Benedikt XVI
des
Papstes für alle Christen für möglich. Auch der evangelische Landesbischof
Johannes Friedrich brachte eine eingeschränkte Anerkennung des Papstamtes als "ökumenisch
akzeptierten Sprecher der Weltchristenheit" ins Gespräch. Ist das dieselbe
Richtung, wenn Sie sagen, heute müssten sich die Kirchen vom Vorbild des ersten
Jahrtausends inspirieren lassen?
Es haben zusätzlich auch
Anglikaner erklärt, dass sie sich einen Ehrenprimat des römischen Papstes,
unter anderem in der Funktion eines Sprechers der Christenheit, vorstellen
können. Das ist natürlich schon ein bedeutender Schritt. Und de facto ist es
auch so, dass die Welt, wenn der Papst zu großen ethischen Problemen Stellung
nimmt, dies als die Stimme der Christenheit ansieht. Auch der Papst selbst
bemüht sich darum, in solchen Dingen sozusagen für die Christen zu sprechen und
nicht das spezifisch Katholische in den Vordergrund zu rücken; das hat einen
anderen Ort.
Insofern
gibt es das bereits, dass der Bischof von Rom einfach aufgrund der Position,
die ihm in der Geschichte zugewachsen ist, bis zu einem gewissen Grade für die
Christen insgesamt sprechen kann. Das ist auch ein wichtiger ökumenischer
Faktor, der eine nie ganz verlorene innere Einheit des Christentums äußerlich
darstellt. Man darf ihn nicht überschätzen. Es bleiben genug Gegensätze. Aber
dass es so etwas gibt, ist ein Grund zur Dankbarkeit.
Den Ökumenischen Patriarchen von
Konstantinopel haben Sie bereits getroffen. Was die russisch-orthodoxe Kirche
betrifft, meinte ihr Außenamtschef Erzbischof Hilarion: "Wir nähern uns
dem Zeitpunkt, an dem es möglich wird, ein Treffen zwischen dem Papst und dem
Patriarchen von Moskau vorzubereiten." Dieses Treffen wäre eine
Weltsensation. Halten Sie es noch in diesem Pontifikat für möglich?
Das kommt darauf an, wie viel
Leben mir der Liebe Gott noch schenkt, aber ich hoffe es. Es war ja schon eine
sehr schöne Geste, dass der Patriarch hier in Rom anlässlich des fünfjährigen
Bestehens des Pontifikates für mich ein Konzert durch Hilarion geben ließ, der
selbst Komponist ist und eine seiner Kompositionen aufgeführt hat. Es bestehen
also vielfältige Kontakte. Allerdings muss die orthodoxe Öffentlichkeit in
Russland auf so etwas vorbereitet werden. Es gibt hier noch immer eine gewisse
Furcht vor der katholischen Kirche. Das muss man in Geduld abwarten, man darf
nichts übers Knie brechen. Aber von beiden Seiten ist der Wille da, und es
wächst auch der Kontext, in dem dies dann gedeihen kann.
Ein nicht allzu fernes Treffen
Rom-Moskau liegt im Bereich des Möglichen?
Das würde ich sagen, ja.
Auch in der Frage der
Kircheneinheit in China gibt es Fortschritte. Inzwischen wurden fast alle von
den staatlichen Behörden in China ernannten Bischöfe auch von Rom anerkannt.
Eine Vereinigung der vom Staat anerkannten und der von ihm nicht anerkannten
katholischen Gemeinschaft wird von beiden Seiten als nahe liegendes Ziel
angegeben. Was denken Sie: Kann diese Vereinigung - vorausgesetzt, wie Sie
sagten, der Herr schenkt Ihnen ein langes Leben - noch in der benediktinischen
Ära erfolgen?
Ich hoffe es. Das Gebet Jesu um
die Einheit aller, die an ihn glauben (Joh 17), trägt seine Früchte auch in
China. Die ganze Kirche, die in China lebt, ist gerufen, in einer tiefen
geistlichen Einheit zu leben, in der auch eine harmonische hierarchische Einheit
in der Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom reift. Es tauchen natürlich immer
neue Stolpersteine auf. Aber wir haben bereits ein gutes Stück Weg geschafft.
Und wie Sie selber gesagt haben, hat die große Mehrheit der Bischöfe, die in
der Vergangenheit ohne apostolischen Auftrag aus Rom geweiht worden waren,
inzwischen den Primat anerkannt und ist damit in die Gemeinschaft mit Rom
eingetreten. Auch wenn immer unerwartete Schwierigkeiten auftreten, ist die
Hoffnung groß, dass wir die Trennung definitiv überwinden können. Dieses ist
ein Ziel, das mir besonders am Herzen liegt und das ich täglich im Gebet vor
den Herrn trage.
Wie kam es zu dieser Entwicklung,
die sich noch bis vor Kurzem niemand vorstellen konnte?
Die Faktoren, die die positive Entwicklung
der katholischen Kirche in China gefördert haben, sind vielfältig. Ich nenne
einige davon. Einerseits ist das lebendige Verlangen, mit dem Papst in Einheit
zu stehen, bei den illegitim geweihten Bischöfen nie abwesend gewesen. Dies
hat es nahezu allen möglich gemacht, den Weg auf die
Weitere Kostenlose Bücher