Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"
machte sie perfekt.
Sie suchte sich einen blauroten Köder mit einem neckischen Gummischwanz, der an ein Baströckchen erinnerte, aus, mit einer Aufschrift an der Seite, die besagte, dass es sich um einen Hawaiianischen Wobbler handelte. Sie wog ihn in der Hand, während um ihre Mundwinkel ein grimmiges Lächeln spielte. Dann stand sie auf, wobei sie aufpasste, dass sie sich nicht in den baumelnden Haken verhedderte, und warf den Köder so weit sie konnte. Er flog hoch in die Luft, beschrieb einen Bogen, wobei er in der Sonne aufleuchtete, bevor er mit einem Aufklatschen, das Musik war in ihren Ohren, im Wasser landete. April nickte entschlossen, dann kniete sie sich wieder vor die Angelkiste.
Sie würde es Luke Benedict, der sie erst entführt, dann Liebe mit ihr gemacht und sie anschließend mitten in der Wildnis sitzen gelassen hatte, schon zeigen. Denn das war genau das, was er getan hatte, auch wenn man es nur schwer glauben konnte.
Er war fort. Sie war allein auf dem Boot. Sie wusste nicht, wie lange er schon weg war. Ebenso wenig wusste sie, wohin er gegangen war, wann er wiederkommen oder ob er überhaupt wiederkommen würde. Er hatte keine Nachricht hinterlassen, sondern hatte sich einfach davongeschlichen, während sie schlief. Und er hatte die Zündkerzen des Bootes ausgebaut und mitgenommen, so dass sie es nicht starten konnte. Sie saß in einem schwimmenden Gefängnis.
April war so fuchsteufelswütend, dass sie nicht klar denken konnte. Sie kochte schon den ganzen Tag vor Zorn. Sie konnte sich nicht erinnern, wann zum letzten Mal ein wie auch immer geartetes Gefühl dermaßen von ihr Besitz ergriffen hatte. Abgesehen von der vergangenen Nacht natürlich. Aber daran zu denken machte sie nur noch wütender.
Sie suchte sich noch einen Köder aus, eine Nymphe diesmal, und schleuderte ihn in den See. Wie konnte er es wagen, zu lachen und ihr schönzutun und zu schwören, dass er sie nur zu ihrem eigenen Schutz entführt hätte, um dann einfach zu verschwinden und sie allein zu lassen? Wer oder was gab ihm das Recht dazu?
Der Nymphe folgte eine Heuschrecke und platschte neben zwei Lilienkissen ins Wasser. Luke Benedict war ein niederträchtiger, hundsgemeiner Lügner und der Abschaum der Menschheit.
Als sie nach einer so genannten glücklichen Dreizehn griff, kratzte sie sich an einem der Haken, so dass es blutete. Ihr brachte dieses blöde Ding offenbar kein Glück. Aber Luke würde es auch keins bringen, nicht mehr jedenfalls. Der Köder klatschte aufs Wasser auf und versank in den dunklen Tiefen. Es geschah ihm recht. Er hatte ihr ihre Bewegungsfreiheit genommen und ihre Fähigkeit, sich selbst zu wehren. Dafür hatte sie ihm ein paar seiner wertvollsten Besitztümer weggenommen.
Der Kratzer brannte, deshalb steckte sie den Finger in den Mund, während sie sich auf die Fersen zurücksinken ließ. Was für ein Idiot war sie doch gewesen, dass sie Luke fast geglaubt, dass sie ihm fast vertraut hatte. Und noch idiotischer war es gewesen, dass sie sich letzte Nacht auf Intimitäten eingelassen hatte. Sie verstand gar nicht, was in sie gefahren war; es war Jahrzehnte her, seit sie dermaßen impulsiv reagiert hatte. Sie hatte geglaubt, über derartige Schwachheiten längst weg zu sein. Die Entdeckung, dass sie es nicht war, brachte sie mehr in Rage als alles andere zusammen.
Als sie das Tuckern eines Bootsmotors hörte, hob sie ruckartig den Kopf. Es klang vertraut. Sie konnte sich nicht sicher sein, dass es Luke war, aber es kam schnell näher. Sie beugte sich vor, um den Deckel der Angelkiste zuzumachen, dann schob sie diese wieder an ihren Platz neben Angelrute und Spule zurück. Sie wollte nicht lauthals verkünden, was sie getan hatte, weil er es erst dann entdecken sollte, wenn er es am wenigsten erwartete. Eine unerfreuliche Überraschung verdiente mit einer ebensolchen beantwortet zu werden.
Es war tatsächlich Luke. Als er hinter der Flussbiegung in Sicht kam, setzte ihm die im Westen untergehende Sonne so etwas wie einen goldenen Heiligenschein auf. Er saß entspannt da und lenkte das Boot mit einer Hand. Er wirkte, als wäre er in seiner natürlichen Umgebung, ganz eins mit dem tief liegenden Dinghi, dem dunklen, glitzernden Wasser, auf dem er fuhr, und dem Sumpfland, das ihn umgab. Er fuhr zu dem Ankerplatz im Seitenarm, als käme er nach Hause, und sie sah, dass sich auf seinem Gesicht ein Grinsen ausbreitete, als er sie an Deck entdeckte.
Allein sein Anblick machte sie schon wieder
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