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Ben Driskill - 02 - Gomorrha

Ben Driskill - 02 - Gomorrha

Titel: Ben Driskill - 02 - Gomorrha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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Hazlitts größere Firma einzubringen. Als Gegenleistung bekam er einen Aktionärsposten in der Mutterfirma, die The Heartland Group genannt wurde, sowie eine größere Summe in bar. Herb Varringer hatte seine Führungsposition im Aufsichtsrat von Heartland angetreten, und das Leben war weitergegangen.
    Er legte die Zeitung beiseite, als er das Taxi unten auf der Straße hörte. Dann schlug die Tür zu, und jemand fluchte, als das Taxi wegfuhr.
    Der Mann, der sich die lange Treppe vom Gehsteig heraufschleppte, kam in Sicht. Sein Gesicht war puterrot von der Anstrengung, mit offenem Mund schnappte er nach der schwülen Luft wie ein Fisch auf dem Trocknen. Er trug einen Leinenanzug, der erbärmlich mitgenommen aussah. Man sah solche Anzüge nicht mehr oft. Völlig verknittert. Das Jackett stand offen, wie eine abgenutzte Erinnerung an alte Abenteuer, rote Hosenträger auf dem weißen Hemd. Der Mann war schweißüberströmt und wischte sich das rote Gesicht mit einem großen Taschentuch ab. Auf dem letzten Treppenstück wurde er noch langsamer. Dann blieb er stehen und blickte zu seinem Gastgeber hinauf.
    »Mr. Tarlow, nehme ich an?«
    »Ja, und wenn Sie mich jetzt fragen, ob es heiß genug für mich ist, sind Sie der sechste, der mir heute diese Frage stellt, und, bei Gott, dann mache ich kehrt und gehe diese Stufen wieder runter und notfalls zu Fuß bis zu diesem Scheißflughafen, denn …«
    »Ich entnehme ihren Ausführungen, daß es heiß genug für Sie ist. Der Trick, wie ich herausgefunden habe, ist, daß man sich ganz langsam bewegt, wenn es so heiß ist wie heute. Kommen Sie. Setzen Sie sich. Eine Karaffe Eistee steht bereit. Wir wollen doch nicht, daß Sie einen Herzinfarkt bekommen, oder?«
    »Da haben Sie recht. Ich möchte wirklich nicht in diesem gottverlassenen Nest sterben.«
    »Oh, so gottverlassen ist es nicht, Mr. Tarlow. Bloß ein bißchen schwül heute. Tatsache ist, daß ich überall gewesen bin, wo man nur sein kann, aber Saints Rest ist der schönste Platz, den ich je gesehen habe. Ich war in Monterey, Kapstadt, Sydney, an der Côte d’Azur, in der Hochsaison in Biarritz und in New York, an einem herrlichen Herbsttag … Ich habe das brennende Laub am Fluß in Cambridge gerochen und bin auf einem See im Schwarzwald gerudert … Hier ist es am schönsten. Vielleicht hat es aber auch mit meinen Gefühlen zu tun, daß hier meine Heimat ist, mein Zuhause. Man muß den Fluß und die Berge und das Grün lieben, dann findet man keinen besseren Platz als Saints Rest.«
    Tarlow blieb den restlichen Tag auf Herb Varringers Veranda vor der großen alten Villa, trank Eistee und vertilgte Sandwiches mit Gurken und kaltem Huhn und bekam seinen Blutdruck langsam wieder unter Kontrolle. »Sie wissen natürlich, wer mich hergeschickt hat.«
    »Ja. Er hat mich angerufen und Sie angemeldet. Sehr rücksichtsvoll. Ich habe ihn noch nie persönlich getroffen, aber es war nett, daß ein Mann wie er meine Bedenken ernst genommen hat.«
    »Oh, er nimmt Sie sehr ernst. Und nicht nur das.«
    Varringer setzte seinen schönen Strohhut auf. Die leuchtenden blauen Augen paßten gut zum Hutband. Er roch gut: Tarlow stieg ein Hauch von Bayrum in die Nase. Seltsamerweise fand er das beruhigend. Sein Großvater hatte das gleiche Eau de Cologne benutzt.
    »So, was halten Sie von einem kleinen Spaziergang? Ich gehe ein großes Risiko mit ihnen ein, Mr. Tarlow. Ich möchte Ihnen eine Geschichte erzählen. Das alles kostet mich einen Haufen Geld und – was noch wichtiger ist – viel Seelenfrieden. Aber es muß getan werden, und jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Ich möchte, daß Sie sich meine Welt anschauen, Mr. Tarlow. Ich möchte, daß Sie ein klein wenig meine Werte verstehen: Warum ich traurig bin, daß ein Zeitalter vergeht, und Angst vor dem neuen habe, das heraufzieht und das tausendmal schrecklicher sein wird als alles, was wir uns ausmalen können. Ich möchte, daß Sie wissen, warum ich das Risiko eingehe, Ihnen alles zu erzählen.«
    »O Gott, das klingt vielversprechend«, sagte Tarlow.
    Varringer lächelte. »Ich werde mir Mühe geben, es möglichst schmerzlos zu machen. Betrachten Sie es als Spaziergang über die Straße der Erinnerungen.«
    Varringer ging mit seinem glänzenden Spazierstock, mit einem Bulldoggenkopf als Knauf. Irgendwie funktionierte es: Er wirkte auf Tarlow wie ein alter Aristokrat, allerdings mit dem Gesicht eines Selfmademans.
    »Sind Sie sicher, daß ich nach Saints Rest gekommen bin, um das

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