Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ben Driskill - 02 - Gomorrha

Ben Driskill - 02 - Gomorrha

Titel: Ben Driskill - 02 - Gomorrha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
Vom Netzwerk:
einem Eis, Hayes? Mich würde es bei meiner Abschiedstour stärken.«
    Sie wickelten Servietten um die Eiswaffeltüten und gingen durch das einst belebte Geschäftsviertel. »Das große Einkaufszentrum am Highway hat der Innenstadt ziemlich geschadet«, erklärte Varringer. »Mein Gott, die kleinen Geschäfte haben sich einfach vor den Zentren auf den Rücken gelegt und sind gestorben. Aber natürlich passiert das im ganzen Land. Da drüben ist die Zeitung. Die gehört mir. Und der Fernsehsender. Ich habe Hawkeye an Heartland verkauft, und die Firma ist dann ganz aus Saints Rest fortgegangen. Aber ich habe noch die Zeitung und den Sender, um mich zu beschäftigen.«
    Hayes Tarlow nickte zustimmend. Herb Varringers leise, anheimelnde Stimme hypnotisierte ihn. Hayes sah Dinge in einer für ihn völlig neuen Perspektive. Er hatte für Kleinstädte nie viel übrig gehabt, sondern war lieber dort gewesen, wo was los war. Erst nachdem er über fünfzig geworden war, hatte er erkannt, daß überall was los war und er nur zu blöd gewesen war, um das zu sehen. Varringer öffnete ein Fenster und zeigte ihm eine Stadt und – für einen Moment – auch ihre Vergangenheit.
    »Zugegeben«, fuhr Varringer fort, »einige soziale Ungerechtigkeiten wurden behoben – manches ist nicht mehr so schlimm wie früher –, aber alles ist noch himmelweit davon entfernt, gut zu sein. Man lebt länger, die Medizin hat Fortschritte gemacht. Aber wir enden damit, all die alten Knacker einzulagern, weil es einfach zu viele gibt. So wie mich.« Sein Lächeln war kalt wie der Winter. Beim Zuhören fühlte Hayes Tarlow sich wie ein großer Denker. »Früher hatten wir einen wirklich guten Zug. Man konnte morgens in ihm frühstücken, mit echtem Leinen und schwerem Silberbesteck, alle Zeitungen lesen, in der Union Station in Chicago aussteigen, Geschäfte erledigen, im Pump Room zu Mittag essen, den Abendzug nehmen, ein gutes Steak, Kaffee und Apfelkuchen genießen und wieder in Saints Rest aussteigen.« Er schüttelte den Kopf »Nein, es war eine bessere Welt.«
    Hayes Tarlow fragte: »Und das soll ich im Osten erzählen? Ist es das, was ich unserem gemeinsamen Freund von Ihnen ausrichten soll?«
    »Das? Nein, zum Teufel. Das habe ich Ihnen nur als Einleitung erzählt. Das kennt er alles. Das ist nur der Hintergrund für das, was ich Ihnen erzählen muß. Wenn Sie die Vergangenheit nicht verstehen, können Sie sich nicht vorstellen, was ich Ihnen über die Zukunft zu sagen habe. Es gibt Schlimmeres, mein Freund, als Giftmüll, und es wird kommen. Darüber will ich sprechen. Das sollen Sie weitergeben.«
    »Und wann wird das Ihrer Meinung nach sein, Mr. Varringer?«
    »Also, jetzt zeige ich Ihnen erst mal was. Das müssen Sie sich ansehen – es ist wichtig.« Er zeigte auf eine Parkbank vor dem Postamt. Sie setzten sich, und Varringer nahm ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Brusttasche und reichte es Tarlow. Dieser glättete es auf dem Knie.
    »Was ist das? Ich sehe nur Gekritzel.«
    »Nein, Herrgott noch mal, das ist kein Gekritzel! Es ist der Schlüssel zu dieser verdammten Sache – na, was sagen Sie jetzt?«
    »Dazu müssen Sie mir schon erklären, was es ist.«
    Ein Kardinal flog vor ihnen in einen Baum und verschwand im Gewirr der Äste und Blätter. »Alles zu seiner Zeit. Sie müssen aber dieses Gekritzel, wie Sie es nennen, auswendig lernen.«
    »Das kann ich nicht auswendig lernen – kann ich es behalten?«
    »Nein, aber … ach was, klar können Sie es haben.«
    »Dann will ich es in Sicherheit bringen. Ich bin mit dem beschissensten Flieger hergekommen, den Sie je gesehen haben. Ich will nicht, daß das Papier auf dem Rückflug mit mir abstürzt.« Er blickte sich um. »Gehen wir doch kurz ins Postamt.«
    »Einverstanden, Mr. Tarlow. Wissen Sie, ich bin von Ihnen beeindruckt. Sie sind ein Mann, der übervorsichtig ist, wenn’s um etwas wirklich Wichtiges geht.«
    »Na ja, ich habe auf dem Pfad des Lebens so einige Erfahrungen gemacht.« Die beiden Männer lächelten sich an, sie wußten, worum es ging. Sie gingen ins Postamt und kamen nach fünf Minuten wieder heraus.
    Sie standen im Schatten. »Jetzt gehen wir in die Kneipe der Brauerei, essen ein Sandwich und trinken ein gutes Bier oder zwei. Wenn die Sonne untergeht, zeige ich Ihnen den Fluß aus der Nähe. Dann können Sie einen Stein in den mächtigen Mississippi werfen, und dann werde ich Ihnen solche Angst einjagen, daß Sie sich – verzeihen Sie den harten

Weitere Kostenlose Bücher