelig und naß. Auf dem Boden stand das Wasser mindestens zehn Zentimeter hoch und schwappte ihm in die Schuhe. Gummistiefel hätte er gebraucht.
Ackermann hatte auch keine Gummistiefel an, aber ihm machte das wohl nichts aus. »Vorsicht. Hier jetzt aufpassen! Achtung!« ging er vor Toppe her.
An den Wänden standen die Bauarbeiter und versuchten, die Lampen zu befestigen.
»So. Bis hier is’ er gekommen«, blieb Ackermann schließlich stehen.
Der Gang wurde durch einen Berg von Schutt und Holz versperrt.
»Ab jetz’ müssen wir weiterbuddeln.«
»Nur zu«, sagte Toppe und machte sich in quatschenden Schuhen auf den Rückweg. Er warf einen Blick in den linken Gang, aber der endete nach wenigen Metern an einer Felswand.
Draußen standen alle und sahen ihm gespannt entgegen, aber er schüttelte den Kopf.
»Noch nichts. Da muß erst noch Schutt weggeräumt werden.«
Astrid hatte sich hinter ihn geschmuggelt.
»Wie hast du geschlafen?« fragte sie leise in ihre Handtasche, in der sie angestrengt nach Zigaretten suchte.
»Überhaupt nicht«, flüsterte er, ohne sich umzudrehen.
»Das ist nur gerecht. Ich auch nicht.«
Inzwischen hatte auch die Bevölkerung offensichtlich mitgekriegt, daß hier was los war. Immer mehr Leute kamen den Berg hoch.
»Möchte bloß wissen, wo der WDR bleibt«, schnodderte van Appeldorn. »Hast du Funk in deinem Torpedo, Berns?«
Der grunzte ein,Ja’.
»Ich rufe die Kollegen an. Wir müssen absperren.«
Sie warteten.
Die Arbeiter reichten weiter Steine und Bretter nach oben.
Toppe spürte seine Füße nicht mehr.
Als die Schutzpolizei die Absperrungen aufstellte, wurde die Menschenmenge noch größer, aber wenigstens blieb sie jetzt unten an der Straße. Die Autos parkten schon in
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