Benedikt XVI
drittens, was
gehört nicht dazu? Der maßgebliche Punkt ist letztendlich also immer, die
richtige Unterscheidung zu finden.
Der
sogenannte Reformstau
Zölibat, Frauenpriestertum,
Homosexualität - seit Jahrzehnten beherrscht dieser Kanon von immer gleichen
Fragen die Diskussion in den Medien. Erst wenn diese Dinge positiv beantwortet
seien, werde die Kirche wieder attraktiv sein. Auffällig ist: In Deutschland
verliert die evangelische Kirche - ohne Zölibat, mit Frauenpriestertum - mehr
Gläubige als die katholische. Wahr ist aber auch, dass diese Positionen die
Verkündigung erschweren. Gehen wir kurz einige Punkte durch. Katholiken, die
nach einer Scheidung wieder heiraten, sind vom Kommunionempfang ausgeschlossen.
Über diese Regelung, meinten Sie einmal, müsse man "intensiver nachdenken
".
Natürlich muss man das tun.
Einerseits gibt es die Gewissheit, dass der Herr uns sagt: Die Ehe, die im
Glauben geschlossen ist, ist unauflösbar. Dieses Wort können wir nicht
manipulieren. Wir müssen es so stehen lassen - auch wenn es den Lebensformen
widerspricht, die heute dominant sind. Es gab Epochen, in denen das Christliche
so gegenwärtig war, dass die Unauflöslichkeit der Ehe die Norm war, aber in
vielen Zivilisationen ist sie das nicht. Mir sagen immer wieder Bischöfe aus
Ländern der Dritten Welt: "Das Sakrament der Ehe ist das schwierigste von
allen." Oder auch: "Bei uns ist es noch gar nicht angekommen."
Dieses
Sakrament in Ausgleich zu bringen mit den herkömmlichen Weisen des
Zusammenlebens, ist ein Vorgang, in den die ganze Existenz eingebunden ist, und
ein Ringen, dessen Ausgang nicht erzwungen werden kann. Insofern ist das, was
wir jetzt in der sich allmählich zersetzenden abendländischen Gesellschaft erleben,
nicht der einzige Krisenfall in dieser Frage. Die monogame Ehe aber deswegen
aufzugeben oder das Ringen um diese Form abzubrechen, würde dem Evangelium
widersprechen.
Der Schöpfer hat die Menschen als
Mann und Frau geschaffen, sagt Jesus, und was Gott verbunden hat, das darf der
Mensch nicht trennen. Aber schon die ersten Jünger murrten über dieses Gebot.
Ja. Was man tun kann, ist zum
einen, die Frage der Gültigkeit der Ehen genauer zu untersuchen. Bisher wurde
vom Kirchenrecht vorausgesetzt, dass jemand, der eine Ehe eingeht, weiß, was
Ehe ist. Dieses Wissen vorausgesetzt, ist die Ehe gültig und unscheidbar. In
dem heutigen Gewirr der Meinungen, in der total veränderten Konstellation "weiß"
man aber eher, dass es normal sei, die Ehe zu brechen. So muss man fragen, wie
man Gültigkeit erkennt und wo Heilungen möglich sind.
Es wird
immer ein Ringen bleiben. Aber deshalb den Maßstab nicht mehr hochzuhalten und
nachzugeben, würde die Gesellschaft in ihrem moralischen Niveau nicht heben.
Das Schwierige als Maßstab zu erhalten, an dem die Menschen sich immer wieder
messen können, ist ein Auftrag, der nötig ist, damit nicht weitere Abstürze
erfolgen.
Insofern
besteht da eine gewisse innere Spannung. Die Pastoral muss dann suchen, wie sie
den einzelnen Menschen nahe bleibt und ihnen hilft, auch in ihrer, sagen wir,
irregulären Situation an Christus als den Heiland zu glauben, an seine Güte zu
glauben, weil er immer noch für sie da ist, auch wenn sie die Kommunion nicht
empfangen können. Und in der Kirche zu bleiben, auch wenn ihre Situation
kirchenrechtlich nicht stimmig ist. Sie muss helfen anzuerkennen: Ich bin zwar
unterhalb dessen, was ich als Christ sein sollte, aber ich höre nicht auf,
Christ zu sein, von Christus geliebt zu werden, und umso mehr bleibe ich in
der Kirche, weil ich umso mehr von Ihm getragen werde.
Paul VI. hat die Frage der
Empfängnisverhütung 1968 zum Thema seiner berühmten Enzyklika "Humanae
vitae" gemacht. Er verwies seinerzeit darauf, dass es fatale Auswirkungen
habe, wenn der Mensch in die natürliche Ordnung eingreift. Das Leben sei zu
groß, zu heilig, als dass wir darin herumpfuschen dürfen. Es ist, als wollte er
sagen: Wenn wir das Leben von Kindern nicht achten, werden auch wir selbst,
unsere Gesellschaft, unsere Welt das Leben verlieren.
Vielleicht
hat man damals diese Vision noch nicht verstehen können. Heute erleben wir
nicht nur die enorm schädlichen Auswirkungen der Anti-Baby-Pille auf Gesundheit
und Umwelt, sondern auch, wie unsere sozialen Systeme zusammenbrechen, weil wir
eine kinderlose Gesellschaft geworden sind, die ihre Grundlagen verliert.
Dennoch gelingt es der katholischen Kirche kaum noch,
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