Benedikt XVI
beiden Synoden, vor allem die
Synode über das Wort Gottes.
Auf der
anderen Seite stehen diese große Skandalperiode und die Wunden, die der Kirche
geschlagen wurden, die aber doch, wie wir schon gesagt haben, für uns
reinigende Kraft haben und am Ende damit positive Elemente sein können.
Sie sprachen einmal davon, Sie
müssten dieses Amt gewissermaßen auch "ertragen". Sind Sie auch
enttäuscht über manche Dinge, die nicht möglich waren?
Sicher bin ich auch enttäuscht.
Darüber, dass vor allem in der westlichen Welt diese Unlust an der Kirche
besteht, dass die Säkularität sich weiter verselbständigt, Formen entwickelt,
in denen sie den Menschen immer mehr vom Glauben wegführt, dass der Gesamttrend
unserer Zeit weiterhin der Kirche entgegensteht. Aber ich glaube, das ist eben
auch die christliche Situation, dieser Kampf zweier Arten von Liebe; das war
immer so, und da wird einmal die eine Seite und einmal die andere Seite stärker
sein.
Paul VI. hat die Tiara verkauft
und den Erlös zur Verfügung gestellt. Ihr Namensvorgänger Benedikt XV. hat
nach dem Ersten Weltkrieg die Kassen ausgeleert, um das Geld den Armen zu
geben. Auch heute wartet die Welt auf demonstrative Gesten des Vatikans; Zeichen,
welche die Ernsthaftigkeit einer Reinigung und die Besinnung auf die Ursprünge
der apostolischen Kirche für jedermann sichtbar zum Ausdruck bringen. Wann
macht Benedikt XVI. ernst mit seinem eigenen Wort, die Kirche müsse sich von
ihren Gütern trennen, um ihr Gut zu bewahren?
Das ist ein Wort, das Pius X. bei
der Krise in Frankreich gebraucht hat, als es darum ging, entweder das Staatssystem
anzunehmen - das der Kirche zwar Vorteile, sie aber zugleich unter das Regime
des Staates gebracht hätte - oder zu verzichten und in der Armut zu leben; dann
steht das Gut über den Gütern. Das ist ein Maßstab, der immer bleibt und in
jeder Entscheidung, vor allem auch in den politischen Entscheidungen, die wir
fällen, bedacht sein muss. Aber es ist auch nicht so, dass wir leichtfertig
Güter wegwerfen, solange sie ihren Dienstcharakter behalten. Die Frage ist, wie
lange eine Sache wirklich dem Ganzen dient. Es sollte nie sein, dass wir ihr
unterworfen werden, so dass dann die Güter das Gut beherrschen, sondern immer
umgekehrt.
Im Moment sieht es ganz danach
aus, als würde nach dieser ersten Fünf-Jahres-Periode und den Missbräuchen,
die wir angesprochen haben, das Pontifikat Benedikts XVI. eher noch
drängender, entschiedener werden. Sie sprachen sogar von einem "neuen
Zeitalter der Evangelisierung ".
Was wir vermögen und
zustandebringen, das muss man abwarten. Aber dass wir mit einer frischen Kraft
darangehen müssen, wie dieser Welt das Evangelium neu verkündet werden kann,
so dass es in ihr ankommt, und dass wir dafür alle Energien aufbieten müssen,
das gehört zu den Programmpunkten, die mir aufgegeben sind.
Teil 3
WO GEHEN WIR HIN?
Kirche,
Glaube und Gesellschaft
Die Probleme der Gesellschaft sind
nicht geringer geworden, und sie stellen die Fragen unserer Lebensgestaltung
mit neuer Dringlichkeit: Was sind unsere Werte und Maßstäbe? Mit was
beschäftigen wir uns eigentlich? Wie wollen wir künftig leben?
Wir sehen
in unseren Tagen, wie die Welt Gefahr läuft, ins Bodenlose abzurutschen. Dass
ein entfesseltes Wirtschaftssystem sich zu einem Raubtierkapitalismus
entwickeln kann, der ungeheure Werte verschlingt; dass uns das
Hochgeschwindigkeitsleben nicht nur überfordert, sondern auch desorientiert;
dass neben der rastlosen auch eine ratlose Gesellschaft herangewachsen ist,
die heute für falsch hält, was gestern noch als richtig galt, und morgen für
richtig, was heute als falsch gilt.
Da gibt es
Krankheiten wie Burn-out als Massenphänomen, neue Süchte wie Spiel- und
Pornosucht. Da entstand im Optimierungswahn der Konzerne ein kaum noch zu
bewältigender Arbeitsstress; da ist die prekäre Situation von Kindern, die
unter dem Verlust von Familienbeziehungen leiden; die Dominanz der Medien, die
eine Kultur des Tabubruchs, der Verdummung und der moralischen Abstumpfung
entwickelt haben; da sind die elektronischen Unterhaltungsangebote, die unsere
menschlichen Qualitäten manipulieren und zerstören könnten.
Heiliger
Vater, der Beitrag der Kirche für die Entwicklung der Zivilisation war stets
von großer Relevanz. Heute hingegen macht sich in vielen Ländern eine Haltung
der Geringschätzung und immer häufiger auch der Feindseligkeit gegenüber
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