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Ben Driskill - 02 - Gomorrha

Ben Driskill - 02 - Gomorrha

Titel: Ben Driskill - 02 - Gomorrha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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geschaffen, um der alten Mutter des Multimillionärs eine Freude zu bereiten. Lady Jane glich einem schlaffen Säckchen mit Knochen und einem weißen Haarbüschel obendrauf. Sie saß im Rollstuhl und trug eine Art Matrosenbluse, einen marineblauen Rock und marineblaue Schuhe. Sie hing auf einer Seite. Ihr Mund war erschlafft, aber ihre Äuglein schossen in alle Richtungen. Deren blaßblaue Farbe konnte bedeuten, daß sie besonders gut sah oder beinahe blind war. Sie nickte mit dem Kopf wie ein aufgeregtes Huhn. Gelegentlich machte sie den Mund auf und schien zu lachen. Über aufgetürmten Heuballen hing ein Spruchband. Viel Glück zum 100. , Mama!!! Die Krankenschwester neben ihr fütterte sie mit kleingeschnittenem Hamburger und Götterspeise. Als die Schwester zu schnell für Nachschub sorgte, schüttelte sie energisch den Kopf und schlug ihr den Löffel aus der Hand. Dabei beschimpfte sie die Schwester. Ihre Stimme klang trocken, rauh, scharf und sehr arrogant. Dann quäkte sie laut nach ihrem Sohn: »Bobby … Bobby … komm sofort her! Deine Mutter will mit dir reden. Sofort!«
    Die Kameraleute filmten die traditionelle Familienszene möglichst unauffällig und bemühten sich, die verrückte alte Lady als dankbare Mutter darzustellen, die ihren Sohn vergötterte. Viele Leute waren wohl Verwandte. Jedenfalls ließ die Ähnlichkeit diesen Schluß zu. Hazlitt scharwenzelte um alle herum. Die meisten waren übergewichtige Männer und Frauen, die zweifellos alle für ihn arbeiteten oder sich das sehnlichst wünschten. Die Männer trugen Freizeitkleidung und schwitzten wie die Schweine. Die Frauen, in weiten Röcken und Bauernblusen, machten sich an den Picknicktischen zu schaffen, bis sie an der Reihe waren, der alten Frau die klauen ähnliche runzlige Hand zu drücken, die einer Vogelkralle ähnelte, und ihr dann die Stirn zu küssen, ehe sie sie wegscheuchte.
    Bob Hazlitt stand bei dieser Zeremonie mit über der Brust verschränkten Armen neben seiner Mutter. Er trug Leinenhosen und ein weißes Hemd. Sein Gesicht war von der Sonne gerötet. Er behielt die Kameraleute im Auge, die sich durch die Menge bewegten und endlose Aufnahmen von seiner Mutter machten. Nur wenige Meter davon würden in die Wahlkampfspots kommen, um – zusätzlich zu allem anderen – zu zeigen, wie sehr Bob Hazlitt seine arme alte Mutter ehrte! Jetzt sagte er etwas zu ihr. Er sprach direkt in ihr Hörgerät. Es war nicht zu übersehen, daß er sie immer noch wie seine Mutter behandelte, nicht wie die uralte Frau, die nicht mehr ganz mitbekam, was um sie herum geschah. Sie reagierte nicht auf seine Worte. Dann küßte er das dünne weiße Haar. Hazlitt schwitzte. Sofort tauchte eine Maskenbildnerin aus der Versenkung auf, trocknete ihn mit einem Handtuch ab und tupfte ihm Puder auf die Stirn. Diese Familienszene hätte von Horton Foote stammen können. In Wahrheit war es Tennessee Williams in Reinkultur: Die kranke Welt, wo jeder lügt und lügt und lügt – so lange lügt, bis er denkt, er spräche die Wahrheit. Alle schmachteten Hazlitt an, als wäre er Big Daddy aus Die Katze auf dem heißen Blechdach. Selbstverständlich war er Big Daddy – und noch mehr. Alle Menschen beim Picknick waren von ihm abhängig, von seiner Stimmung, von seiner Moral, von seinen Launen. Driskill wollte zu ihm gehen und Burl Ives zitieren: Ich rieche den ekelhaften Gestank der Verlogenheit. Riechst du ihn auch, Schwester Weib?
    Hazlitt war Witwer, was er in diesem Wahlkampf nach Kräften ausgenutzt hatte. Aber er ließ sich oft mit einer attraktiven Filmschauspielerin sehen. Sie war Ende Vierzig und hatte nach einer mehr oder weniger erfolgreichen Karriere jetzt die Stellung der Frau an Hazlitts Seite gewählt, die ihr die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sicherte, sie vielleicht sogar als First Lady ins Weiße Haus bringen würde, wenn sie ihre Karten richtig ausspielte. Sie hieß Marina Lavering und verbrachte viel Zeit damit, Arm in Arm mit Bob umherzuwandeln und ihn von den verrückten Wünschen seiner Mutter abzulenken.
    Bob Hazlitt drehte sich um und sah Ben Driskill. Er machte sich von ihr frei und marschierte in Bens Richtung. Auf dem Weg blieb er mehrmals stehen, lachte und scherzte mit Verwandten, tätschelte ihnen den Rücken. Er hielt die Notizen für seine Rede in der Hand. Dann blickte er auf die Uhr und streckte Driskill die Rechte entgegen. Dabei ließ er sich nicht anmerken, wie sehr er sich bei ihrer letzten Begegnung geärgert hatte.
    »Ben

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