Belsazars Ende
Mit dem krieg’ ich dat schon gekungelt.«
Aber jetzt ließ sich der Herr Kulturdezernent doch persönlich herab.
»Stollen? Nie gehört. Am Amphitheater? Nun, dann ist das Sache des Landschaftsverbandes. Denkmalschutz, Sie verstehen? Da gibt es eindeutige Verordnungen.«
Bei dem Wort »Verordnung« kam Toppe die Galle hoch, aber bevor er was sagen konnte, schickte der Kulturdezernent noch »Ich muß auf jeden Fall Rücksprache mit dem Verwaltungschef nehmen« hinterher.
»Wissen Sie was?« sagte Toppe eisig. »Bemühen Sie sich nicht. Ich besorge mir eine gerichtliche Verfügung.«
»Nein, nein«, beeilte sich der Dezernent, »das wird nicht nötig sein. Wenn ich Sie in einer halben Stunde zurückrufen könnte..«
»Nein«, blaffte Toppe, »ich rufe Sie wieder an.«
Damit legte er den Hörer auf und atmete ein paarmal tief durch.
»Kommen Sie Ackermann, wir gehen in die Kantine.«
Toppe machte den bedauerlichen Fehler, sich das Tagesmenu zu bestellen: Wiener Schnitzel mit Kartoffelpüree und Gurkensalat. Das Fleisch ging noch so gerade, aber der Kartoffelbrei kam aus der Tüte und schmeckte nach nichts, der Gurkensalat war wässrig und schwamm in einer viel zu süßen Sahnesauce. Er stocherte in allem herum und schob schließlich angeekelt den Teller weg.
Ackermann hatte da überhaupt keine Probleme. Blind schaufelte er alles in sich hinein und schaffte es auch noch, dabei ohne Punkt und Komma zu reden. In seinem Bart klebten Kartoffeln und Salattunke.
Toppe hätte gern ein wenig in Ruhe nachgedacht, aber darauf bestand keine Aussicht. Ackermann ließ seiner, ohne Zweifel ausgeprägten Phantasie die Zügel schießen, spekulierte wild darüber, wie es wohl alles gewesen sein konnte und welchen Schatz sie wohl ausgraben würden.
Nachdem er sich noch zwei Schüsseln Erdbeerquark, »tun Se doch noch en bißken Sahne drauf, Elli«, einverleibt hatte, meinte er endlich: »Wirdet nich’ Zeit, den Jungs bei de Stadt noch ma’ auf die Füße zu treten?«
»Ich habe schon auf Ihren Anruf gewartet, Herr Toppe«, meinte der Kulturdezernent. »Es ist alles abgeklärt. Wir können die Stollen morgen öffnen. Sagen wir um zehn Uhr?«
»Sehr gut.«
»Ich werde selbst dabei sein, ebenso ein Sachverständiger vom Denkmalschutz. Aber da wären noch ein paar Dinge abzuklären. Wieviele Arbeiter werden benötigt, welches Werkzeug und so weiter? Könnten wir uns nicht kurz zu einem Ortstermin treffen?«
»Ich schicke Ihnen gleich einen Kollegen runter.«
»Fein. Übrigens wäre dem Stadtdirektor eine richterliche Verfügung lieber, schon um die Frage der Kostenübernahme zu klären.«
»Ich kümmere mich darum.«
Ackermann freute sich, daß er endlich was zu tun kriegte. Herumsitzen und Nachdenken lagen ihm nicht so sehr.
»Dafür hab’ ich zuviele Hummeln im Hintern«, verabschiedete er sich.
Toppe schrieb seine Berichte, sagte dem ED Bescheid, daß er ihn morgen früh um zehn brauchte, und hörte sich geduldig Berns’ Gejammer über all die Arbeit an. Er versuchte Rosenberg im Hotel zu erreichen, hatte aber kein Glück und hinterließ ihm eine Nachricht, nahm einen Anruf von Siegelkötter entgegen: »Bloß keine Presse morgen!«, trank Kaffee und dachte nach. Er schob gedankliche Puzzleteile hin und her, rauchte und trank noch mehr Kaffee.
Als Ackermann zurückkam, gab er sich beschäftigt, aber es nutzte ihm nichts. Er bekam den ganzen Sermon über »de Knallköppe bei de Stadt« trotzdem serviert und beschloß, für heute Schluß zu machen.
Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit war Toppe pünktlich zu Hause.
Schon in der Diele duftete es nach seiner Lieblingssuppe. Er ging dem Geruch nach und fand Gabi in der Küche, die am Tisch stand und Pastetchen füllte.
»Du schon«, sagte sie ohne Begeisterung.
Er fühlte sich geohrfeigt. »Paßt dir das nicht?«
»Nicht besonders im Moment.«
»Wie bitte?«
»Mein Gott«, sagte sie und sah von den Pasteten auf, »so mein’ ich das doch nicht. Sei doch nicht immer so empfindlich. Meine Kolleginnen kommen zu Besuch. Wir wollen ab jetzt einmal in der Woche einen Frauentreffmachen.«
»Frauentreff!«
»Ja«
»Und dafür machst du all diese leckeren Sachen?«
»Hm. Willst du ein bißchen Suppe?«
»Nein. Ich will ja niemandem was wegessen.«
»Du spinnst doch«, meinte sie nur, legte die Deckel auf die fertigen Pasteten und dekorierte jede mit einem kleinen Dillzweig.
Er ging hinauf ins Schlafzimmer, zog die Schuhe aus und legte sich aufs Bett.
Gerade
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